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Die Nachtmahr Wunschträume

Die Nachtmahr Wunschträume

Titel: Die Nachtmahr Wunschträume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Sarafin
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ich eines von beiden überhaupt noch wollte. Sollte er machen, was er wollte und für richtig hielt. Er musste damit leben – und ich auch.
    Mit einem letzten Blick auf mein Zimmer schulterte ich meinen Schulrucksack und die Sporttasche. Bis jetzt war es mir gelungen David und Klaus aus dem Weg zu gehen, was gar nicht so einfach war, wenn man mit beiden unter einem Dach zusammenlebte. Nun würde ich mich stellen müssen und hoffen, dass Klaus mir nicht an der Nasenspitze meinen Ärger und meine Angst ansah.
    Ich zog die Tür hinter mir zu und stolperte am obersten Treppenabsatz beinahe über Tiger. Der fette Kater beäugte mich misstrauisch, ließ sich aber nicht weiter stören. Im Weg herumliegen war seine erklärte Spezialität und das einzige, in dem er wirklich gut war. Selbst einem absoluten Katzenfreund musste es schwerfallen, dieses Vieh lieb zu haben.
    Wie auf Kommando sprang das graue Garfild-Double auf und hätte ich den letzten Schritt gen Treppe gemacht, wäre ich spätestens jetzt in ernsthaften Gleichgewichtsproblemen. Ob Tiger wirklich so hinterhältig war oder von David irgendwann einmal auf Attentate dressiert worden war, würde für immer sein Geheimnis bleiben. Selbst der Blick, vorwurfsvoll, in meine Richtung, passte zu beiden Theorien.
    Erst als ich mir hundertprozentig sicher war, dass Tiger nach unten in die Küche gelaufen war und nicht mehr auf halbem Weg lauerte, ging ich ebenfalls nach unten. Dort ignorierte ich sein Maunzen und widmete mich statt seinem Katzenfutter dem Frühstück und den Blumen auf dem Tisch. Wer hätte das gedacht? Mehr Grünzeug, das ich ganz ohne Google identifizieren konnte: Löwenmäulchen.

    David hatte es geschafft, mich ohne jeden dummen Kommentar zur Schule zu fahren. Keine Erinnerung an sein Ultimatum, keine Erinnerung an die ablaufende Zeit. Im Grunde genommen sehr angenehm. Abgesehen davon, dass er gar nichts gesagt hatte. Die ganze Zeit über. Nichts. Nada. Nicht einmal für ein
Guten Morgen
hatte es heute gereicht. Das hätte den Morgen in der Tat zu einem guten machen müssen. Tat es aber nicht. Seine böse blitzenden blauen Augen, seine zusammengepressten Lippen und die Blicke, die er mir zuwarf, wenn er dachte, ich würde es nicht bemerken, sprachen eine klare Sprache. Sie war wesentlich deutlicher, als die subtile Sprache der Blumen oder eben blumige Löwenmäulchen.
    Deswegen war ich nie erleichterter, aus einem Auto entkommen zu können, als heute. Kaum, dass die Räder still standen, war ich schon Draußen und auf halbem Weg in die Schule. Selbst Talbot, der vor dem Eingangsportal Position bezogen hatte und vereinzelte Schüler ob ihres Outfits tadelte, konnte meiner Erleichterung keinen Abbruch tun.
    »Ah… Miss
de Temples
?« Er strahlte mich an und für eine Sekunde befürchtete ich, er würde mir die Hand reichen wollen. Doch er zuckte im letzten Moment zurück. Ob wegen meines Gesichtsausdrucks oder aus einem anderen Grund, konnte und wollte ich nicht beurteilen, war aber dankbar, ihn nicht berühren zu müssen. »Wie geht es ihrem Rücken?«
    »Ist ganz okay«, meinte ich und bewegte die Schultern probehalber. Tatsächlich hatte ich die Verletzung schon wieder beinahe vergessen gehabt.
    »Ein dummer Zufall mit dem Wurfstern, nicht wahr?« Der Schuldirektor sah mich prüfend an. Aber ich war »Saint Blocks« gewohnt – und Klaus’ Inquisitionsmodus.
    Ich zuckte mit den Schultern. »Ein blöder Unfall, durch einen übermütigen Jugendlichen ausgelöst … wer weiß, wem er mit dem Ding imponieren wollte?!«
    Talbot lachte. Nur seine Augen blieben starr und ohne sagen zu können wieso, lief mir ein kalter Schauer über den Rücken. Er glaubte mir kein Wort.
    »Haben Sie Ihrem
Stief
onkel gesagt, dass ich ihn sprechen will?« Wieder war die Betonung meines Rektors wie ein Schlag ins Gesicht. Doch ich nickte und behielt einen neutralen Gesichtsausdruck bei. Selbst als ich David aus dem Augenwinkel langsam näher kommen sah. »Natürlich!«
    Und wenn Klaus nicht mit ihm reden wollte, so war das nicht meine Sache – genaugenommen hatte er sogar mein vollstes Verständnis.
    »Erinnern Sie ihn noch einmal daran«, bat Talbot. »Es ist wirklich wichtig.«
    Ich nickte. Selbst ein »Mmmh« war mir zu gewagt. Wer weiß, was der Rektor hineininterpretiert hätte. Denn nur zu genau erinnere ich mich an seinen Hinauswurf durch Klaus. Wenn er also etwas von meinem
Stief
onkel wollte, sollte er sich doch bitteschön selbst darum bemühen!
    Talbot nickte

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