Die Nachtmahr Wunschträume
David zu, akzeptierte aber, dass sich mein Stiefbruder bei mir unterhakte und entschuldigend ins Gebäude bugsierte.
»Danke!«, meinte ich, als wir außer Hörweite waren.
Kurz wirkte David irritiert. Irritiert genug, um mir klar zu machen, dass ich mich grundlegend geirrt haben musste. Dies hier war keineswegs eine Rettungsaktion. Eher das Gegenteil. Ein Ausnutzen meiner misslichen Lage.
»Ist es Talbot?«, fragte David. Nicht ohne eine Spur von Gehässigkeit in der Stimme.
»Wer oder was soll Talbot sein?«, erkundigte ich mich und überlegte, ob ich etwas übersehen hatte – oder einfach nur schwer von Begriff war.
David verdrehte die Augen. »Dein neuer Love-Interest.«
»Hast du sie noch alle?« Wie alt war Talbot? Hundertundsechs? Auf jeden Fall deutlich älter als George Clooney. Außerdem lang meine aktuelle Schmerzgrenze bei exakt 38 Jahren – also bei 20 Jahren Altersunterschied. »Wie kommst du darauf, dass ich ein Love-Interest habe?«
Er deutete auf mich. Von oben nach unten, als würde das alles erklären.
»Und ich hab immer gedacht, ich wäre paranoid!«, behauptete ich und nutzte das Klingeln, um abermals das Weite zu suchen. Manche Leute waren mir echt zu blöd und es war um jede Sekunde schade, die man mit ihnen verbringen musste.
Wie aufs Stichwort prallte ich gegen Elijah, der mich vorgeblich nicht bemerkt hatte und von seinem Spind aus einen Schritt nach hinten gemacht hatte.
»Entschuldigung, schöne Frau!« Er strahlte mich an und für einen Moment übernahm mein Körper die Kontrolle und sorgte dafür, dass ich mich an ihm festhielt, um mein Gleichgewicht wiederzufinden, das ich gar nicht verloren hatte. Anscheinend erinnerten sich meine Instinkte an meine sinnlichen Träume, denn wie von selbst glitt meine Hand tiefer. Ich konnte das treulose Gliedmaß gerade noch stoppen, bevor es wie von allein unter Elijahs T-Shirt gleiten konnte.
»Daran könnte ich mich gewöhnen!«, behauptete er. Seine Stimme war eine ganze Nuance tiefer als sonst.
Ich auch!
, flüsterte das kleine Teufelchen in meinem Inneren, doch diese Mal hinderte mich die Stimme der Vernunft daran, die Worte laut auszusprechen. Stattdessen zog ich meine Hand von dem Inkubus fort, als hätte ich mich verbrannt – oder würde es noch tun, wenn ich ihn weiter berührte. Was vermutlich sogar der Wahrheit entsprach.
»Kannst du es nicht wenigstens ausprobieren und mir eine Chance geben?« Elijahs Bitte war so leise, dass selbst ich einen Moment benötigte, um die Worte zu einem Sinn zusammenzusetzen.
Ich sah ihn an und zum ersten Mal seit langer Zeit schwiegen meine Wut und meine Enttäuschung. Nur zu gut kannte ich ja, was er fühlte. Diese Sehnsucht danach geliebt zu werden, um seiner selbst willen und nicht weil er beliebt war und jedes Mädchen beeinflussen konnte. In seinen Augen zu sehen, tat weh. Ich wusste, dass ich manchmal genauso aussah.
Trotzdem schüttelte ich den Kopf. Tatsächlich hätte ich ihm vergeben können, dass er mir vor über einem Jahr Gefühle vorgespielt und mich gemeinsam mit Simons in eine Falle gelockt hatte. Selbst, dass er geplant hatte, mich nach unserem ersten Kuss in einen tiefen Schlaf ohne Chance auf Rettung fallen zu lassen, hätte ich verzeihen können. Aber dieses Bedrängen, die Erpressung und die Lügen bezüglich der Nachtmahre. Ich schüttelte den Kopf. Wäre er einfach zu mir gekommen und hätte mir reinen Wein eingeschenkt, mir alles erklärt und mich unterstützt … aber so …
»Ich könnte dir niemals vertrauen, Elijah.« Ich strich ihm sanft über die Wange und legte alles an Verständnis, was ich aufbringen konnte, in die Berührung. Dabei ignorierte ich, dass sich seine Miene von verzweifelt, zu traurig, zu wütend änderte.
»Wem kannst du denn trauen, Liz?«
Ja … wem? Eine gute Frage. Eine berechtigte Frage.
Auf jeden Fall eher meinen Freundinnen. Egal ob Tag- Nachtmahr oder Mensch. Die wollten wenigstens nicht mit mir ins Bett, um an den Thron der Nachtmahre heranzukommen. Vielleicht konnte ich nicht allen trauen, aber Darias Namen hatte ich noch auf keine meiner Listen geschrieben.
Sollte ich aber nachholen
, dachte ich, weil sie mich schon zum dritten Mal in dieser Stunde wegen des Autos und des »mysteriösen, gut aussehenden, attraktiven und unwiderstehlichen« Kerls nervte. (Ihre Worte, nicht meine.)
Bisher hatte ich mich bedeckt gehalten, und sie einfach im Dunkeln tappen lassen. Nicht nur aus Bosheit, sonder vor allem, weil wir
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