Die Nachtwächter
weitere gute Lüge«, sagte Kehrer. »Hör mal,
Kommandeur, wir haben kein verdammtes großes Gewitter, und wir
haben auch nicht genug gespeicherte Zeit. Wir müssen improvisieren,
anders geht’s leider nicht. Wir bringen dich und deinen Gefangenen
zurück, aber mit ziemlicher Sicherheit erreicht ihr nicht den gleichen
Ort, wegen der Quanten. Es ist schon schwer genug zu verhindern,
dass du hundert Meter über dem Boden erscheinst, glaub mir. Auch
deine Kleidung hinüberzubringen, obwohl sie hierher gehört… Das
erfordert zu viel Kraft. Bist du nun fertig? Du musst dorthin zurück, wo
du gestanden hast. Geh so schnel wie möglich zu Carcer. Du musst ihn
packen, denn sonst bleibt er hier.«
»Na schön, aber ich habe hier viele Dinge verändert!«, erwiderte
Mumm.
»Überlass das uns!«, sagte Kehrer.
»Was ist mit Keel?«, fragte Mumm und setzte sich widerstrebend in
Bewegung.
»Sei unbesorgt ! Wir haben es dir im Tempel erklärt. Wir legen ihm deine Rüstung an. Alles wird so aussehen, als wäre er im Kampf gefallen.«
»Sorgt dafür, dass dem jungen Sam nichts zustößt!«, sagte Mumm, als
Qu ihn in die richtige Position brachte. Die steinernen Zylinder
begannen sich zu drehen.
»Ja!«
»Sorgt dafür, dass Reg Schuh ein anständiges Begräbnis bekommt!«
»In Ordnung!«
»Aber das Grab sol te nicht zu tief sein, denn in einigen Stunden will
er es wieder verlassen!«
Qu gab ihm einen letzten Stoß.
» Auf Wiedersehen, Kommandeur!«
Die Zeit kehrte zurück.
Ned musterte ihn. »Was ist gerade passiert, Oberfeldwebel? Du bist
verschwommen .«
»Du hast nur eine Frage, Ned«, sagte Mumm und kämpfte gegen die
Übelkeit an. »Und jetzt zeigen wir Schnappüber, wo die Grenze
gezogen ist. Bringen wir die Sache zu Ende…«
Sie griffen an, und die anderen Männer folgten ihnen.
Mumm erinnerte sich in Zeitlupe. Einige von Carcers Leuten
ergriffen die Flucht, als sie die Angreifer sahen. Andere hoben ihre
Waffen, die sie inzwischen aufgesammelt hatten. Carcer stand da und
grinste. Mumm hielt direkt auf ihn zu und bahnte sich geduckt einen
Weg durch das Getümmel.
Sein Gesichtsausdruck veränderte sich, als Mumm näher kam und
schnel er wurde, mit den Schultern andere Männer einfach beiseite
stieß. Carcer hob das Schwert und versuchte, in Verteidigungsposition
zu gehen, aber in dem Durcheinander war nicht genug Platz, und
Mumm kam wie ein Stier heran, schlug das Schwert nach oben und
packte seinen Gegner am Hals.
»Hab dich, alter Kumpel«, sagte er. Und dann wurde alles schwarz.
Später fand er, dass man eigentlich mehr erwarten konnte, zum Beispiel
einen Sturz durch blaue Tunnel oder Blitze oder eine Sonne, die rasend
schnel über den Himmel glitt. Selbst schnel hintereinander fal ende
Kalenderblätter wären wenigstens etwas gewesen.
Doch es gab nur die Schwärze eines besonders tiefen Schlafs, und
dann den Schmerz, als Mumm auf den Boden pral te. Hände ergriffen
ihn und zogen ihn auf die Beine. Im Dunst der Benommenheit
zeichneten sich die Konturen eines vertrauten Gesichts ab – es gehörte
Hauptmann Karotte.
»Freut mich, dich wiederzusehen, Herr. Meine Güte…«
»Es ist alles in Ordnung mit mir«, krächzte Mumm. Sein Hals fühlte
sich wie ausgestopft an. »Wo ist Carcer?«
»Du hast da eine scheußliche Schnittwunde…«
»Tatsächlich?«, brummte Mumm. »Na so was. Wo zum Teufel ist
Carcer ?«
»Das wissen wir nicht, Herr. Du bist mitten in der Luft erschienen
und auf den Boden gefal en. Umgeben von blauem Licht, Herr!«
»Ah«, murmelte Mumm. »Auch er ist irgendwo erschienen.
Vermutlich in der Nähe.«
»Gut, Herr, ich weise die Männer an…«
»Nein«, sagte Mumm. »Er bleibt bestimmt, wo er ist. Wohin sol te er
auch gehen?«
Er wusste nicht recht, ob er seinen Beinen trauen konnte. Sie fühlten
sich an, als gehörten sie jemandem mit einem schlechten
Gleichgewichtssinn.
»Wie lange war ich… weg?«, fragte er.
Ponder Stibbons trat vor.
»Etwa eine halbe Stunde, Euer Gnaden. Äh, wir haben eine temporale
Störung vermutet. Zusammen mit dem Blitz und einer Resonanz in der
stationären Wel e der Bibliothek gab es dadurch einen Riss in der
Raumzeit…«
»Ja, so fühlte es sich an«, sagte Mumm rasch. »Eine halbe Stunde,
meinst du?«
»Hast du den Eindruck, dass mehr Zeit verstrichen ist?«, fragte
Ponder und holte ein Notizbuch hervor.
»Ja«, erwiderte Mumm schlicht. »Äh, hat jemand eine Unterhose für
mich?«
Von hier
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