Die Nachtwächter
erreichten. »Du
bist gewarnt.«
»Viel eicht gibt es eine andere Möglichkeit…«, begann Rosie Palm, als
die Lichter des Wachhauses in Sicht kamen.
»An einer schnel en Nummer bin ich ebenfal s nicht interessiert«,
sagte Mumm und hörte, wie sie hinter ihm nach Luft schnappten. »Seid
jetzt endlich still.«
Er zog an den Zügeln, ließ Marlene anhalten, sprang zu Boden und
holte das Klemmbrett unter der Sitzbank hervor. »Sieben für euch«,
teilte er dem an der Tür lehnenden Wächter mit.
»Nun?«, erwiderte der Mann. »Öffne die Klappe und übergib sie!«
»In Ordnung.« Mumm blätterte. »Kein Problem.« Er streckte dem
Wächter das Klemmbrett entgegen. »Unterschreib hier!«
Der Mann wich zurück, als hätte ihm Mumm eine Schlange
angeboten.
»Was soll das heißen, unterschreiben?«, brummte er. »Übergib die
Gefangenen!«
»Du musst für sie unterschreiben«, sagte Mumm steif. »So verlangen
es die Vorschriften. Wenn Gefangene von einem Gewahrsam in den
nächsten überführt werden, muss das mit einer Unterschrift bestätigt
werden. Es könnte mich den Job kosten, wenn ich keine Unterschrift
vorweisen kann.«
»Dein Job ist nicht mal Spucke wert«, knurrte der Mann und nahm
das Klemmbrett entgegen. Er starrte darauf hinab, und Mumm reichte
ihm einen Stift.
»Gib mir Bescheid, wenn du bei den schwierigen Buchstaben Hilfe
brauchst«, sagte er.
Der Wächter brummte, kritzelte etwas aufs Papier und reichte das
Klemmbrett zurück. »Und jetzt mach die Klappe auf, bitte «, sagte er.
»Gewiss.« Mumm blickte auf das Papier. »Ich möchte jetzt deinen
Ausweis sehen, wenn du gestattest.«
»Was?«
»Es ist nichts Persönliches«, sagte Mumm. »Aber wenn ich
zurückkehre und dem Hauptmann dieses Papier zeige, und wenn er
dann sagt, Mu… Keel, woher weißt du, dass er wirklich Heini der
Hamster heißt… dann könnte ich in Verlegenheit geraten.«
»Hör mal, wir unterschreiben nicht für Gefangene!«
» Wir schon, Heini«, sagte Mumm. »Keine Unterschrift, keine
Gefangenen.«
»Und du wil st uns daran hindern, sie aus dem Wagen zu holen?«,
fragte Heini der Hamster und trat einige Schritte vor.
»Wenn du die Klappe zu öffnen versuchst…«, begann Mumm.
»Hackst du mir die Hand ab?«
»… verhafte ich dich«, sagte Mumm. »›Behinderung‹ wäre ein guter
Anfang, und im Wachhaus fallen uns bestimmt noch andere Vergehen
ein, die wir dir zur Last legen können.«
»Du würdest mich verhaften? Aber ich bin genauso ein Polizist wie
du.«
»Da irrst du dich«, entgegnete Mumm.
»Was ist hier… los?«, ertönte eine Stimme.
Eine kleine, hagere Gestalt erschien im Fackelschein. Heini der
Hamster wich zurück und zeigte ein respektvolleres Gebaren.
»Man will uns die Gefangenen nicht übergeben, Herr«, sagte er.
»Und das ist der verantwortliche Offizier?«, fragte die Gestalt und
wankte Mumm entgegen. Er ging seltsam unregelmäßig.
»Ja, Herr.«
Mumm fühlte sich von einem kühlen, aber nicht offen feindseligen
Blick gemustert, von einem blassen Mann mit den Knopfaugen einer
Ratte.
»Ah«, sagte der Mann. Er öffnete eine kleine Büchse und entnahm ihr
eine Halstablette. »Bist duzufäl ig Keel? Ich… habevon dir gehört.« Die
Sprechweise des Mannes war ebenso unregelmäßig wie sein Gang; mit
Pausen an den falschen Stellen.
»Du hörst schnel von Neuigkeiten.«
»Normalerweise wäre es jetzt angebracht, dass du Haltung annimmst.«
»Ich sehe niemanden, vor dem ich Haltung annehmen sol te.«
»GuterHinweis. Du bist natürlich neu. Aber weißt du, wir sind
dieSondergruppe… Oft halten wir es fürnotwendig… zivile Kleidung
zu tragen.«
Zum Beispiel Gummischürzen, wenn ich mich recht entsinne, dachte
Mumm. Laut sagte er: »Ja, Herr.« Es waren gute Worte. Sie konnten
al es oder gar nichts bedeuten. Eigentlich waren sie nur Interpunktion,
bis der Mann noch etwas sagte.
»Ich bin Hauptmann Schwung«, sagte der Mann. »Finddich Schwung.
Wenn du den Namen komisch findest, so kannst du jetztlächeln. Dann
haben… wir es hinter uns. Und du darfst nun Haltung annehmen.«
Mumm nahm Haltung an. In Schwungs Mundwinkeln zuckte es kurz.
»Gut. Ist dies dein erster Abend mit dem Gefangenenwagen?«
»Herr.«
»Und du bist früh hier. Noch dazu mit einer vol en Ladung, wie ich
sehe. Nun, werfenwir einen Blick auf deine… Gefangenen.« Er spähte
durchs Gitter. »Ah. Ja. Guten Abend, Fräulein Palm. Und eine
Kollegin…«
»Ich erledige
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