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Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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anschließend einige
    Ecken in dem Labyrinth aus Gassen hinter sich. Dann blieb er im
    Schatten einer tiefen Türöffnung stehen und tastete im Mund nach dem
    Pastetenstück, das sich selbst nach Schnappers Pastetenstandard als
    unzerkaubar erwiesen hatte.
    Wenn man in einer von Schnappers berühmten Pasteten etwas fand,
    das noch härter oder knuspriger war als der Rest, so schluckte man es
    entweder und hoffte das Beste, oder man spuckte es mit geschlossenen
    Augen aus. Mumm stocherte zwischen Zahnfleisch und Wange und
    fand einen zusammengefalteten Zettel, auf dem unbekannte Säfte
    Flecken hinterlassen hatten.
    Er entfaltete ihn. Die schmierige Schrift ließ sich gerade noch
    entziffern: Morphische Straße, 9 Uhr heute Abend. Kennwort: Schwertfisch.
    Schwertfisch? Das Kennwort lautete immer Schwertfisch! Wenn
    jemand nach einem Wort suchte, das niemand erraten würde, so wählte
    er stets »Schwertfisch«. Es war eine der seltsamen Schrullen des
    menschlichen Geistes.
    Das erklärte die Schuld. Eine Verschwörung. Eine weitere verdammte
    Verschwörung in einer Stadt vol er Verschwörungen. Musste er über Verschwörungen Bescheid wissen? Nun, von dieser wusste er. Die
    berühmte Verschwörung der Morphischen Straße. Ha.
    Mumm steckte den fleckigen Zettel in die Tasche, dann zögerte er.
    Jemand bewegte sich sehr leise. Eine Art Loch überlagerte die fernen
    Straßengeräusche, gefül t mit vorsichtigem Atmen. Mumms
    Nackenhaare richteten sich auf.
    Langsam zog er den Totschläger aus der Gesäßtasche.
    Welche Möglichkeiten standen ihm offen? Er war ein Polizist, und
    jemand schlich sich an ihn heran. Wenn der Unbekannte kein Polizist
    war, so hatte er Unrecht (weil er, Mumm, ein Polizist war). Wenn auch
    der Unbekannte ein Polizist war, so gehörte er zu Schwungs Gruppe
    und hatte Unrecht (weil er, Mumm, ein besserer Polizist war, und
    ebenso einige Dinge in der Gosse), weshalb es nicht schaden konnte,
    ihm eine Portion Dunkelheit zu verpassen.
    Aber wie man hörte, schlichen sich Diebe, Assassinen und Schwungs
    Männer oft an Leute heran und waren vermutlich recht gut im lautlosen
    Anschleichen, während die Person, die Mumm folgte, so dicht an der
    Wand blieb, dass er das Kratzen hörte. Das bedeutete vermutlich, dass
    es eine öffentliche Person war, die bestimmte Absichten verfolgte, und
    allein deshalb wollte Mumm keine weiteren Knochen brechen (weil er
    sich für einen guten Polizisten hielt).
    Schließlich traf er eine Entscheidung, trat in die Gasse und fragte:
    »Ja?«
    Ein Junge starrte zu ihm empor. Es musste ein Junge sein. Die Natur
    wäre nicht so grausam, so etwas einem Mädchen anzutun. Kein einziges
    Merkmal war schlimmer als normal hässlich, aber ihre Kombination
    ergab mehr als nur die Summe der Teile. Dazu kam der Geruch. Er war
    nicht in dem Sinne schlecht, aber auch nicht ganz menschlich. Er hatte
    etwas Wildes.
    »Äh…«, sagte das verhärmte Gesicht. »Hör mal, ich mache dir einen
    Vorschlag. Du sagst mir, wohin du gehst, und ich verfolge dich nicht
    mehr, einverstanden? Kostet dich nicht mehr als einen Cent, und das ist
    ein Sonderpreis. Manche Leute bezahlen mir viel mehr, damit ich
    aufhöre, ihnen zu folgen.«
    Mumm sah den Jungen weiter an. Das Geschöpf trug die viel zu
    große, ölig glänzende und grün angelaufene Jacke eines Abendanzugs
    und einen Zylinder, der aussah, als hätte einmal ein Pferd auf ihn
    getreten. Die dazwischen sichtbaren Teile waren bedauernswert
    vertraut.
    »O nein…«, stöhnte Mumm. »Nein, nein, nein…«
    »Ist alles in Ordnung mit dir?«
    »Nein, nein, nein… Bei den Göttern, es musste einfach passieren…«
    »Soll ich Moosig holen?«
    Mumm richtete einen anklagenden Zeigefinger auf das Wesen. »Du
    bist Nobby Nobbs, nicht wahr?«
    Der Junge wich zurück. »Viel eicht. Na und? Ist das ein Verbrechen?«
    Er drehte sich um und wol te weglaufen, aber Mumms Hand fiel
    schwer auf seine Schulter.
    »Einige Leute könnten dieser Ansicht sein. Du bist Nobby Nobbs,
    Sohn von Maisie Nobbs und Sconner Nobbs?«
    »Wahrscheinlich. Aber ich habe nichts getan!«
    Mumm bückte sich und blickte in Augen, die durch eine Maske aus
    Schmutz in die Welt sahen. »Was ist mit einschabern, Jockel pritschen,
    Schure stauchen, Gitzlein stolfen, Kol reißen und Klufterei schornen?«
    Echte Verwirrung bildete Falten auf Nobbys Stirn. »Was bedeutet
    ›Schure stauchen‹?«
    Auch auf Mumms Stirn entstanden Furchen. Offenbar hatte sich der
    Straßenslang in dreißig

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