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Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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brachte.
    »Das stimmt«, sagte Tilden und richtete einen verzweifelten Blick auf
    Mumm. »Die Sache mit der Ausgangssperre. Sehr… beunruhigend. Ich
    würde meinen eigenen Kopf vergessen, wenn er nicht festgenagelt
    wäre.«
    Er drehte sich um und sah zu dem grünen Safe.
    »Ich hatte es erst seit zwei Monaten«, murmelte er. »Ich glaube, ich…
    Würdest du bitte wegsehen, Oberfeldwebel? Gehen wir dieser Sache auf
    den Grund…«
    Mumm drehte sich um. Es klickte und knarrte, jemand schnappte
    nach Luft.
    Tilden richtete sich auf und hielt das silberne Tintenfass in der Hand.
    »Ich glaube, ich habe mich selbst zum Narren gemacht,
    Oberfeldwebel«, sagte er.
    Nein, ich habe einen Narren aus dir gemacht, dachte Mumm und
    bedauerte es sehr. Ich wol te das Tintenfass erst in Coates’ Spind legen,
    aber das brachte ich nicht fertig… nicht nach dem, was ich dort
    gefunden habe.
    »Was hältst du davon, wenn wir sagen, es sei eine Art Test gewesen,
    Herr?«, schlug Mumm vor.
    »Ich lüge aus Prinzip nicht, Keel!«, erwiderte der Hauptmann und
    fügte hinzu: »Aber ich danke dir für deinen Vorschlag. Ich weiß, dass ich nicht mehr so jung bin wie früher. Viel eicht wird es Zeit, dass ich mich
    in den Ruhestand zurückziehe.« Er seufzte. »Um ehrlich zu sein: Ich
    denke schon seit einer ganzen Weile daran.«
    »Ach, so sol test du nicht reden«, sagte Mumm gezwungen fröhlich.
    »Du im Ruhestand – das kann ich mir gar nicht vorstel en.«
    »Ja, ich schätze, ich sollte es zu Ende bringen«, murmelte Tilden und
    kehrte zu seinem Schreibtisch zurück. »Weißt du, dass dich einige der
    Männer für einen Spion halten, Oberfeldwebel?«
    »Einen Spion für wen, Herr?«, fragte Mumm und dachte daran, dass
    Schnauzi mehr brachte als nur Kakao.
    »Für Lord Winder, nehme ich an«, sagte Tilden.
    »Nun, wir alle arbeiten für ihn, Herr. Aber ich erstatte allein dir
    Bericht, wenn dir dieser Hinweis etwas nützt.«
    Tilden musterte ihn und schüttelte traurig den Kopf. »Ob Spion oder
    nicht, Keel: Ich muss feststellen, dass einige der Befehle, die wir in
    letzter Zeit bekommen, nicht richtig durchdacht sind.«
    Er richtete einen herausfordernden Blick auf Mumm und schien zu
    erwarten, dass dieser sofort die rot glühenden Daumenschrauben
    hervorholte.
    Mumm sah, wie schwer es dem alten Tilden fiel zuzugeben, dass
    Entführung, Folter und die Kriminalisierung ehrlicher Bürger keine
    gute Regierungspolitik waren. Solche Vorstel ungen passten nicht zu
    seinem Weltbild. Mit der Fahne von Ankh-Morpork war er losgeritten,
    um gegen die Käsefresser von Quirm, die klatschianischen
    Handtuchköpfe oder einen anderen vom Oberkommando
    ausgewählten Feind zu kämpfen, und nie hatte er die Richtigkeit in
    Frage gestellt, denn das hielt einen Soldaten nur auf.
    Tilden war mit der Überzeugung aufgewachsen, dass die Leute ganz
    oben immer Recht hatten. Deshalb standen sie ganz oben. Ihm fehlte
    das mentale Vokabular, wie ein Verräter zu denken, denn nur Verräter
    dachten so.
    »Ich bin noch nicht lange genug hier, um mir eine Meinung zu bilden,
    Herr«, sagte Mumm. »Ich weiß nicht, wie die Dinge laufen, Herr.«
    »Anders als früher«, murmelte Tilden.
    »Wie du meinst, Herr.«
    »Wie ich von Schnauzi hörte, kennst du dich hier erstaunlich gut aus.
    Für jemanden, der neu in der Stadt ist.«
    Dieser Satz hatte einen Haken am Ende, aber Tilden war ein
    unerfahrener Angler.
    »In al en Wachhäusern geht es ähnlich zu, Herr«, sagte Mumm. »Und
    natürlich bin ich schon einmal in Ankh-Morpork gewesen.«
    »Natürlich«, erwiderte Tilden schnell. »Nun… ich danke dir,
    Oberfeldwebel. Wenn du es bitte den Männern erklären könntest…«
    »Ja, Herr.«
    Mumm schloss die Tür hinter sich, ging die Treppe hinunter und
    nahm dabei zwei Stufen auf einmal. Die unten wartenden Wächter
    hatten sich kaum von der Stel e gerührt. Mumm klatschte wie ein
    Schul ehrer in die Hände.
    »Na los, na los, Streifengänge warten auf euch! Bewegung! Du nicht,
    Feldwebel Klopf – ich möchte mir dir reden !«
    Mumm sah nicht zurück, um festzustel en, ob ihm Klopf folgte. Er
    trat in den Sonnenschein des späten Nachmittags, lehnte sich an eine
    Mauer und wartete.
    Vor zehn Jahren hätte er… Berichtigung: Wenn er vor zehn Jahren
    nüchtern gewesen wäre, hätte er Klopf mit einigen guten gezielten
    Fausthieben klar gemacht, wer hier der Boss war. In dieser Zeit geschah dies häufig – als Gefreiter hatte Mumm die eine oder

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