Die Nachtwächter
andere
Auseinandersetzung zwischen Wächtern erlebt. Aber so etwas passte
nicht zu Oberfeldwebel Keel.
Klopf kam nach draußen, aufgepumpt mit irrer, erschrockener
Tapferkeit.
Als Mumm die Hand hob, zuckte der Mann tatsächlich zusammen.
»Zigarre?«, fragte er.
»Äh…«
»Ich trinke nicht«, sagte Mumm. »Aber ich genehmige mir dann und
wann eine gute Zigarre.«
»Ich… äh… rauche nicht«, brachte Klopf hervor. »Hör mal, was das
Tintenfass betrifft…«
»Kannst du dir vorstellen, dass er es in den Safe gestellt hat?«, fragte
Mumm und lächelte.
»Hat er das?«
»Und dann hat er es vergessen«, sagte Mumm. »Das passiert uns allen,
Windelbert. Die Gedanken ziehen dahin, und man weiß nicht mehr
genau, was man gemacht hat.«
Das freundliche Lächeln blieb auf Mumms Lippen. Es wirkte so gut
wie ein ganzer Regen aus Fausthieben. Außerdem hatte er Klopf beim
Vornamen genannt. In der Öffentlichkeit sprach er ihn nie aus, um
keine Panik zu verursachen.
»Du brauchst dir deshalb also keine Sorgen mehr zu machen«, sagte
Mumm.
Feldwebel Windelbert Klopf verlagerte das Gewicht voller
Unbehagen von einem Bein auf das andere. Er wusste nicht, ob er mit
einer Sache durchgekommen war oder ob er noch tiefer in einer
anderen steckte.
»Erzähl mir mehr vom Obergefreiten Coates!«, sagte Mumm.
Schläue, Berechnung und quälende Ungewissheit huschten über
Klopfs Gesicht. Dann griff er zu seiner üblichen Taktik: Wenn du dich
von Wölfen verfolgt glaubst, stoße jemanden vom Schlitten.
»Ned, Herr?«, erwiderte er. »Arbeitet hart, erfül t seine Pflicht. Kann
aber auch schwierig sein, unter uns gesagt.«
»Wie meinst du das? Und du brauchst mich nicht ›Herr‹ zu nennen,
Windelbert. Nicht hier draußen.«
»Hält das Kinn ein wenig zu hoch, wenn du verstehst, was ich meine.
Glaubt, besser zu sein als alle anderen. In dieser Hinsicht ist er ein
Unruhestifter.«
»Kasernenanwalt?«
»So was in der Art, ja.«
»Sympathisiert er mit den Rebellen?«
Klopf sah unschuldig nach oben. »Könnte sein, Herr. Aber ich
möchte ihn natürlich nicht in Schwierigkeiten bringen.«
Du hältst mich für einen Spion der Unaussprechlichen, dachte
Mumm. Und du bietest mir Coates an. Neulich hast du ihn noch für die
Beförderung vorgeschlagen. Du kleiner Wurm.
»Sollte man ihn im Auge behalten?«, fragte Mumm.
»Jaherr.«
»Interessant«, sagte Mumm, immer ein beunruhigendes Wort für die
Unsicheren. Es konnte kein Zweifel daran bestehen, dass es Klopf
beunruhigte, und Mumm dachte: Meine Güte, vielleicht fühlt sich
Vetinari die ganze Zeit über so…
»Einige von uns, äh, gehen nach dem Dienst in die Gebrochene
Trommel«, sagte Klopf. »Sie ist rund um die Uhr geöffnet. Ich weiß
nicht, ob du…«
»Ich trinke nicht«, erwiderte Mumm.
»Oh. Ja. Das sagtest du«, sagte Klopf.
»Und jetzt sollte ich mit dem jungen Mumm auf Streife gehen«,
meinte Mumm. »Freut mich, dass wir dieses Gespräch hatten.«
Er ging fort und achtete darauf, nicht zurückzusehen. Sam wartete
noch immer im Hauptbüro und wurde vom Sog erfasst, als
vorbeirauschte.
»He, wer ist die Schürze da beim alten Folly?«
Die Aufsichtsschüler hielten Ausschau. Auf dem Podest am Ende des
lauten Saals führte Doktor Follett, Assassinenmeister und von Amts
wegen Direktor der Gildenschule, ein lebhaftes Gespräch mit, in der
Tat, einer Dame. Das leuchtende Violett ihres Kleids fiel sofort auf in
einer von Schwarz dominierten Umgebung, und das elegante Weiß von
Folletts Haar wirkte in der Dunkelheit wie ein Fanal.
Immerhin war dies die Assassinengilde. Hier trug man Schwarz. Die
Nacht war schwarz, und ein Assassine ebenso. Und Schwarz hatte Stil,
und ein Assassine ohne Stil, so fanden al e, war einfach nur ein gut
bezahlter, arroganter Schurke.
Die Aufsichtsschüler waren al e über achtzehn Jahre alt und durften
daher Stadtviertel besuchen, von denen die jüngeren Jungen nichts
wissen sollten. Mittlerweile platzten ihre Pickel nicht mehr beim
Anblick einer Frau. Jetzt kniffen sie die Augen zusammen. Die meisten
von ihnen hatten bereits gelernt, dass die Welt eine Auster war, die mit
Gold geöffnet werden konnte, wenn ein Messer nicht genügte.
»Wahrscheinlich eine Mutter«, sagte einer von ihnen.
»Wer mag der glückliche Junge sein?«
»Ich weiß, wer, sie ist«, meinte »Ludo« Ludorum vom Viper-Haus.
»Ich habe gehört, wie einige Meister über sie sprachen. Das ist Madame
Roberta
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