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Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Meserole. Hat das alte Haus in der Leichten Straße gekauft.
    Angeblich hat sie in Gennua einen Haufen Geld verdient und möchte
    sich hier niederlassen. Vermutlich sucht sie nach Möglichkeiten der
    Kapitalanlage.«
    »Madame?«, wiederholte Witwenmacher. »Ist das ein Ehrentitel oder
    eine Arbeitsbeschreibung?«
    »In Gennua könnte es beides sein«, sagte jemand, und die anderen
    lachten.
    »Folly scheint sie abfüllen zu wollen«, sagte Witwenmacher. »Sie sind
    schon bei der dritten Flasche Sekt. Worüber reden sie wohl?«
    »Über Politik«, erwiderte Ludo. »Jeder weiß, dass Winder nicht das
    einzig Richtige tun wird, deshalb liegt es bei uns. Und Folly ärgert sich,
    weil wir bereits drei Leute verloren haben. Winder ist verdammt schlau.
    Es gibt überall Wachen und Soldaten.«
    »Winder ist ein Blödmann«, sagte Witwenmacher.
    »Ja, Witwenmacher. Für dich ist jeder ein Blödmann«, kommentierte
    Ludo ruhig.
    »Alle anderen sind blöd.«
    Witwenmacher wandte sich wieder dem Tisch zu, und eine Bewegung
    – besser gesagt, die Abwesenheit von Bewegung – weckte seine
    Aufmerksamkeit. Am anderen Ende des Tisches saß ein Assassine und
    las in einem Buch, das vor seinem Teller stand. Er war ganz auf seine
    Lektüre konzentriert, die Gabel auf halbem Wege zum Mund.
    Witwenmacher zwinkerte den übrigen Aufsichtsschülern zu, nahm
    einen Apfel aus der nahen Schale, holte aus und warf ihn mit boshafter
    Zielsicherheit.
    Die Gabel bewegte sich wie die Zunge einer Schlange und spießte den
    Apfel auf.
    Der Leser blätterte um, führte die Gabel zum Mund und biss vom
    Apfel ab, ohne den Blick vom Buch zu lösen.
    Die Aufsichtsschüler sahen Witwenmacher an; hier und dort kicherte
    jemand. Der junge Mann runzelte die Stirn. Der Angriff mit dem
    Wurfgeschoss war fehlgeschlagen, deshalb war Witwenmacher
    gezwungen, es mit Esprit zu versuchen, den er nicht hatte.
    »Du bist ein echter Blödmann, Hunde-Freund«, sagte er.
    »Ja, Witwenmacher«, erwiderte der Leser ruhig und blickte weiter in
    sein Buch.
    »Wann legst du endlich einige anständige Prüfungen ab, Hunde-
    Freund?«
    »Weiß nicht, Witwenmacher.«
    »Hast noch nie jemanden getötet, oder, Hunde-Freund?«
    »Wahrscheinlich nicht, Witwenmacher.« Der Leser blätterte wieder
    um. Das leise Knistern der Seite machte Witwenmacher noch wütender.
    »Was liest du da?«, fragte er scharf. »Robertson, zeig mir, was der
    Hunde-Freund liest. Na, komm schon, her mit dem Buch!«
    Der Junge neben dem Schüler, den Witwenmacher Hunde-Freund
    nannte, nahm das Buch und warf es über den Tisch.
    Der Leser seufzte und lehnte sich zurück, als Witwenmacher einen
    flüchtigen Blick auf die Seiten warf.
    »Seht euch das an, Leute«, sagte er. »Hunde-Freund liest ein
    Bilderbuch .« Er hielt es offen. »Hast es selbst mit deinen Buntstiften ausgemalt, was, Hunde-Freund?«
    Der frühere Leser blickte an die Decke. »Nein, Witwenmacher. Die
    Illustrationen stammen von Fräulein Emelia Jane, der Schwester des
    Autors Lord Grimmelich Greville-Pipus. Es steht auf dem Titelbild, wie
    du vielleicht bemerkst.«
    »Und hier ist ein hübsches Bild von einem Tiger «, fuhr Witwenmacher fort. »Warum siehst du dir Bilder an, Hunde-Freund?«
    »Weil Lord Grimmelich interessante Theorien über die Kunst des
    Versteckens entwickelt hat, Witwenmacher«, antwortete der Leser.
    »Ach? Schwarze und orangefarbene Tiger in grünen Bäumen?«, fragte
    Witwenmacher und schlug die Seiten grob um. »Große rote Affen in
    einem grünen Wald? Schwarzweiß gestreifte Zebras in gelbem Gras? Ist
    dies vielleicht eine Anleitung, wie man es nicht machen sol te?«
    Wieder ertönte Gelächter am Tisch, aber es klang gezwungen.
    Witwenmacher hatte Freunde, weil er groß und reich war, aber
    manchmal konnte seine Gegenwart recht peinlich sein.
    »Lord Grimmelich hat auch darauf hingewiesen, wie gefährlich
    intuitive…«
    »Ist dies ein Gildenbuch, Hunde-Freund?«, fragte Witwenmacher.
    »Nein, Witwenmacher. Es wurde vor einigen Jahren privat graviert,
    und ich konnte mir dieses Exemplar beschaffen…«
    Witwenmachers Hand schoss nach vorn. Das Buch sauste davon und
    ließ die jüngeren Schüler am Nebentisch in Deckung gehen, bevor es
    im Kamin landete. Die Lehrer an den oberen Tischen sahen kurz auf
    und wandten sich dann wieder ihrem Essen zu.
    Flammen leckten. Für ein oder zwei Sekunden brannte der Tiger hel .
    »War es ein seltenes Buch?«, fragte Witwenmacher.
    »Ich glaube, jetzt existiert es nicht

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