Die Nadel.
Fabers
Wangenknochen underreichte damit, daß seinem Gegner das Wasser in die
Augen schoß.
Faber antwortete mit einer Serie von Geraden zum Körper; David
bearbeitete weiterhin sein Gesicht. Der Abstand zwischen ihnen war einfach zu gering, als
daß sie sich gegenseitig schnell ernsthafte Verletzungen zufügen konnten, doch Davids
größere Kraft begann sich bemerkbar zu machen.
Wütend stellte Faber fest, daß
David geschickt Ort und Zeit für die Auseinandersetzung gewählt hatte. Er konnte drei
Vorteile für sich verbuchen: das Überraschungsmoment, die Wahl der Waffen und den Kampf
auf engstem Raum, wo seine Muskelkraft viel besser zum Tragen kam. Faber hatte zwar das
größere Durchhaltevermögen und war auch körperlich weit beweglicher, aber das nützte
ihm in dieser Lage nicht viel.
Als sich Faber ein wenig zur Seite drehte, berührte
seine Hüfte die Schaltung, so daß ein Vorwärtsgang eingelegt wurde. Weil der Motor noch
lief, ruckte der Wagen voran, wodurch Faber das Gleichgewicht verlor. David nutzte die
Gelegenheit, eine lange linke Gerade abzufeuern, die – mehr durch Glück als durch
Geschick – Faber voll am Kinn traf und ihn auf die andere Seite des Fahrzeugs warf. Sein
Kopf krachte gegen den A- förmigen Träger, und er rutschte mit der Schulter auf den
Türgriff. Die Tür sprang auf, er purzelte rückwärts aus dem Wagen und fiel mit dem
Gesicht in den Matsch.
Einen Moment lang war Faber so benommen, daß er sich nicht
bewegen konnte. Als er die Augen öffnete, sah er nichts als blaue Blitze auf einem
verschwommenen roten Hintergrund. Er hörte den Motor des Geländewagens jaulen. Er
schüttelte den Kopf und versuchte verzweifelt, das Feuerwerk vor seinen Augen zu
verscheuchen. Es gelang ihm, so weit hochzukommen, daß er sich auf Hände und Knie
stützen konnte. Das Geräusch des Wagens wurde leiser und kam dann wieder näher. Faber
wandte den Kopf dem Lärm zu, und während sich die Farben vor seinen Augen auflösten und
verschwanden, sah er, daß der Geländewagen sich ihm mit hoher Geschwindigkeit
näherte.
David wollte ihn überfahren.
Die vordere Stoßstange war nur noch
Zentimeter von seinem Gesicht entfernt, als er sich zur Seite warf. Er spürte einen
Windstoß. Ein Kotflügel streifte seinen ausgestreckten Fuß, und der Wagen donnerte
vorbei; die breitspurigen Reifen rissen den schwammigen Grasboden auf und schienen Schlick
zu spucken. Faber drehte sich zweimal im nassen Gras herum und kam auf die Knie hoch. Sein
Fuß schmerzte. Er sah zu, wie der Wagen in einer engen Drehung wendete und wieder auf ihn
zugerast kam.
Faber konnte Davids Gesicht durch die Windschutzscheibe sehen. Der
junge Mann hatte sich über das Lenkrad gebeugt, und ein wildes, fast wahnsinniges Grinsen
entblößte seine Zähne. Er glaubte wohl, im Cockpit einer Spitfire zu sitzen, die aus der
Sonne heraus auf ein feindliches Flugzeug herunterstößt, während die acht
Browning-Maschinengewehre 1260 Schüsse pro Minute abfeuern.
Faber bewegte sich auf
den Klippenrand zu. Der Geländewagen wurde schneller. Faber wußte, daß er im Moment
nicht in der Lage war, zu laufen. Er blickte über die Klippe: Es war ein felsiger, fast
senkrechter Hang, der steil auf das dreißig Meter tiefer liegende tosende Meer abfiel. Das
Fahrzeug raste direkt am Klippenrand auf ihn zu. Verzweifelt suchte Faber nach einem Gesims
oder wenigstens einem Felsvorsprung, um einen Halt zu finden. Es gab keinen.
Der
Geländewagen war noch vier oder fünf Meter entfernt; er hatte ein Tempo von etwa vierzig
Meilen pro Stunde. Seine Räder waren weniger als zwei Fuß vom Klippenrand entfernt. Faber
ließ sich flach hinfallen und schwang die Beine ins Leere hinaus. Dabei stützte er sein
Gewicht auf die Unterarme.
Die Räder verfehlten ihn um wenige Zentimeter. Einige
Meter weiter rutschte ein Rad über die Kante. Einen Augenblick lang dachte Faber, das
ganze Fahrzeug würde umkippen und ins Meer stürzen, doch die drei anderen Räder brachten
den Wagen wieder in Sicherheit.
Der Boden unter Fabers Armen gab nach. Die durch das
Fahrzeughervorgerufene Erschütterung hatte die Erde gelockert. Er
spürte, daß er ein klein wenig abrutschte. Dreißig Meter unter ihm brodelte das Meer
zwischen den Klippen. Faber streckte einen Arm so weit wie möglich aus und grub die Finger
tief in den weichen Boden. Ein Nagel brach ab, aber er achtete nicht
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