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Die Nadel.

Titel: Die Nadel. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follettl
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um Tom zu töten.
    Welches Motiv hatte er? Welche Absicht trieb ihn so sehr an,
     daß er in ein Auto steigen, zehn Meilen fahren, einen alten Mann erstechen und ruhig und
     gefaßt zurückkehren konnte, als hätte er nur kurz Luft geschnappt? Ein Schauder lief
     Lucy über den Rücken.
    Jetzt war sie auf sich allein gestellt.
    Sie packte
     das Halsband des Hundes und zog ihn von der Leiche seines Herrn fort. Sie folgte einer
     plötzlichen inneren Eingebung und knöpfte die Jacke über der kleinen Stilettwunde zu,
     die den Schafhirten getötet hatte. Dann schloß sie die Tür hinter sich. Sie sagte zu dem
     Hund: »Er ist tot, ich aber brauche dich.«
    Lucy ging wieder ins vordere
     Schlafzimmer und blickte aus dem Fenster.
    Der Geländewagen fuhr gerade vor und
     hielt an. Henry stieg aus.

SECHSTER TEIL – KAPITEL 34
    ucys Notrufzeichen wurden auf der Korvette gehört.
    »Sir«, sagte Sparks. »Ich habe gerade ein SOS von der
     Insel aufgefangen.«
    Der Captain runzelte die Stirn. »Wir können erst etwas
     unternehmen, wenn wir ein Boot aussetzen können. Kam sonst noch was durch?«
    »Überhaupt nichts, Sir. Es wurde nicht einmal wiederholt.«
    Der Captain
     überlegte noch einmal kurz. »Wir können nichts machen«, stellte er erneut
     fest. »Machen Sie dem Festland Meldung, und spitzen Sie weiter die Ohren.«
    »Aye,
     aye, Sir.«
    Das Notrufzeichen wurde auch von einem
     Horchposten des MI8 auf der Spitze eines schottischen Berges aufgefangen. Der Funker, ein
     junger Mann, der eine schwere Verwundung im Unterleib davongetragen hatte und wegen
     Untauglichkeit aus der RAF ausgemustert worden war, versuchte, deutsche Marinesignale aus
     Norwegen abzufangen, beachtete das Funksignal nicht. Weil sein Dienst jedoch fünf Minuten
     später beendet war, erwähnte er es beiläufig gegenüber seinem Kommandeur.
    »Es
     wurde nur einmal gesendet«, sagte er. »Wahrscheinlich ein Fischerboot vor der
     schottischen Küste – bei diesem Wetter könnten kleinere Schiffe hier und dort in
     Schwierigkeiten sein.«
    »Überlassen Sie’s mir«, antwortete der
     Kommandeur. »Ich rufe die Navy an, und am besten informiere ich auch
     Whitehall. Vorschrift, wie Sie wissen.«
    »Vielen Dank, Sir.«
    Auf dem Stützpunkt des Königlichen Flugmeldekorps war so etwas wie Panik
     ausgebrochen. Natürlich sollte ein Beobachter nicht SOS senden, wenn er feindliche
     Maschinen sichtete, doch man wußte, daß Tom alt war, und wer konnte ahnen, was er inseiner Aufregung senden würde? Also heulten die Luftschutzsirenen, alle
     anderen Posten wurden gewarnt, Flakgeschütze wurden an der ganzen Ostküste von Schottland
     hervorgerollt, und der Funker versuchte verzweifelt, Tom zu erreichen.
    Natürlich
     erschienen keine deutschen Bomber. Das Kriegsministerium wollte wissen, warum Vollalarm
     ausgelöst worden war, obwohl außer ein paar durchnäßten Gänsen nichts am Himmel zu
     sehen war.
    Man teilte dem Ministerium den Grund mit.
    Auch die Küstenwache hörte es.
    Sie hätte darauf reagiert, wenn
     das Zeichen auf der richtigen Frequenz gewesen wäre, wenn sie den Standort des Senders
     hätte ermitteln können und wenn dieser Standort nicht allzu weit von der Küste entfernt
     gewesen wäre.
    Unter den gegebenen Umständen schloß man, daß der alte Tom das
     Signal gesendet haben mußte, da es auf der Frequenz des Flugmeldekorps gekommen war. Und
     mit der Klärung der Sachlage, was immer das alles auch zu bedeuten hatte, waren sie schon
     vollauf beschäftigt.
    Als die Nachricht die Kartenspieler unter dem Deck des Kutters
     im Hafen von Aberdeen erreichte, teilte Slim eine weitere Runde Pontoon aus und erklärte:
     »Ich sage euch, was passiert ist. Der alte Tom hat den Kriegsgefangenen geschnappt. Jetzt
     sitzt er auf dessen Kopf und wartet auf die Armee, damit sie den Burschen abholt.«
    »Quatsch«, sagte Smith. Seine Ansicht fand allgemeine Zustimmung.
    Und die U-505 hörte es.
    Das U-Boot war immer noch über dreißig
     Seemeilen von Storm Island entfernt, aber Weißmann graste die Frequenzen ab – er hoffte
     gegen alle Vernunft, vom American Forces Network in Großbritannien gesendete Glenn-
     Miller-Platten aufzufangen. Zufällig hatte er zum richtigen Zeitpunkt gerade die richtige
     Wellenlängeeingestellt. Er gab die Meldung an Kapitänleutnant Heer
     weiter und fügte hinzu: »Es war nicht auf der Frequenz unseres Mannes.«
    Major
     Wohl, der natürlich in der Nähe und so unerträglich wie immer war, sagte: »Dann

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