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Die Nadel.

Titel: Die Nadel. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follettl
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die erste Runde gewonnen, sie hatte ihn fortgejagt – sie, eine Frau!
    Aber er würde wiederkommen.
    Jedenfalls war sie im Vorteil. Sie war im Haus, besaß die Flinte und hatte Zeit, Vorbereitungen zu treffen.
    Beim nächstenmal würde er raffinierter vorgehen. Er würde bestimmt versuchen, sich anzuschleichen.
    Lucy hoffte, daß er bis zum Einbruch der Dunkelheit damit warten würde, damit sie mehr Zeit hatte.
    Zuerst mußte sie die Flinte wieder laden.
    Sie ging in die Küche. Tom bewahrte alles in der Küche auf – Lebensmittel, Kohle, Werkzeug, Vorräte –, und er hatte die gleiche Flinte wie David. Sie wußte das, weil David Toms Gewehr ausprobiert hatte und sich dann eines dieser Marke hatte schikken lassen. Die beiden Männer hatten sich oft lange über Waffen unterhalten.
    Lucy fand Toms Flinte und eine Schachtel Munition. Sie legte die beiden
     Flinten und die Schachtel auf den Küchentisch.
    Sie war davon überzeugt, daß
     Maschinen einfach gebaut waren. Frauen verhielten sich aus Angst, nicht aus Dummheit
     ungeschickt im Umgang mit technischen Dingen.
    Sie fingerte an Davids Flinte herum,
     wobei sie den Lauf von sich weg hielt, bis sich der Verschluß öffnete. Dann überlegte
     sie sich, was sie angestellt hatte, um ihn zu öffnen, und übte noch einige Male.
    Es war unglaublich einfach.
    Lucy lud beide Flinten. Um sicherzugehen, daß sie
     nichts falsch gemacht hatte, richtete sie Toms Waffe auf die Küchenwand und drückte den
     Abzug durch.
    Mörtel regnete herab, Bob kläffte wie wahnsinnig, Lucy handelte sich
     einen weiteren Bluterguß ein und die Hüfte wurde für kurze Zeit taub. Aber sie war
     bewaffnet.
    Sie mußte daran denken, den Hahn leicht abzudrücken, damit die Flinte
     nicht hochzuckte und sie richtig zielen konnte. Männer lernten so etwas wahrscheinlich in
     der Armee.
    Was nun? Sie mußte es Henry so schwer wie möglich machen, ins Haus zu
     kommen.
    Natürlich hatte keine der Türen ein Schloß. Wenn in eines der Häuser auf
     der Insel eingebrochen würde, konnte der Schuldige nur in dem anderen wohnen. Lucy
     stöberte in Toms Werkzeugkasten und fand eine schwarz glänzende Axt mit scharfer
     Schneide. Sie stellte sich auf die Treppe und begann auf das Geländer einzuhacken.
    Ihre Arme schmerzten, doch nach fünf Minuten hatte sie sechs kurze Stangen aus
     kräftiger, gehärteter Eiche zurechtgezimmert. Sie fand einen Hammer und Nägel und
     brachte quer über Vorder- und Hintertür Riegel an; jede Tür erhielt drei Bretter, jedes
     Brett wurde mit vier Nägeln befestigt. Als sie fertig war, war der Schmerz in ihren
     Handgelenken kaum mehr zu ertragen, und der Hammer fühlte sich schwer wie Blei an, aber
     sie war noch nicht fertig.
    Lucy holte sich noch eine Handvoll glänzender, zehn Zentimeter langer Nägel, ging der Reihe nach zu jedem Fenster des Hauses und nagelte es zu. Dabei gewann sie die für sie neue Erkenntnis, daß Männer beim Hämmern die Nägel wohl deswegen in den Mund steckten, weil sie beide Hände brauchten und weil die in den Hosentaschen aufbewahrten Nägel unangenehm pieksten.
    Die Arbeit war erledigt, und es war dunkel geworden; sie schaltete jedoch das Licht nicht an.
    Natürlich konnte er noch immer ins Haus eindringen, aber auf jeden Fall nicht heimlich. Irgend etwas würde dabei zu Bruch gehen und ihn verraten – und dann würde sie mit den Gewehren zur Stelle sein.
    Sie ergriff beide Waffen und ging nach oben, um nach Jo zu sehen. Eingewickelt in seine Decke, schlief er immer noch in Toms Bett. Lucy zündete ein Streichholz an, um sein Gesicht zu betrachten. Die Schlaftablette mußte eine starke Wirkung gehabt haben, aber seine Gesichtsfarbe war wie sonst auch, seine Temperatur schien normal zu sein, und er atmete leicht und regelmäßig. »Bleib so, mein Kleiner«, flüsterte Lucy. Nach diesem kurzen Anflug von Zärtlichkeit haßte sie Henry um so mehr.
    Eine Weile streifte sie ruhelos durch das Haus und spähte durch die Fenster in die Dunkelheit. Der Hund folgte ihr ständig. Sie entschloß sich, nur eine Flinte bei sich zu tragen und die andere am Kopf der Treppe zurückzulassen. Doch sie hakte die Axt an ihren Hosengürtel.
    Lucy erinnerte sich an das Funkgerät, und sie funkte noch mehrere Male ihr SOS. Sie hatte keine Ahnung, ob jemand sie hörte oder ob das Gerät überhaut funktionierte. Da sie das Morsealphabet nicht kannte, konnte sie nichts anderes senden.
    Ihr kam der Gedanke, daß auch Tom das Morsealphabet wahrscheinlich nicht

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