Die Nadel.
sie einmal schändlich von oben herab behandelte, hatte sie geistreich-sarkastisch
gekontert. Dafür hatte er sie um so mehr geliebt.
Percival hatte seinen Abschluß
gemacht, nach dem Weltkriegin einer Public School unterrichtet und bei
drei Nachwahlen kandidiert. Sie waren beide enttäuscht gewesen, als sie feststellten, daß
sie keine Kinder bekommen konnten. Aber sie waren glücklich gewesen und hatten sich
hingebungsvoll geliebt. Ihr Tod war die schrecklichste Tragödie, die Godliman je erlebt
hatte. Danach war sein Interesse an seiner Umwelt geschwunden, und er hatte sich ins
Mittelalter zurückgezogen.
Ihrer beider Verlust hatte ihn und Bloggs einander
nähergebracht. Der Krieg hatte Godliman wieder ins wirkliche Leben zurückgeführt; er
hatte in ihm das geweckt, was ihn zu einem großen Redner und Lehrer und zu einem
Hoffnungsträger der Liberalen gemacht hatte: Elan, Unternehmungsgeist und Leidenschaft. Er
hoffte, daß auch in Bloggs’ Leben irgend etwas eintreten würde, das ihn vor
Vereinsamung und Bitterkeit bewahrte.
Während Godliman über ihn nachdachte, rief
Bloggs aus Liverpool an, um zu melden, daß die Nadel durch das Netz geschlüpft war und
Parkin ermordet hatte.
Godliman, der sich zum Telefonieren auf den Rand des
Feldbettes gesetzt hatte, schloß die Augen. »Ich hätte Sie in den Zug schicken sollen«,
murmelte er.
»Vielen Dank!« sagte Bloggs.
»Nur weil er Ihr Gesicht nicht
kennt.«
»Vielleicht doch«, widersprach Bloggs. »Wir vermuten, daß er die Falle
bemerkt hat. Mein Gesicht war das einzige, das er beim Aussteigen sehen konnte.«
»Aber woher sollte er Sie kennen? Oh! Nein, doch nicht vom . . . Leicester
Square?«
»Ich verstehe es auch nicht, aber schließlich scheinen wir ihn ständig
zu unterschätzen.«
Godliman fragte ungeduldig. »Lassen Sie auch die Fähre
beobachten?«
»Ja.«
»Er wird sie natürlich nicht benutzen – zu
auffällig. Wahrscheinlich wird er ein Boot stehlen. Andererseits könnte Inverness immer
noch sein Ziel sein.«
»Ich habe die Polizei dort oben benachrichtigt.«
»Gut. Ich glaube nicht, daß wir von irgendwelchen festen Vorstellungen über sein mögliches Ziel ausgehen können. Wir sollten jedenfalls nichts ausschließen.«
»Ja.«
Godliman stand auf, nahm den Apparat in die Hand und begann, auf dem Teppich auf und ab zu gehen. »Es muß auch nicht unbedingt er gewesen sein, der auf der verkehrten Seite des Zuges ausgestiegen ist. Nehmen wir also an, daß er vor, in oder nach Liverpool abgesprungen ist.« Godlimans Intellekt arbeitete wieder auf vollen Touren und spielte verschiedene Möglichkeiten durch. »Geben Sie mir den Polizeidirektor.«
»Er ist hier.«
Nach einer Pause sagte eine andere Stimme: »Polizeidirektor Anthony am Apparat.«
»Sind Sie meiner Meinung, daß unser Mann irgendwo da oben bei Ihnen den Zug verlassen hat?« fragte Godliman.
»Das ist wahrscheinlich, ja.«
»Gut. Das erste, was er braucht, ist ein Fahrzeug. Ich möchte, daß Sie die Einzelheiten jedes Diebstahls, ob Auto, Boot, Fahrrad oder Esel, egal, aufnehmen, der in den nächsten vierzundzwanzig Stunden in einem Umkreis von hundert Meilen von Liverpool begangen wird. Halten Sie mich auf dem laufenden, aber geben Sie die Informationen an Bloggs, und arbeiten Sie eng mit ihm zusammen, wenn Sie eine Spur verfolgen.«
»Ja, Sir.«
»Denken Sie auch an andere Straftaten, die ein Mann auf der Flucht begehen könnte – Diebstahl von Lebensmitteln oder Kleidung, ungeklärte Überfälle, gefälschte Kennkarten und dergleichen.«
»Jawohl.«
»Ihnen ist doch klar, Mr. Anthony, daß dieser Mann nicht nur ein Massenmörder ist?«
»Das nehme ich an, Sir, da Sie sich eingeschaltet haben. Allerdings kenne ich die Einzelheiten nicht.«
»Es ist eine Sache der nationalen Sicherheit und so wichtig für uns
alle, daß der Premierminister stündlich mit diesem Büro Kontakt hat.«
»Ich
verstehe. Äh, Mr. Bloggs möchte noch einmal mit Ihnen sprechen, Sir.«
Bloggs
meldete sich wieder. »Ist Ihnen eingefallen, woher Sie sein Gesicht kennen?«
»Oh,
ja – aber es ist belanglos, wie ich vorausgesagt habe. Ich traf ihn zufällig in
Canterbury Cathedral, wir unterhielten uns über die Architektur. Es zeigt uns nur, daß er
sehr intelligent ist – er machte ein paar sehr scharfsinnige Bemerkungen.«
»Wir
wußten, daß er intelligent ist.«
»Wie ich sagte, es hilft uns nicht
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