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Die Nadel.

Titel: Die Nadel. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follettl
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drehte sich um und rief seinen Fahrer. Der Schutzmann stieg aus dem Auto und kam zur Gartentür. Bloggs fragte die alte Dame: »Genügt die Uniform, um Sie zu überzeugen?«
    »In Ordnung.« Sie machte einen Schritt zur Seite, damit er eintreten konnte.
    Das Zimmer hatte eine niedrige Decke und einen gefliesten Fußboden. Es war mit alten Möbeln vollgestopft, und überall, wo es irgend ging, stand Nippes aus Porzellan oder Glas herum. Ein kleines Kohlenfeuer brannte im Kamin. Es roch nach Lavendel und Katzen.
    Eine zweite alte Dame stand aus einem Sessel auf. Sie glich der ersten, war aber etwa doppelt so dick. Zwei Katzen hüpften von ihrem Schoß herunter. »Hallo, ich bin Emma Parton, das ist meine Schwester Jessie. Machen Sie sich nichts aus dem Gewehr – es ist nicht geladen, Gott sei Dank. Jessie übertreibt gern. Wollen Sie sich nicht setzen? Für einen Polizisten sehen Sie aber sehr jung aus. Ich bin überrascht, daß Scotland Yard sich für unseren kleinen Raubüberfall interessiert. Sind Sie heute morgen aus London gekommen? Mach dem Jungen eine Tasse Tee, Jessie.«
    Bloggs setzte sich. »Wenn wir uns nicht täuschen, war es ein Verbrecher auf der Flucht vor dem Gesetz.«
    »Ich hab’s doch gesagt!« rief Jessie. »Wir hätten umgebracht werden können – kaltblütig abgeschlachtet!«
    »Sei nicht albern.« Emma wandte sich an Bloggs. »Er war so ein netter Mann.«
    »Erzählen Sie, was passiert ist.«
    »Nun, ich war nach hinten rausgegangen«, begann Emma. »Ich war im Hühnerstall und wollte ein paar Eier holen. Jessie war in der Küche – «
    »Er hat mich überrascht«, unterbrach Jessie. »Ich hatte keine Zeit, mein Gewehr zu holen.«
    »Du siehst zu viele Cowboyfilme«, tadelte Emma.
    »Immer noch besser als deine Liebesfilme – nichts als Tränen und Küsse – «
    Bloggs nahm das Photo von Faber aus seiner Brieftasche. »Ist das der Mann?«
    Jessie sah es sich an. »Das ist er.«
    »Wie klug Sie sind!« sagte Emma bewundernd.
    »Wenn wir wirklich so klug wären, hätten wir ihn inzwischen geschnappt«, sagte Bloggs. »Was hat er getan?«
    »Er hat mir ein Messer an die Kehle gehalten und gesagt: ?Keine falsche Bewegung, oder ich schneide dir die Gurgel durch.? Und er meinte es ernst«, antwortete Jessie.
    »Oh, Jessie. Ich glaube, er hat gesagt: ?Ich tue Ihnen nichts, wenn Sie machen, was ich sage.?«
    »So ungefähr, Emma!«
    »Was wollte er?« fragte Bloggs.
    »Etwas zu essen, ein Bad, trockene Kleidung und ein Auto. Wir haben ihm natürlich die Eier gegeben, und wir haben ein paar Kleidungsstücke gefunden, die Jessies verstorbenem Mann Norman gehörten – «
    »Können Sie die Sachen beschreiben?«
    »Ja. Eine blaue Arbeitsjacke, eine blaue Latzhose und ein kariertes Hemd. Und er hat das Auto des armen Norman genommen. Ich weiß nicht, wie wir nun ins Kino kommen sollen. Das ist unser einziges Laster, wissen Sie – das Kino.«
    »Was für ein Auto?«
    »Einen Morris. Hat uns sehr genützt, der kleine Wagen. Norman hat ihn 1924 gekauft.«
    »Aber sein heißes Bad hat er nicht gekriegt!« sagte Jessie.
    »Ja«, erklärte Emma. »Ich mußte ihm klarmachen, daß bei zwei
     Frauen, die allein leben, doch kein Mann in der Küche baden kann . . . « Sie
     errötete.
    »Du würdest dir lieber die Kehle aufschlitzen lassen, als einen Mann in
     Unterwäsche anzusehen, du dumme Gans«, meinte Jessie.
    »Was hat er gesagt, als Sie
     sich weigerten?« fragte Bloggs.
    »Er lachte«, erwiderte Emma. »Aber ich glaube,
     daß er uns verstanden hat.«
    Bloggs konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. »Sie
     sind sehr mutig.«
    »Da bin ich nicht so sicher.«
    »Er fuhr also in einem
     Morris, Baujahr 1924, davon, trug eine Latzhose und eine blaue Jacke. Wie spät war
     es?«
    »Ungefähr halb zehn.«
    Bloggs streichelte geistesabwesend eine
     orangefarbene Katze. Sie blinzelte und schnurrte behaglich. »War viel Benzin in dem
     Tank?«
    »Vielleicht zwanzig Liter – aber er hat unsere Gutscheine
     mitgenommen.«
    Bloggs war erstaunt. »Mit welchem Recht bekommen Sie überhaupt
     Benzin zugeteilt?«
    »Landwirtschaftliche Zwecke«, verteidigte sich Emma. Sie wurde
     rot im Gesicht.
    Jessie schnaubte. »Außerdem leben wir abgelegen und sind
     alt. Natürlich haben wir ein Recht darauf.«
    »Wenn wir ins Kino fahren, gehen wir
     immer gleichzeitig in die Samenhandlung«, setzte Emma hinzu. »Wir verschwenden kein
     Benzin.«
    Bloggs lächelte und hielt eine Hand hoch. »In Ordnung, keine Sorge –
    

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