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Die Nadel.

Titel: Die Nadel. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follettl
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Erkenntnisse über ihn
     sammelten. Er hatte auch etwas dagegen, mit der Abwehr zusammenzuarbeiten. Sein Boot war
     zum Kämpfen da, nicht aber dazu, vor der britischen Küste herumzuschleichen, um
     Geheimagenten aufzunehmen. Für ihn war es der reinste Wahnsinn, wegen eines Mannes, der
     vielleicht nicht einmal erscheinen würde, wertvolles Kriegsgerät wie die U-505 aufs
     Spiel zu setzen, ganz zu schweigen von der ausgebildeten Besatzung.
    Er leerte seine
     Tasse und verzog das Gesicht. »Verdammter Kaffee. Schmeckt fürchterlich.«
    Wohls ausdrucksloser Blick ruhte für einen Moment auf ihm und glitt dann
     weiter. Er sagte nichts.
    Heer rutschte unruhig auf seinem Sitz herum. Auf der
     Brücke eines Schiffes wäre er auf und ab marschiert, aber in Unterseebooten lernt man,
     unnötige Bewegungen zu vermeiden. »Bei diesem Wetter kommt Ihr Mann bestimmt nicht.«
    Wohl blickte auf seine Uhr. »Wir warten bis 18 Uhr«, sagte er ruhig.
    Es war
     kein Befehl, denn Wohl konnte Heer keine Befehle erteilen. Trotzdem war die nüchterne
     Erklärung beleidigend für einen ranghöheren Offizier. Heer knurrte: »Was bilden Sie
     sich ein, ich bin Kapitän dieses Schiffes!«
    »Wir werden beide unseren Befehlen
     gehorchen«, erwiderte Wohl. »Sie wissen, daß sie von höchster Stelle kommen.«
    Heer unterdrückte seinen Zorn. Der junge Wichtigtuer hatte natürlich recht. Heer
     würde sich an seine Befehle halten. Wenn sie wieder im Hafen lagen, würde er Wohl wegen
     Insubordination melden. Nützen würde es jedoch kaum etwas. In fünfzehn Jahren hatte Heer
     bei der Marine gelernt, daß für Angehörige hoher Stäbe andere Gesetze galten.
    »Wenn Ihr Mann dumm genug ist, sich heute nacht hinauszuwagen, versteht er auf keinen
     Fall genug von der Seefahrt, um zu überleben.«
    Wohls einzige Antwort war der
     gleiche leere Blick. Heer rief den Funker. »Weißmann?«
    »Nichts, Herr
     Kapitänleutnant.«
    »Ich fürchte, daß das Gemurmel vor ein paar Stunden von ihm
     kam«, sagte Wohl.
    »Wenn das stimmt, war er weit vom Treffpunkt entfernt, Herr
     Major«, meinte der Funker unaufgefordert. »Mir kam es eher wie ein Blitz vor.«
    »Wenn er’s nicht war, dann war er’s eben nicht. Wenn er es war, ist er jetzt
     ertrunken.« Heers Tonfall war überheblich.
    »Sie kennen den Mann nicht«, sagte
     Wohl. Diesmal lag eine Spur von Erregung in seiner Stimme.
    Heer schwieg. Der Klang der Maschinen veränderte sich leicht, und er
     glaubte, ein schwaches Brummen heraushören zu können. Wenn es auf der Rückfahrt
     schlimmer wurde, würde er im Hafen nachsehen lassen. Vielleicht sollte er das ohnehin tun,
     nur um eine weitere Reise mit dem wortkargen Major Wohl zu vermeiden.
    Ein Matrose
     schaute herein. »Kaffee, Herr Kapitänleutnant?«
    Heer schüttelte den Kopf. »Wenn
     ich noch mehr trinke, pisse ich Kaffee.«
    »Aber für mich bitte«, sagte Wohl. Er
     zog eine Zigarette hervor.
    Daraufhin sah Heer auf die Uhr. Es war zehn nach
     sechs. Der listige Major Wohl hatte seine Sechs-Uhr-Zigarette hinausgezögert, um das U-
     Boot noch ein paar zusätzliche Minuten warten zu lassen. »Wir gehen auf Heimatkurs.«
    »Einen Moment«, widersprach Wohl. »Bevor wir verschwinden, sollten wir einen Blick
     auf die Wasseroberfläche werfen.«
    »Reden Sie keinen Unsinn.« Heer wußte, daß
     er sich auf sicherem Terrain befand. »Ist Ihnen klar, was für ein Sturm da oben tobt? Wir
     würden die Luke nicht öffnen können, und das Periskop würde nur ein paar Meter Sicht
     bieten.«
    »Woher wollen Sie aus dieser Tiefe wissen, was für ein Sturm da
     ist?«
    »Erfahrung.«
    »Dann teilen Sie dem Stützpunkt wenigstens mit, daß
     unser Mann keinen Kontakt mit uns aufgenommen hat. Vielleicht befiehlt man uns, hier zu
     bleiben.«
    Heer seufzte verzweifelt. »Aus dieser Tiefe können wir keine
     Funkverbindung herstellen – nicht mit dem Stützpunkt.«
    Wohls kühle Haltung war
     dahin. »Herr Kapitänleutnant Heer, ich empfehle Ihnen dringend, aufzutauchen und
     Anweisungen einzuholen, bevor wir diesen Treffpunkt verlassen. Der Mann, den wir abholen
     sollen, hat Informationen, die für die Zukunft des Reiches lebenswichtig sind. Der Führer
     selbst wartet auf seinen Bericht!«
    Heer blickte ihn an. »Vielen Dank dafür, daß Sie mir Ihre Meinung
     mitgeteilt haben, Herr Major.« Er wandte sich ab. »Beide Maschinen volle Kraft voraus!«
     bellte er.
    Das Brummen der Turbinen verstärkte sich zu einem Dröhnen, und das U-
     Boot

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