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Die Nadel.

Titel: Die Nadel. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follettl
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einem halben Tag – bedeuten.
    »Nur bis ich
     angezogen bin«, antwortete Lucy. Sie hängte das Handtuch an eine Stange und wandte sich
     zur Tür.
    Der Fremde stand in der Tür und betrachtete sie.
    Sie starrten
     einander an. Seltsamerweise hatte sie nicht die geringste Angst. Es lag daran, wie er sie
     anschaute: In seiner Miene lag keine Drohung, keine Geilheit, kein Grinsen, keine Gier. Er
     blickte weder auf ihre Scham noch auf ihre Brüste, sondernin ihr
     Gesicht – direkt in die Augen. Sie erwiderte seinen Blick, ein wenig verblüfft, aber
     nicht verlegen. Ganz entfernt wunderte sie sich, warum sie nicht zu kreischen anfing, sich
     nicht mit den Händen bedeckte und nicht die Tür vor ihm zuschlug.
    Schließlich
     erschien doch etwas in seinen Augen. Vielleicht bildete Lucy es sich nur ein, aber sie sah
     Bewunderung, einen schwachen Funken von Heiterkeit und eine Spur von Trauer. Dann war der
     Bann gebrochen. Er wandte sich ab, ging zurück in sein Zimmer und schloß die Tür. Einen
     Moment später hörte Lucy, wie die Federung knarrte. Er hatte sich wieder ins Bett
     gelegt.
    Ohne jeden Grund hatte sie ein entsetzlich schlechtes Gewissen.

VIERTER TEIL – KAPITEL 20
    nzwischen hatte Percival
     Godliman alle Hebel in Bewegung gesetzt
    Jeder Polizist im Vereinigten Königreich
     besaß einen Abzug der Photographie von Faber, und etwa die Hälfte von ihnen war
     hauptamtlich damit beschäftigt, ihn aufzuspüren. In den Städten durchsuchten sie Hotels
     und Pensionen, Eisenbahn- und Busbahnhöfe, Lokale und Einkaufszentren, dazu die Brücken,
     Gewölbe und Bombengrundstücke, wo sich Obdachlose aufhielten. Auf dem Lande suchten sie
     in Scheunen und Silos, in leeren Hütten und Schloßruinen, auf Lichtungen, in Dickichten
     und Kornfeldern. Sie zeigten Fahrkartenverkäufern, Tankwarten, Fährbesatzungen und
     Zöllnern die Photographie. Alle Häfen und Flugplätze wurden überwacht; an jedem
     Paßkontrollschalter hing das Bild hinter dem Anschlagbrett.
    Die Polizei glaubte,
     nach einem gewöhnlichen Mörder zu suchen. Der Wachtmeister auf der Straße wußte, daß
     der abgebildete Mann in London zwei Menschen mit einem Messer getötet hatte. Höhere
     Beamte wußten etwas mehr: nämlich daß einem der Morde ein Vergewaltigungsversuch
     vorangegangen war, daß es für den zweiten anscheinend kein Motiv gab und daß der dritte
     – von dem ihre Männer nichts erfahren sollten – die Folge eines unerklärlichen, aber
     tödlichen Angriffs auf einen Soldaten im Zug von Euston nach Liverpool war. Nur die
     Polizeidirektoren und ein paar Beamte von Scotland Yard waren darüber im Bilde, daß der
     Soldat zeitweilig dem MI5 zugeteilt gewesen war und alle Morde mit der nationalen
     Sicherheit zu tun hatten.
    Auch die Journalisten glaubten, daß es sich um die
     übliche Fahndung nach einem Mörder handle. Am Tage nachdem Godliman die Einzelheiten
     bekanntgegeben hatte, brachten die meisten Zeitungen die Geschichte in ihren
     Spätausgaben; die Morgenblätter für Schottland, Nordirland und Norwales hatten sie noch
     nicht, veröffentlichten aber am nächsten Tag eine Kurzfassung.Das
     Opfer von Stockwell wurde als Arbeiter bezeichnet, hatte einen falschen Namen erhalten, und
     man hatte nur vage angedeutet, aus welcher Londoner Gegend es stammte. In Godlimans
     Pressemitteilung wurde dieser Mord mit dem Tode von Mrs. Una Garden im Jahre 1940 in
     Verbindung gebracht, der Zusammenhang blieb aber unklar. Als Mordwaffe wurde ein Stilett
     angegeben.
    Die beiden Zeitungen in Liverpool erfuhren sehr rasch von der Leiche im
     Zug; bei beiden kam man auf den Gedanken, daß der Londoner Stilettmörder verantwortlich
     sein könne. Beide baten die Polizei von Liverpool um Auskunft. Die Herausgeber der
     Zeitungen wurden vom Polizeichef der Stadt angerufen. Keiner druckte die Geschichte.
    Insgesamt nahm man 157 hochgewachsene, dunkelhaarige Männer fest, weil man sie für
     Faber hielt. Alle bis auf 29 von ihnen waren in der Lage zu beweisen, daß sie die Morde
     auf keinen Fall begangen haben konnten. Angehörige des MI5 verhörten die 29. Von ihnen
     konnten 27 Eltern, Verwandte und Nachbarn als Zeugen nennen, die bestätigten, daß sie in
     Großbritannien geboren und schon in den zwanziger Jahre dort gelebt hatten, als Faber noch
     in Deutschland gewesen war.
    Die beiden anderen wurden nach London gebracht und noch
     einmal vernommen, diesmal von Godliman. Beide waren Junggesellen, die allein lebten, keine
    

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