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Die Nadel.

Titel: Die Nadel. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follettl
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ich wollte ihn mir nicht vom
     Wetter verderben lassen. Sind Sie Fischer?«
    David schüttelte den
     Kopf. »Schafzüchter.«
    »Haben Sie viele Beschäftigte?«
    »Nur einen, den
     alten Tom.«
    »Ich nehme an, daß es noch mehr Schaffarmen auf der Insel gibt.«
    »Nein. Wir wohnen auf dieser Seite und Tom auf der anderen. Dazwischen gibt’s nichts
     als Schafe.«
    Faber nickte langsam. Das war gut, sehr gut. Eine Frau, ein Krüppel,
     ein Kind und ein alter Mann würden kein Hindernis für ihn sein. Und er fühlte sich schon
     viel kräftiger.
    »Wie halten Sie Kontakt mit dem Festland?« fragte Faber.
    »Alle zwei Wochen kommt ein Boot. Es ist am Montag fällig, aber wenn der Sturm
     anhält, wird wohl nichts draus. In Toms Haus steht ein Funkgerät, aber das können wir
     nur in Notfällen benutzen. Wenn man Sie suchen würde oder wenn Sie dringend ärztliche
     Hilfe brauchten, würde ich es tun. Aber wie die Dinge stehen, halte ich das nicht für
     nötig. Es hätte auch wenig Sinn; denn man kann Sie erst von der Insel herunterholen, wenn
     der Sturm nachgelassen hat. Und dann kommt das Boot sowieso.«
    »Natürlich.« Faber
     verbarg seine Freude. Die Frage, wie er das U-Boot am Montag benachrichtigen sollte, hatte
     ihn schon eine ganze Weile geplagt. Er hatte einen ganz normalen Radioempfängerim Wohnzimmer der Roses bemerkt, und zur Not hätte er daraus
     einen Sender bauen können. Doch daß Tom ein echtes Funkgerät besaß, machte alles so
     viel leichter.
    »Wozu braucht Tom so etwas?« fragte Faber.
    »Er gehört zum
     Königlichen Flugmeldekorps. Aberdeen wurde im Juli 1940 bombardiert. Weil es keinen
     Fliegeralarm gegeben hatte, starben fünfzig Menschen bei dem Angriff. Damals wurde Tom in
     Dienst gestellt. Zum Glück ist sein Gehör besser als seine Sehkraft.«
    »Vermutlich kommen die Bomber aus Norwegen?«
    »Vermutlich.«
    Lucy stand
     auf. »Wollen wir nicht ins Wohnzimmer gehen?« Die beiden Männer folgten ihr. Faber
     spürte keine Schwäche, kein Schwindelgefühl. Er hielt die Wohnzimmertür für David auf,
     der dicht an das Kaminfeuer heranrollte. Lucy bot Faber Brandy an. Als er dankend ablehnte,
     goß sie einen für ihren Mann und für sich ein.
    Faber lehnte sich zurück und
     musterte das Paar. Lucy sah wirklich auffallend gut aus: Sie besaß ein ovales Gesicht,
     weit auseinanderstehende, ungewöhnlich bernsteinfarbene Augen, die an die einer Katze
     erinnerten, und üppiges dunkelrotes Haar. Unter dem männlichen Fischerpullover und der
     ausgebeulten Hose zeichte sich eine gute, füllige Figur ab. Wenn sie ihr Haar in Locken
     legen würde und Seidenstrümpfe und ein Cocktailkleid anzöge, wäre sie eine berückende
     Schönheit. Auch David wirkte fast hübsch – bis auf den Schatten eines sehr dunklen
     Bartes. Sein Haar war beinahe schwarz, und er hatte einen südländischen Teint. Er wäre
     groß gewesen, wenn er Beine gehabt hätte, die der Länge seiner Arme entsprachen. Faber
     nahm an, daß diese Arme sehr kräftig und muskulös waren, wenn er den Rollstuhl schon
     jahrelang damit fortbewegt hatte.
    Ja, sie waren ein attraktives Paar – aber irgend
     etwas stimmte ganz und gar nicht zwischen den beiden. Faber war kein Experte in Sachen Ehe,
     doch bei seiner Ausbildung in Verhörtechniken hatte man ihm beigebracht, die stumme
     Sprache des Körpers zulesen, aus kleinen Gesten zu entnehmen, ob jemand
     erschrocken oder selbstbewußt war, etwas verbarg oder log. Lucy und David blickten
     einander nur selten an und berührten sich nie. Sie sprachen mehr mit ihm als
     miteinander. Die Spannung zwischen ihnen war enorm. Sie waren wie Churchill und Stalin, die
     eine Zeitlang Seite an Seite kämpfen mußten und darum ihre tiefe Feindschaft nicht an die
     Oberfläche kommen ließen. Faber fragte sich, welches Trauma wohl diesem distanzierten
     Verhalten zugrunde lag. Dieses behagliche kleine Haus mußte ein Dampfdruckkessel der
     Gefühle sein – trotz seiner Teppiche und seiner leuchtenden Farben, seiner geblümten
     Sessel, lodernden Kaminfeuer und eingerahmten Aquarelle. Allein zu leben, mit diesem
     untergründigen Haß und nur einem alten Mann und einem Kind als Gesellschaft . . . Faber
     erinnerte sich an ein Stück, das er in London gesehen hatte, von einem Amerikaner mit dem
     Vornamen Tennessee.
    David stürzte plötzlich seinen Drink hinunter und sagte: »Ich
     muß mich hinlegen. Mein Rücken tut weh.«
    Faber erhob sich. »Entschuldigen Sie
     – jetzt sind Sie

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