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Die nächste Begegnung

Die nächste Begegnung

Titel: Die nächste Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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Kenji mit einem Lachen. »Aber es fällt mir sehr schwer, mich an irgendwas oder irgendwen von dem Abend zu erinnern — außer an Keiko..
    Watanabe senior leerte seine Sakeschale. Die jüngere Bedienerin, die unauffällig in einem Winkel des mit Tatamis ausgelegten Raumes gekauert hatte, rutschte an den niedrigen Tisch heran und füllte Sake nach. »Kenji, ich mache mir Sorgen wegen dieser Kriminellen«, sagte Kenjis Vater, nachdem die Dame sich entfernt hatte.
    »Was meinst du denn damit, Vater?«, fragte Kenji.
    »In einer Zeitschrift habe ich einen langen Artikel gelesen, in dem steht, dass die ISA ein paar Hundert Strafgefangene für eure Lowell-Kolonie selektiert hat. Da hieß es zwar, dass sämtliche auserwählten Verbrecher nicht nur exzellente Rehabilitationsberichte für die Zeit ihrer Inhaftierung vorweisen könnten, sondern auch über außergewöhnliche persönliche Fähigkeiten verfügen. Aber wozu ist es überhaupt nötig, straffällige, verurteilte Personen aufzunehmen?«
    Kenji tr ank einen tiefen Schluck von seinem Bier. »Um die Wahrheit zu sagen, Vater«, antwortete er, »es hat da einige Schwierigkeiten beim Einstellungsprozess gegeben. Anfangs hatten wir eine etwas unrealistische Erwartung, bezüglich der Zahl der Bewerber, meine ich, und wir haben einen viel zu scharfen Auswahlraster angesetzt. Zweitens war die Minimalverpflichtung von fünf Jahren ein Fehler. Die Entscheidung, sich für eine so lange Zeitspanne zu binden, ist — ganz besonders für jüngere Menschen — eine überwältigend große Belastung. Und was vielleicht die größte Rolle dabei spielte, die Medien haben das ganze Auswahlverfahren schwer erschüttert. Als wir begannen, um Bewerbungen zu bitten, gab es sofort unzählige Artikel in Zeitschriften und sogenannte Specials im Fernsehen über die Aufgabe der Marskolonien vor einem Jahrhundert. Die Leute hatten einfach Angst, dass sich die Geschichte wiederholen könnte und dann auch sie für immer im Stich gelassen auf dem Mars sitzen würden.«
    Kenji machte eine Pause, aber sein Vater sagte nichts. »Außerdem — und das weißt du ja nur zu genau — waren dem Projekt immer wieder neue Finanzierungskrisen beschieden. Und in einem Haushaltsengpass im letzten Jahr wurde erstmals daran gedacht, eventuell hochqualifizierte Modellsträflinge anzuwerben, als eine Methode, unsere Personal- und Budget-Schwierigkeiten teilweise zu lösen. Trotz der ihnen gebotenen, sehr bescheidenen Entlohnung gab es eine ganze Reihe zusätzlicher Anreize für Straftäter, sich zu bewerben. Die Wahl bedeutete für den Sträfling den völligen Straferlass, also die Freiheit, sobald er nach seinem Fünfjahresvertrag zur Erde zurückkehrt. Außerdem sollten die Exsträflinge in der Lowell-Kolonie Vollbürger und allen anderen gleichrangig sein und würden demzufolge nicht mehr der lästigen Kontrolle und Überwachung ihrer intimsten Aktivitäten unterworfen sein ...«
    Kenji brach ab, als zwei kleine Stückchen auf dem Hibachi gegarten Fischs, zart und elegant auf verschiedenem Blattgemüse angeordnet, vor sie auf den Tisch gestellt wurden. Vater Watanabe ergriff eines der Fischchen mit den Essstäbchen und biss ein kleines Stück davon ab. » Oishii desu!«, bemerkte er, ohne seinem Sohn einen Blick zu schenken.
    Kenji nahm sich sein Fischstückchen. Das Thema der Sträflinge in der Lowell-Kolonie war offenbar beendet. Er schaute an seinem Vater vorbei auf den bezaubernden Garten, für den das Restaurant ebenfalls so berühmt war. Über polierte Steinstufen rieselte ein schmales Bächlein an einem halben Dutzend exquisiter Zwergbäume vorbei. Beim traditionellen japanischen Festmahl war der Platz mit dem Blick auf den Garten stets dem Ehrengast vorbehalten. Kenjis Vater hatte darauf bestanden, dass der Sohn bei dieser letzten gemeinsamen Mahlzeit den Gartenblick genieße.
    »Ihr habt keine chinesischen Kolonisten anlocken können?«, fragte der Vater, nachdem sie die Fischspeise beendet hatten.
    Kenji schüttelte den Kopf. »Nur einige aus Singapur und Malaysia. Die chinesische Regierung und ebenso die Brasiliens verbot es den Bürgern, sich zu bewerben. Die Entscheidung Brasiliens kam nicht unerwartet — das südamerikanische Imperium liegt quasi im Krieg mit COG —, doch wir hatten gehofft, dass die Chinesen ihre starre Ablehnung mildern würden. Aber vermutlich sind hundert Jahre Isolationismus nicht so leicht abzustreifen.«
    »Du kannst es ihnen wirklich nicht verübeln«, bemerkte Watanabe

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