Die nächste Begegnung
ich soll mitmachen ... Und ich war absolut grauenhaft. Ein paar von denen haben mich ausgelacht.«
Also gab Nicole auch Patrick eine feste, mütterlich-zärtliche Umarmung. Aber Patrick ist stark, dachte sie, als sie wieder in ihr Schlafzimmer zurückging. Und doch, sogar er braucht mich als Stütze. Sie holte tief Luft. Mache ich es wirklich richtig, fragte sie sich wieder einmal — zum wievielten Mal? —, seit sie sich so tief in all die vielschichtigen Planungsaspekte der Kolonie eingelassen hatte. Ich fühle mich dermaßen voll verantwortlich für alles hier. Ich möchte, dass das New Eden einen anständigen Start bekommt .. . Trotzdem, meine eigenen Kinder haben einfach mehr Anspruch auf meine Zeit ... Werde ich da jemals die richtige Ausgewogenheit erreichen?
Richard schlief noch nicht, als sie sich zu ihm unter die Decken kuschelte. Sie berichtete ihm, was Benjy erlebt hatte. »Es tut mir leid, dass ich ihm nicht helfen konnte«, sagte Richard. »Aber es gibt halt Dinge, wo nur eine Mutter .. .
Nicole war dermaßen erschöpft, dass sie das Ende des Satzes nicht mehr hörte. Sie schlief. Er fasste sie fest am Arm. »Nicole! Da ist noch was, worüber wir reden müssen. Und leider lässt sich das nicht aufschieben — wir werden beide morgen früh möglicherweise nicht eine Minute für uns haben.«
Sie rollte sich wieder herum und blickte ihn fragend an. »Es geht um Katie«, sagte er. »Und da brauche ich wirklich deine Hilfe ... Die machen schon wieder mal, morgen Abend, eine von diesen Jugendkontakt-Tanzfeten ... du weißt doch, wir sagten zu Katie, sie kann hingehen, letzte Woche, aber nur, wenn Patrick sie begleitet und wenn sie zu 'ner vernünftigen Zeit heimkommen ... Also, ich hab sie heut Abend zufällig gesehen, wie sie vor ihrem Spiegel herumposierte ... in einem neuen Kleid. Ein ganz kurzes Ding und höchst enthüllend. Als ich sie darauf ansprach und sagte, das sei ja wohl nicht ganz das Passende für eine zwanglose Tanzparty, bekam sie einen Tobsuchtsanfall. Behauptete, ich spionierte ihr nach, und informierte mich, dass ich in Sachen Mode ein hoffnungsloser Ignorant sei.«
»Was hast du gesagt?«
»Ich hab ihr ernst zugeredet. Und sie hat mich bloß eisig angefunkelt und keinen Ton gesagt. Und kurz darauf verließ sie ohne ein Wort das Haus. Die Kinder und ich aßen ohne sie ... heimgekommen ist sie dann knapp eine halbe Stunde vor dir, und sie stank nach Tabak und Bier. Als ich mit ihr reden wollte, fauchte sie bloß >Lass mich in Ruhe! < und schmetterte ihre Tür zu.«
Das habe ich die ganze Zeit befürchtet, dachte Nicole. Schweigend lag sie neben Richard. Die Warnzeichen waren ja alle schon sichtbar, seit sie ein kleines Mädchen war. Sie ist blitzgescheit, aber eben auch egozentrisch und impulsiv .. .
»Ich hatte vor, ihr zu sagen, dass sie morgen Abend nicht tanzen gehen kann«, sprach Richard weiter, »aber dann wurde mir klar, dass sie nach allen normalen Regeln ja erwachsen ist. In ihrer Registrationsakte im Verwaltungszentrum steht, dass sie vierundzwanzig Jahre alt ist. Wir dürften sie also wirklich nicht behandeln wie ein Kind.«
Aber emotional ist sie etwa auf dem Entwicklungsstand einer Vierzehnjährigen, dachte Nicole. Sie wand sich fast vor Beschämung, als Richard sämtliche Schwierigkeiten herunterzubeten begann, die sie mit Katie gehabt hatten, seitdem die ersten andren Erdenmenschen nach Rama gekommen waren. Für sie zählt nichts anderes als Aufregung und Abenteuer.
Sie erinnerte sich an den Tag mit Katie im Hospital. Eine Woche vor der Ankunft der Ninha-Kolonisten. Die hochtechnisierte Einrichtung faszinierte Katie, und sie interessierte sich ernstlich für die Funktionen; als aber Nicole fragend andeutete, ob Katie nicht vielleicht in der Klinik arbeiten wolle, bis die Universität begann, lachte sie nur. »Machst du Witze? Ich könnte mir nichts Öderes vorstellen. Besonders wo es dann Hunderte von neuen Leuten gibt, die ich kennen lernen kann.«
Wir beide, Richard und ich, können nicht viel tun. Nicole seufzte. Wir können uns nach ihrer Zuneigung sehnen und ihr unsere Liebe anbieten, aber sie ist ja längst fest überzeugt, dass unser ganzes Wissen und unsere Erfahrungen für sie bedeutungslos sind.
Dann war es still im Zimmer. Nicole beugte sich zu Richard hinüber und küsste ihn. »Ich rede morgen wegen dieses Kleides mit Katie«, versprach sie, »aber ich bezweifle, dass es was nützen wird.«
Patrick saß einsam auf einem Klappstuhl an der Wand der
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