Die nächste Begegnung
die Kanji Watanabe gewonnen hatte — der Verlierer gewesen war. Nakamura bot dem Schotten den Gouverneursposten im Austausch gegen dessen Gefolgschaftstreue.
Es gab in ganz New Eden nichts, was sich mit Vegas hätte vergleichen können. Das von den Wakefields und dem Adler entworfene Architekturprinzip hatte grundsätzlich Knappheit und Funktionalität bis ins Extrem vorgesehen, einfache Linienführung und schlichte Fassaden. Vegas dagegen war protzig, von vulgärer Geschmacklosigkeit, eine wirre Wucherung aus einem Mischmasch unterschiedlicher Architekturstile. Doch interessant war es, und der junge Patrick O'Toole war sichtlich beeindruckt, als er mit Max Puckett durch das Tor zu dem Gelände trat.
»Mensch!«, sagte er und starrte auf das gigantische, blinkende Lichterspiel über dem Eingang.
»Ich möchte deiner Bewunderung wirklich nicht zu nahetreten, mein Junge«, sagte Max und zündete sich eine Zigarette an, »aber mit dem Strom, den diese eine Leuchtreklame da frisst, könnte man fast einen Quadratkilometer von GEDs betreiben. «
»Du redest genau wie meine Eltern«, murrte Patrick.
Bevor man Zutritt zum Casino oder einen der Clubs bekam,
musste jeder Besucher sich im Hauptregister eintragen. Nakamura verpasste keine Chancen. Er verfügte über komplette Dossiers darüber, was jeder Besucher bei jedem Besuch jeweils unternommen hatte. Auf diese Weise konnte er abwägen, welche seiner Geschäftsbereiche vergrößert werden sollten, und (was noch wichtiger war) er war über das/die bevorzugte/n >Laster< eines jeden Besuchers genau im Bilde.
Max und Patrick betraten das Casino. An einem der beiden Craps-Tische versuchte Max dem jungen Mann die Spielregeln zu erklären. Aber Patrick hörte kaum zu, er konnte die Augen nicht von den Cocktail-Serviererinnen in ihren knappen Kleidchen abwenden.
»Hast du schon mal gebumst, Junge?«, fragte Max plötzlich.
»'tschuldigung, Sir?«, erwiderte Patrick.
»Also, du weißt schon, hast du schon mal gefickt — ich meine, sexuellen Verkehr mit einer Frau gehabt?«
»Nein, Sir«, antwortete Patrick.
Eine Stimme in Max' Kopf sagte ihm, dass es nicht seine Sache sei, den Jungen in die Welt des Vergnügens einzuführen. Doch dieselbe Stimme erinnerte Max auch daran, dass hier New Eden war und eben nicht Arkansas/USA; sonst hätte er Patrick mit Freuden nach Xanadu rübergenommen und ihm seine erste Nummer spendiert.
Im Casino drängten sich über hundert Leute, eine gewaltige Menge angesichts der Kleinheit der Kolonie, und alle schienen sich zu amüsieren. Und die Servierhäschen servierten zudem kostenlose Drinks, so rasch sie nur konnten. Max griff sich eine Margarita und eine zweite für Patrick.
»Ich seh nirgends Bioten«, bemerkte der Junge.
»Hier im Casino gibt es keine«, erwiderte Max. »Nicht mal an den Spieltischen, wo sie viel effizienter wären als Menschen. Dieser Japsenking glaubt, ihre Anwesenheit würde den Spielbetrieb dämpfen. Aber in allen Restaurants bedienen nur sie.«
»Max Puckett, also ich werd nicht wieder.«
Die beiden Männer fuhren herum. Eine bildschöne junge Frau in einem schmiegsamen rosa Kleid kam auf sie zu. »Ich hab dich ja monatelang nicht mehr gesehen«, sagte sie.
»Hallo, Samantha«, sagte Max nach einem ganz uncharakteristischen sekundenlangen Schweigen.
»Und wer ist dieser hübsche junge Mann da?«, fragte Samantha und ließ die langen Wimpern zu Patrick hinaufflattern.
»Das ist Patrick O'Toole«, erwiderte Max. »Er ist ...«
»Oh, meine Güüüte«, rief die Frau. »Ich bin noch nie einem der ori-gi-nalen Kolonisten begegnet.« Sie betrachtete Patrick eine ganze Weile, ehe sie weitersprach: »Sag mir, Mister O'Toole, ist es wirklich wahr, dass ihr jahrelang geschlafen habt?«
Patrick nickte verlegen.
»Meine Freundin Goldie sagt nämlich, die ganze Geschichte ist Quatsch, und du und deine ganze Familie, ihr seid in Wirklichkeit alle Agenten der IIA. Sie glaubt auch nicht, dass wir überhaupt aus dem Mars-Orbit raus sind ... Goldie sagt, auch diese ganze Langweilerei in den Schlaftanks war bloß ein Teil von dem ganzen Schwindel..
»Ich versichere dir«, entgegnete Patrick, »dass wir wirklich jahrelang geschlafen haben. Ich war erst sechs Jahre alt, als meine Eltern mich in einen Container legten. Und als ich aufwachte, sah ich etwa so aus wie jetzt.«
»Also, das finde ich ja fas-zi-nierend, auch wenn ich keine Ahnung hab, was ich von dem Ganzen halten soll ... Und du, Max, was treibst du denn so? Ach,
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