Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die nächste Begegnung

Die nächste Begegnung

Titel: Die nächste Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
Vom Netzwerk:
nicht. Er hat viele lange Stunden hier zugebracht in der letzten Zeit, dachte Nicole mit einigem Schuldgefühl. obwohl er glaubt, dass es falsch ist, was er macht.
    Ursprünglich hatte Richard sich geweigert, an der Entschlüsselung der Algorithmen mitzuarbeiten, durch die das Wetter in New Eden gesteuert wurde. Nicole erinnerte sich sehr genau an ihre Gespräche darüber. »Wir haben uns beide dazu entschlossen, an dieser Demokratie mitzuwirken«, hatte sie ihm vorgehalten. »Wenn jetzt du oder ich es vorziehen, uns über ihre Gesetz hinwegzusetzen, dann liefern wir ein gefährliches Beispiel für alle anderen ...«
    »Es handelt sich aber nicht um ein Gesetz«, hatte Richard entgegnet. »Es geht bloß um Resolution. Und du weißt ebenso gut wie ich, dass es eine unglaublich stupide Idee ist. Ihr beide, du und Kenji, habt sie bekämpft ... Ach, übrigens, warst nicht du es, die mir mal ganz apodiktisch erklärt hat, wir hätten die Pflicht, gegen die hirnlose Blödheit der Mehrheit anzugehen?«
    »Richard, bitte ... «, hatte Nicole damals gesagt. »Natürlich kannst du jedermann erklären, warum du diese Resolution für verkehrt hältst. Aber diese Sache mit dem Knacken der Umweltalgorithmik ist nun einmal zu einem strittigen Thema im Wahlkampf geworden. Die ganze Kolonie weiß, dass wir mit den Watanabes befreundet sind. Wenn du die Resolution jetzt einfach ignorierst, dann sieht das so aus, als versuchte Kenji eine bewusste Hintertreibung .. .
    Nicole ließ während dieser Erinnerungen den Blick durch das Studio schweifen. Mit einiger Verblüffung entdeckte sie, als ihre Gedanken sich wieder der Gegenwart zuwandten, dass sie starr auf drei kleine Figuren in einem offenen Bord über Richards Werktisch gestarrt hatte. Prinz Hai und Falstaff, dachte sie, und TB selber ... Wie lang ist das her, seit Richard uns mit ihnen erfreut hat?
    Sie erinnerte sich an die langen Wochen voll Ödnis, nachdem die Familie aus dem jahrelangen Schlaf erwacht war. Während der Wartezeit, bis die Kolonisten eintrafen, waren Richards Miniroboter fast ausschließlich für Spaß und Unterhaltung aufgekommen. Nicole hörte noch immer das fröhliche Gelächter der Kinder und sah, wie ihr Mann selig und vergnügt grinste. Aber damals war das Leben einfacher, aber viel simpler, sagte sie zu sich selber und schloss die Tür zum Arbeitszimmer, ehe sie weiterging. Ehe alles im Leben wieder zu kompliziert wurde, als dass man noch Zeit und Lust zum Spielen hatte. Und nun sitzen deine kleinen Freunde stumm da droben.
    Unter der Straßenbeleuchtung blieb sie kurz beim Fahrradschuppen stehen. Sie zögerte, schaute sich ihr Rad an und machte dann kehrt und bog ums Haus zum Hintergarten. Eine Minute später hatte sie das Rasenstück hinter dem Haus durchquert und war auf dem Pfad, der sich den Hang zum Mount Olympos hinaufschlängelte.
    Sie schritt kräftig aus, achtete nicht auf ihre Umgebung.
    Ihre Gedanken wanderten von einer Sache zur anderen, von den Problemen, die New Eden zu schaffen machten, zu ihrem absonderlichen Traumstern und zu ihrer Sorge um die Kinder, besonders um Katie.
    Sie kam an eine Weggabelung. Eine kleine Tafel erklärte, dass der links abgehende Weg zur Station der Seilbahn führte, die achtzig Meter weiter vorn lag und von wo aus man bequem bis zum Gipfel fahren konnte. Nicoles Anwesenheit an der Weggabelung wurde elektronisch registriert und bewirkte, dass von der Seilbahnstation her ein Garda-Biot auf sie zukam.
    »Mach dir keine Mühe!«, rief Nicole. »Ich geh zu Fuß!«
    Beim Anstieg über die Serpentinen den Hang hinauf wurde die Aussicht auf die Kolonie immer spektakulärer. In fünfhundert Metern Höhe machte Nicole an einem der Aussichtspunkte halt (es waren knappe drei Kilometer Fußweg von zu Hause) und blickte über das ganze New Eden hin. Die Nacht war klar, fast keine Feuchtigkeit in der Luft.
    Heute regnet es also nicht, dachte Nicole. An Tagen, an denen die Regenschauer fielen, hatte sie festgestellt, waren die Morgen stets voll Wasserdunst. Direkt unter ihr lag das Dorf Beauvois — die Lichter der neuen Möbelfabrik erlaubten es ihr, selbst aus dieser Entfernung fast alle die vertrauten Gebäude in ihrem Distrikt auszumachen. Das Village San Miguel im Norden lag hinter einem Hügel verborgen. Doch auf der gegenüberliegenden Seite, weit jenseits der lichterlosen Central City, machte Nicole den Flimmerschein von Nakamuras Domäne Vegas aus.
    Sofort sank ihre Stimmung drastisch ab. Dieses verdammte Sündenbabel

Weitere Kostenlose Bücher