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Die nächste Begegnung

Die nächste Begegnung

Titel: Die nächste Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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nach oben und nach unten. Oder aber ich kann natürlich hier hängenbleiben und — auf ein Wunder hoffen !
    Dann fiel ihm ein, dass auf den Schrei seines Prinzen-Roboters Hai hin sehr schnell ein Avianer aufgetaucht war, und er begann zu brüllen. Nach zwei Minuten wurde ihm das zu anstrengend, und er begann zu singen. Er sang mit kurzen Unterbrechungen fast eine Stunde lang. Anfangs waren es die Lieder aus seinen Studententagen an der Cambridge Universi ty ; dann ging er zu Pop über, der in den einsamen Jahren seinerJugendzeit in Mode war. Er war erstaunt, wie genau er sich noch an die Texte erinnerte. Unser Gedächtnis ist eine bemerkenswerte Einrichtung, überlegte er. Aber wodurch ist diese selektive Kapazität bestimmt? Wieso kann ich mich nahezu perfekt an die Texte dieser blöden Songs aus meinen frühen Jahren erinnern, aber an fast nichts von meiner Odyssee in Roma?
    Er holte sich aus seinem Pack eine weitere Wasserration, als auf einmal das Licht im Avianer-Habitat auf fl ammte. Er war dermaßen überrascht, dass er den Halt in der Wand verlor, und ein paar Augenblicke lang hing er mit seinem ganzen Gewicht im Seil. Das Licht war nicht blendend-grell wie etwa seinerzeit, als in Rama-II die Morgendämmerung anbrach, während er im Sessellift hing, doch es war eben doch Licht. Als er sich wieder abgesichert hatte, begann er die >Welt< zu betrachten, die sich nun vor ihm auftat.
    Die Lichtquelle war ein gewaltiger verdeckter Ball, der von der Decke des Habitates herabhing. Richard schätzte die Entfernung zu dieser Kugel auf etwa vier Kilometer und auf etwa einen Kilometer direkt über der hervorstechendsten Struktur in seinem Blickfeld, einem dicken braunen Zylinder im Zentrum des Habitats. Die oberen drei Viertel des glühenden Leuchtballs waren von einer opaken Hülle bedeckt, sodass sein Licht größtenteils nach unten strahlte.
    Der Grundriss des Habitats ließ eine radiale Symmetrie erkennen. Im Zentrum befand sich der senkrechte braune Zylinder, der aussah, als sei er aus Erde geformt und der von der Spitze bis zu seiner Basis so an die fünfzehnhundert Meter hoch sein mochte. A ll erdings sah Richard nur die eine Seite dieses Gebildes, doch aus der Krümmung schloss er auf einen Durchmesser von zwei bis drei Kilometern.
    An der Außenwandung des Zylinders waren weder Fenster noch Türen zu sehen, und es drang nirgendwo Licht aus dem Innern. Das einzige strukturelle Muster, das erkennbar wurde, bestand in einer Reihe von breit gelagerten Kurvenlinien, die von der Spitze ausgingen und offenbar spiralig um den ganzen Zylinder verliefen, bis sie wieder exakt unter ihrem Ausgangspunkt am Fuß endeten. Und der Fuß dieses Zylinders befand sich schätzungsweise etwa in Höhe der Schleuse, durch die Richard in das Habitat vorgestoßen war.
    Rings um den Zylinder waren in einem konzentrischen Ring kleinere weiße Gebilde angeordnet; der Ring war etwa dreihundert Meter breit. Die beiden nördlichen Quadranten (Richard war durch die Luke in der Nordhälfte in das AvianerHabitat eingedrungen) sahen völlig identisch aus; beide wiesen fünfzig, sechzig Bauten, alle nach dem gleichen Muster, auf. Aus der symmetrischen Anordnung schloss Richard, dass die beiden anderen (unsichtbaren) Quadranten nach dem gleichen Plan angelegt sein mussten.
    Um den Gebäudegürtel verlief ein etwa achtzig Meter breiter Kanal. Der Kanal und die ringförmig angeordneten weißen Bauten befanden sich auf einem Plateau, das in gleicher Höhe lag wie der Fuß des braunen Zylinders. Ein weiter Bereich an der Außenseite des Kanals mit, wie es den Anschein hatte, überwiegend Vegetation, die primär grün war, machte den Rest des Habitats aus. Das Terrain im Grünbereich fiel vom Kanal flach zum Rand des vierhundert Meter breiten Grabens ab, der dicht an die Innenwandung grenzte. Die vier identischen Quadranten im Grünbereich waren jeweils wieder in vier Sektoren unterteilt, die Richard (kühn) auf terrestrische Analogien bezogen als >Dschungel<, Weideland< und >Wüste< definierte.
    Richard schaute sich zehn Minuten lang in der immensen Landschaft um. Aber da der Helligkeitspegel proportional zu der Entfernung vom Zylinder abnahm, konnte er auch die ihm näheren Regionen kaum klarer ausmachen als die ferneren. Trotzdem waren die Einzelheiten beeindruckend. Je länger er schaute, desto mehr Details fielen ihm auf. Im Grünbereich gab es kleine Seen und Flüsse, im Kanalgürtel hin und wieder eine kleinere Insel, und zwischen

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