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Die nächste Begegnung

Die nächste Begegnung

Titel: Die nächste Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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— dachte ich erneut über diesen Tag nach und wurde sehr traurig, und mich überkam ein Verlustgefühl, das ich nicht so recht in Worte fassen konnte. Die Nebeneinanderstellung dieser von mir zurückweichenden Sonne und meiner Teenager-Erinnerung, wie ich da kühne Gelübde und Schwüre gegenüber einer seit fast tausend Jahren toten Königin ablege, erinnerten mich daran, dass alles, was ich vor Rama gewusst und gekannt habe, nun obsolet ist. Meine beiden kleinen Mädchen werden diese Orte niemals sehen, die für mich und Genevieve so viel Bedeutung hatten. Sie werden nie wissen, wie eine Wiese nach der ersten Mahd im Frühling riecht, wie bestürzend die Leuchtkraft der Blumen ist, wie Vogellaute klingen. Auch nicht, wie prachtvoll der volle Mond aus dem Meer heraufsteigt. Sie werden den Planeten Erde überhaupt nie kennen lernen und nichts davon, was auf ihm lebte — nur uns, diese unzulänglichen, willkürlich zusammengeführten Mitglieder einer Mannschaft, die sie dann als ihre »Familie< bezeichnen lernen werden, diese schäbigen Repräsentanten eines überschäumenden Lebens auf einem einst gesegneten Planeten.
    In dieser Nacht weinte ich leise minutenlang in mich hinein, wusste aber dabei, während mir die Tränen runterliefen, dass ich am nächsten Morgen wieder meine optimistische Maske auf dem Gesicht tragen würde. Schließlich könnte es ja viel übler sein, das alles. Uns stehen die wesentlichen Bedürfnisbefriedigungen zur Verfügung: Nahrung, Wasser, ein Obdach, Kleidung, und wir sind gesund, haben Gesellschaft und (versteht sich) Liebe. Und das, die Liebe, ist das unabdingbar Wichtigste, wenn ein menschliches Leben glücklich sein soll — ob auf Erden oder in Rama. Und wenn Simone und Katie von der Welt, die wir hinter uns gelassen haben, nur lernen, dass es dort Liebe gab ... es wird genügen.

    7
    31-03-2204
    Ein in jeder Hinsicht ungewöhnlicher Tag. Erstens verkündete ich, sobald alle wach waren, dass wir diesen Tag dem Andenken der aquitanischen Eleonore widmen wollten, die — falls die Geschichtsschreibung korrekt ist und wir in unserem Kalender keine Fehler gemacht haben — genau heute vor tausend Jahren starb. Zu meinem Entzücken stimmte die ganze Familie meinem Vorschlag zu, und Richard und Michael erklärten sich sofort bereit, bei den Festlichkeiten zu helfen. Michael, dessen kunstgeschichtlicher Kurs inzwischen von einem über die Kochkunst abgelöst ist, schlug vor, er könne uns ein >spezielles mittelalterliches Frühmahl< (einen >Brunch<) zu Ehren der Königin bereiten. Richard schoss mit TB davon, nachdem er mir zugeflüstert hatte, der kleine Roboter werde als Henry Plantagenet wieder in Erscheinung treten.
    Ich hatte für Simone eine historische Kurzfassung entwickelt, um sie mit Eleanor und der Welt des Mittelalters im 12. und 13. Jh. bekannt zu machen. Sie lauschte ungewöhnlich aufmerksam. Sogar Katie, die sonst nie länger als fünf Minuten stillsitzen kann, zeigte sich kooperativ und störte uns nicht. Sie spielte fast den ganzen Morgen leise mit ihrem Babyspielzeug. Am Ende der Geschichtslektion fragte mich Simone, warum Queen Eleanor gestorben sei. Und als ich ihr antwortete, die Königin sei sehr, sehr alt gewesen* ) , fragte meine drei Jahre alte Tochter, ob sie denn dann >in den Himmel gegangen< sei.
    »Wie kommst du denn darauf?«, fragte ich.
    »Onkel Michael hat das gesagt«, antwortete Simone. »Er sagt, gute Leute gehen in den Himmel, wenn sie sterben, und die schlechten wandern in die Hölle.«
    Nach einigem Nachdenken sagte ich: »Manche Leute glauben, dass es so was wie einen Himmel gibt, andere glauben an etwas anderes, das sie Reinkarnation nennen. Da kommen die Menschen wieder zurück und leben noch einmal als eine andere Person oder auch in verschiedener Tiergestalt. Und manche glauben auch, dass unsere Existenz ein begrenztes Wunder ist und einen besonderen Anfang hat und einen Schluss, ein Ende, das mit dem Tod eines jeden einmaligen und einzigartigen Lebewesens eintritt.« Ich lächelte und fuhr ihr durchs Haar.
    »Und was glaubst du, Mami?«, fragte meine Kleine dann.
    Mich überkam fast so etwas wie Panik. Ich versuchte mit ein paar Kommentaren Zeit zu gewinnen, während ich mir die Antwort überlegte. Mir fuhr ein Zitat aus meinem liebsten Gedicht von Eliot durch den Kopf » to lead you to an overwhelming question — und verschwand wieder. Glücklicherweise kam mein Retter!
    »Mög es euch wohlergehen, junge Frau ...« Der Miniroboter Shakespeare

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