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Die nächste Begegnung

Die nächste Begegnung

Titel: Die nächste Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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Gesprächen voll von den Medici und den Renaissance-Päpsten seiner Kirche, von Michelangelo, Raphael und den andren großen Malern der Zeit. Inzwischen ist er tief im 19. Jahrhundert, das ich kunstgeschichtlich interessanter finde. Wir hatten kürzlich zahlreiche Diskussionen über die >Revolution< der Malerei im Impressionismus, aber Michael akzeptiert mein Argument nicht, dass der Impressionismus lediglich ein natürlicher Nebeneffekt beim Auftreten der Fotografie gewesen sei.
    Michael verbringt viele Stunden mit Simone. Er ist geduldig, behutsam und lieb. Ihre Entwicklung hat er sorgfältig überwacht und die wichtigsten Markierungspunkte in seinem elektronischen Notizbuch festgehalten. Derzeit erkennt Simone 21 ihrer 26 Buchstaben optisch (sie verwechselt noch C und S und Y und V — und aus irgendeinem Grund kann sie d as K nicht erfassen), und an guten Tagen kann sie bis zwanzig zählen. Sie erkennt auch exakt Zeichnungen von Ramavögeln, Oktarachniden und den vier meistverbreiteten Biotenarten. Außerdem kennt sie die Namen der zwölf Jünger des Jehoshuaben-Miriam, worüber auch Richard nicht besonders glücklich ist. Wir haben bereits ein >Gipfeltreffen< über die geistige Erziehung unserer Töchter abgehalten, und das Ergebnis war eine höfliche Nichtübereinstimmung.
    Und damit wäre ich bei meiner eigenen Verfassung. Meistens bin ich ja fröhlich und glücklich, obwohl es schon Tage gibt, an denen Richards Ruhelosigkeit oder Katies Gebrüll — oder ganz einfach das Gefühl, wie absurd und absonderlich unser Leben hier in dem Raumschiff der Aliens ist, zusammenwirken und mich überwältigen. Ich bin aber immer beschäftigt. Ich plane nahezu alle gemeinsamen Familienunternehmungen, entscheide, was wir essen und wann, und organisiere den Tag für die Kinder, einschließlich ihrer Schlafperioden. Und ich höre nicht auf, die alte Frage zu stellen, wohin wir gehen ... aber es deprimiert mich nicht mehr, dass ich darauf keine Antwort habe.
    In meinen geistigen Aktivitäten bin ich eingeschränkter, als ich es erlauben würde, wenn ich mich nur um meinen eigenen Kram kümmern müsste, aber ich sage mir dann eben immer vor, dass der Tag nur soundso viele Stunden hat. Oft führen Richard, Michael und ich lebhafte Diskussionen, also herrscht gewiss kein Mangel an geistiger Anregung. Aber keiner der beiden interessiert sich sehr für einige der intellektuellen Bereiche, die bei mir mein Leben lang stets wichtig waren. Meine Sprachbegabung beispielsweise und mein Interesse an Linguistik haben mich eigentlich seit meinen frühen Schultagen immer mit einem gewissen Stolz erfüllt. Vor einigen Wochen träumte ich was Fürchterliches: Ich hatte vollkommen die Fähigkeit verloren, in irgendeiner anderen Sprache als Englisch zu sprechen oder zu schreiben! Vierzehn Tage lang zog ich mich danach für zwei Stunden zurück, um nicht nur mein geliebtes Französisch aufzupolieren, sondern auch Italienisch und Japanisch wieder in den Griff zu bekommen.
    Letzten Monat, an einem Nachmittag, projizierte Richard auf den Schwarzschirm die Wiedergabe eines ramanischen Außenteleskops, dessen Optikwinkel unsere Sonne und tausend andere Sterne einfing. Die irdische Sonne war das hellste Objekt, aber eben nur kaum. Richard erinnerte Michael und mich daran, dass wir uns inzwischen mehr als zwölf Trillionen Kilometer von unserem Heimatplaneten entfernt hätten, der diesen unbedeutenden Sonnenstern so dicht umkreiste.
    Später am selben Abend schauten wir uns >Eleanor the Queen< an, einen von den etwa dreißig Filmen, die ursprünglich als Unterhaltungsprogramm für die Kosmonauten an Bord der Newton gespeichert gewesen waren. Der Film basierte vage auf den Erfolgsromanen meines Vaters über die Aquitanierin und zwar weitgehend an den Schauplätzen gedreht, die ich mit meinem Vater als junges Mädchen besucht hatte. Die letzten Filmsequenzen zeigten Eleanor während ihrer letzten Lebensjahre in der Abbaye de Fontevrault. Ich erinnere mich genau, ich war vierzehn Jahre alt und stand neben meinem Vater in dieser Abtei vor dem Bildnis Eleanors und umklammerte voll Gefühlsüberschwang seine Hände. »Du warst eine große Frau«, sagte ich zum Geist jener Königin, die im zwölften Jahrhundert eine so beherrschende Rolle in der Geschichte Frankreichs und Englands gespielt hatte, »und du sollst mir ein Beispiel sein, dem ich folgen will. Ich werde dich nicht enttäuschen.«
    In dieser Nacht — Richard schlief, und Katie gab momentan mal Ruhe

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