Die nächste Begegnung
mehrmals zu wecken. «
»Und warum habt ihr uns das nicht schon früher gesagt?«
»Weil darüber noch nicht befunden worden war. Das Szenario für euren Flug ist ziemlich kompliziert, und der Basisplan wurde erst vor kurzem klar bestimmt.«
»Ich will aber nicht, dass mein natürlicher physiologischer Alterungsprozess künstlich retardiert wird!«, sagte Katie. »Ich will eine richtig voll erwachsene Frau sein, wenn wir die andern, die Leute von der Erde, treffen! «
»Wie ich deiner Mutter und deinem Vater bereits gestern sagte«, erklärte der Adler Katie, »ist es von wesentlicher Bedeutung, dass es uns möglich ist, den Alterungsprozess zu verlangsamen, während du und deine Familie im Schlaf liegen. Wir wissen nicht ganz genau, wann ihr in das Sonnensystem eurer Herkunft zurückkehren werdet. Wenn ihr also beispielsweise fünfzig Jahre schlafen solltet ...«
» Waaas?« Richard unterbrach den Adler empört. »Wer hat da jemals w as von fünfzig Jahren gesagt? Wir sind hierher zu euch in zwölf, dreizehn Jahren gekommen. Wieso könnte ...?«
»Aber dann wäre ich ja älter als Mammi«, sagte Katie mit einem Ausdruck des Entsetzens im Gesicht.
Nicole kam aus dem Nebenzimmer zurück. »Was hör ich da von fünfzig Jahren? Wieso soll das so lang dauern? Fliegen wir vorher noch woandershin?«
»Allem Anschein nach«, antwortete Richard. Er war wütend. »Wieso hat man uns das alles nicht gesagt, ehe wir diese ganze Zuteilungsscheiße machen mussten? Wir hätten dann vielleicht anders geplant, ... Himmel, wenn das fünfzig Jahre dauern soll, dann sind ja wir, Nicole und ich, hundert!«
»Nein, das werdet ihr nicht sein«, entgegnete der Adler sachlich. »Wir schätzen, dass ihr, du und Mrs Wakefield, während wir euch in Suspension halten, nur um ein Jahr pro jeweils fünf oder sechs Jahre älter werdet. Bei den Kindern wird das Verhältnis eher bei zwei liegen, jedenfalls solange, bis ihr Wachstum beendet ist. Wir hüten uns, mit Wachstumshormonen allzu viel herumzumanipulieren. Und außerdem, diese fünfzig Jahre sind ein Oberlimit — ein irdischer Techniker würde es als Drei-Sigma bezeichnen.«
»Und jetzt hast du mich ganz durcheinandergebracht«, sagte Katie und baute sich direkt vor dem Adler auf. »Also, wie alt genau bin ich, wenn ich erstmalig einem menschlichen Wesen begegne, das nicht zur Familie gehört?«
»Diese Frage kann ich leider nicht exakt beantworten, weil dabei statistische Unwägbarkeiten mitspielen«, erwiderte der Adler. »Aber körperlich müsstest du etwa dem Stand deiner frühen Anfangs- und Mittzwanziger entsprechen. Jedenfalls wäre das die wahrscheinlichste Konsequenz.« Der Adler nickte Nicole zu. »Schön, das ist alles, was ich dazu sagen werde. Jetzt habe ich aber mit deiner Mutter zu arbeiten. Wir werden möglichst bis heut Abend zurück sein.«
»Wie üblich«, murrte Richard. »Man sagt uns praktisch gar nichts. Manchmal wünschte ich, wir wären nicht dermaßen kooperationsbereit gewesen!«
»Ja, ihr hättet größere Schwierigkeiten machen können«, bemerkte der Adler, während er sich mit Nicole zum Gehen anschickte, »und unsre Prognosen aufgrund unserer Observationsdaten deuteten auf weit weniger Bereitwilligkeit hin, als wir dann tatsächlich von euch erfuhren. Aber letzten Endes hätte das für das Ergebnis keinen beträchtlichen Unterschied bedeutet. Nun war es auf diese Art wohl ein wenig angenehmer für euch.«
»Ciao«, sagte Nicole.
»Tsch-ao«, sagte Benjy und winkte seiner Mutter nach, noch lange nachdem die Tür sich geschlossen hatte.
Es war ein langes Dokument. Nicole schätzte, dass sie wenigstens zehn, vielleicht fünfzehn Minuten benötigen würde, um den ganzen Text laut zu verlesen.
»Bist du nun bald durch?«, fragte der Adler erneut. »Wir würden gern so rasch wie möglich mit dem >Dreh<, wie ihr das nennt, anfangen.«
»Zuerst wirst du mir bitte noch einmal erklären, was mit diesem Video geschieht, wenn ich es gemacht habe!«, verlangte Nicole.
»Wir senden es mehrere Jahre, bevor ihr in eurem Sonnensystem eintrefft, in Richtung Erde. Damit haben eure Mitmenschengeschöpfe ausreichend Zeit für eine Antwort.«
»Und wie wollt ihr sichergehen, dass sie das tatsächlich empfangen haben?«
»Wir verlangen nichts weiter als ein einfaches Gegensignal mit der Empfangsbestätigung.«
»Und wenn das nie kommt?«
»Dafür gibt es die Kontingenzpläne.«
Nicole hatte gewaltige Hemmungen und ungute Gefühle, ob sie die Botschaft verlesen
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