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Die Nächste, bitte • Ein Arzt-Roman

Die Nächste, bitte • Ein Arzt-Roman

Titel: Die Nächste, bitte • Ein Arzt-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Morgowski
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Josh Holloway, höchstpersönlich vor ihrer Nase entblättert. Den hätte sie mit Sicherheit sogar huckepack zu Dr. Rosen ins Sprechzimmer getragen. Mich hingegen wollte sie heute gar nicht mehr einlassen.
    Kaum hatte sie nämlich die Geldstücke in ihre Kasse gleiten lassen, meine Versichertenkarte an sich gerissen und eingelesen, da zeigte sie auch schon ihre Haifischzähne: «Frau Johannsen, vielleicht ist es Ihnen entfallen, aber Ihr Termin war heute Vormittag. Um 12 Uhr 30. Und jetzt haben wir …» Sie warf einen haifischkalten Blick auf ihre Gucci-Armbanduhr. «15 Uhr 30. Ich muss Ihnen wohl nicht sagen, dass Sie zu spät sind.»
    Nein, das musste sie nicht. Das war mir ja bereits heute Morgen klar gewesen, allerdings schien mir dies nicht der Zeitpunkt für Spitzfindigkeiten. Dies schien mir eher der Zeitpunkt, um B. Morgenroth meine Versichertenkarte in den Haifischhals zu rammen. Aber ich riss mich zusammen. Mit Sicherheit hätten sich tätliche Übergriffe noch negativer auf ihre Stimmung ausgewirkt, als es meine bloße Anwesenheit schon tat. Zu diesem Zeitpunkt hegte ich immerhin noch begründete Hoffnung, auch ohne Hilfe von Josh Holloway zu Dr. Rosen vordringen zu können. Ich biss also die Zähne zusammen und versuchte es auf die nette Tour: «Eventuell haben wir uns missverstanden», flüsterte ich kleinlaut, um sie nicht noch wütender zu machen, «aber ich hätte ganz bestimmt niemals einen Termin am Vormittag vereinbart. Schließlich leite ich ein Unternehmen. Da bin ich vormittags gar nicht abkömmlich.» Gut, das war vielleicht ein kleines bisschen übertrieben. Aber dafür ruhig vorgebracht, und das ist, laut Expertenmeinung, schon mal die halbe Miete. (Stand neulich in der
Brigitte
: Menschen, die im Unrecht sind, sprechen lauter.) Anhand solcher Kleinigkeiten wollte ich mich nun wirklich nicht überführen lassen.
    Tja, entweder hatte die Morgenroth den Artikel auch gelesen, oder sie wollte sich über mich lustig machen. Im Flüsterton zischte sie nämlich zurück: «Frau Johannsen, auch wenn Sie die Erfinderin von Facebook wären und stündlich sechstausendsiebenhundert neue Freunde akquirieren könnten – Doktor Rosen hat heute keinen Termin mehr frei. Das Einzige, was ich Ihnen anbieten kann, wäre 

» Sie scrollte sich durch ihren Computerbildschirm und blickte, als ich schon befürchtete, sie sei im nächsten Jahrhundert gelandet, falsch lächelnd zu mir hoch. «

nächste Woche Donnerstag. Allerdings leider wieder nur am Vormittag.»
    Damit konnte ich die nette Tour getrost als gescheitert bezeichnen. Also ging ich übergangslos zu Plan B über. Na ja, genau genommen war das gar kein Plan, sondern eher eine spontane Idee. Ganz genau genommen: eine Kurzschlusshandlung. Aber ich war eine Frau, die in höchster Not handelte. Eine Frau, deren Flug in weniger als 48 Stunden gehen sollte und die ihren Geliebten aller Wahrscheinlichkeit nach nie wiedersehen würde, falls sie die Reise ohne geeignete Medizin antreten müsste. Ein Termin am nächsten Donnerstag war für diese Frau nicht nur inakzeptabel, er kam einem Todesurteil gleich. Deshalb musste improvisiert werden.
    Glücklicherweise hatte ich kurz zuvor entdeckt, dass hinter dem Rücken von B. Morgenroth eine Tür halb offen stand. Es war die Tür zum Sprechzimmer. Durch den Türspalt konnte ich Dr. Rosen höchstpersönlich sehen, wie er an seinem Schreibtisch saß und im Internet surfte. Na ja, das glaubte ich jedenfalls, aber genau genommen sah ich nur seinen Arm. Und plötzlich wusste ich, was zu tun war.
    «Ach, Frau Johannsen, ich sehe da», setzte die Haifischkuh gerade an (vermutlich um mir einen Mitleidstermin am nächsten Mittwoch anzubieten), als ich wie ein Blitz an ihr vorbeischoss. Rum um den Tresen und hinein ins Sprechzimmer. Immer in der Annahme, Dr. Rosen, der mich ja kennt, seit ich zwölf bin, würde mir dieses Verhalten verzeihen.
    Ganz im Gegensatz zu der Morgenroth. Die flippte total aus: «Frau Johannsen!», kreischte sie und rannte aufgebracht hinter mir her. «Kommen Sie sofort zurück! So läuft das hier nicht.»
    Ich hätte in dem Moment wirklich gern erwidert, dass mit ihr am Empfang in dieser Praxis sowieso nichts läuft, aber ich war zur Salzsäule erstarrt. Urplötzlich hatte sich der ohnehin schon verkorkste Sachverhalt in ein Horrorszenario verwandelt: Ich stand direkt vor dem Junior! Megapeinlich, ehrlich. Offenbar gehörte der Arm, den ich gesehen hatte, ihm. Dabei hätte ich

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