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Die Nächste, bitte • Ein Arzt-Roman

Die Nächste, bitte • Ein Arzt-Roman

Titel: Die Nächste, bitte • Ein Arzt-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Morgowski
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empfinde ich allerdings Mitleid mit den betrogenen Ehemännern. Und zwar nicht weil sie die Gehörnten sind, sondern weil sie wirklich die Arschkarte gezogen haben. Man kann es Frauen nun mal nicht recht machen, wird aber als Ehemann ständig zu Höchstleistungen angestachelt. Verdient man beispielsweise viel Geld, ist man entweder zu selten zu Hause, oder es ist nicht
genug
Geld. Geht man in Elternzeit, verlieren Frauen den Respekt. Kauft man ihnen ein Haus, beschweren sie sich über die Gartenarbeit. Schenkt man ihnen eine Ferienwohnung, könnte diese gern etwas größer und nach Möglichkeit woanders sein. Blablabla.
    Nein, ein Ehemann möchte ich nicht sein. Niemals.
    «Paul?», macht sich Birte Morgenroth wieder bemerkbar, «passt dir mein Vorschlag nicht?» Der Rottweiler in ihr scheint unruhig zu werden. Ihre Stirn kräuselt sich bereits beängstigend, und es scheint mir nur noch eine Frage der Zeit, bis sich Schaum um ihren Mund bildet.
    «Entschuldigung, was hast du gesagt?» Vor lauter Stress vergesse ich, Birte zu siezen. Das passiert mir in der Praxis nur höchst selten. Hier muss man schließlich immer damit rechnen, dass mein Vater überraschend um die Ecke biegt. Und der hält nichts vom Duzen, es sei denn, man ist blutsverwandt.
    Birte ignoriert das gern. «Ich möchte, dass wir meine Scheidung am Wochenende in Ruhe besprechen und gegebenenfalls erste Schritte in die Wege leiten. Es gilt keine Zeit zu verlieren.» Jetzt hat der Yokosuka-Pilot die Oberhand, und der scheint fest entschlossen, die alles zerstörende Bombe abzuwerfen. Und zwar schon an diesem Wochenende.
    Wozu nur die Eile? Meinetwegen muss sie sich doch gar nicht scheiden lassen. Im Gegenteil.
    Mist, ich bin wahrlich ein Vollidiot. Als Liebhaber kann man nämlich eigentlich nur einen einzigen Fehler machen, und den habe ich offenbar gemacht: zu verständnisvoll sein. Dann denken Frauen sofort, du seiest der einzige Mann auf Erden, der ihnen alles geben kann: multiple Orgasmen, Kelly Bag und niemals endende Aufmerksamkeit. Da tickt offenbar selbst Birte Morgenroth nicht anders. Und im Grunde genommen hätte ich mir natürlich auch denken können, dass eine Frau, die ihre Haare zum Knoten hochsteckt und ihre Röcke grundsätzlich wadenlang trägt, unter ihrem weißen Kittel auch eine weiße Weste behalten möchte.
    Birte ändert die Taktik. «Hach, Paul 

», stößt sie auf eine Art und Weise aus, die so gar nicht zu ihr passt. Dazu ergreift sie meine Hand und streichelt mit dem Daumen zärtlich über meinen Handrücken.
    Ich bekomme eine Gänsehaut und … Da fällt mir etwas ein. «Frollein Morgenroth», versuche ich im Tonfall meines Vaters die nötige Würde zurückzuerlangen, «dieses Thema möchte ich lieber ein andermal mit Ihnen besprechen.»
Nämlich gar nicht.
«Allerdings ist es am Wochenende ungünstig. Ich werde verreisen und komme erst Mitte nächster Woche zurück.»
    An diesem Wochenende werde ich nämlich nach Genf fliegen, um meine Pläne mit Professor Schümli festzuzurren. Ich soll seine neuen und alten Praxisräume besichtigen und – wenn alles nach Plan läuft – noch vor meiner Abreise den Vertrag unterzeichnen. Dann ziehe ich spätestens in einem halben Jahr in die Schweiz, und mein alter Herr kann sich einen neuen Handlanger suchen. Und Birte sich einen neuen Liebhaber.
    Allerdings sollte mein Vorhaben bis dahin geheim bleiben. Mein Vater würde mir den Alltag in der Praxis zur Hölle machen, und Birte scheint mir eindeutig auf einem ähnlichen Trip zu sein.
    «Ich fahre zur Hochzeit eines Exkommilitonen in die Schweiz», trage ich Birte deshalb dieselbe Lüge vor, die ich auch meinem Vater aufgetischt habe. Im Geiste mache ich drei Kreuze, dass ich sie nicht mit meiner Flugbuchung beauftragt habe. Wer weiß, ob mein Geheimnis bei einer frustrierten Ehefrau sicher wäre.
    «Aber hier im Plan steht weder etwas von einer Dienstreise, noch hast du dich in die Urlaubsliste eingetragen», geht der Stress auch schon los. «Wie stellst du dir das vor? Ich habe schließlich Termine für dich gemacht. Und außerdem bist du für nächsten Mittwoch zum Nachmittagsdienst eingetragen.» Sie fixiert mich mit kaltem Blick. «Du kannst hier unmöglich weg.»
    Wie bitte?
Es kann ja wohl nicht sein, dass eine Angestellte darüber entscheidet, wie und mit wem ich mein Wochenende verbringe. Affäre hin oder her. Außerdem hätte Birte zum Thema Scheidung ja mal ein paar Frauenzeitschriften zu Rate ziehen können. Im

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