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Die Nächste, bitte • Ein Arzt-Roman

Die Nächste, bitte • Ein Arzt-Roman

Titel: Die Nächste, bitte • Ein Arzt-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Morgowski
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sich der Portier an unser unschönes Zusammentreffen heute Morgen in der Lobby erinnert und Leo nicht zu Nella vorgelassen. Was wollte ich also mehr? Fast fühlte ich ein wohliges Glücksgefühl in mir aufsteigen. Als käme man nach einem anstrengenden Arbeitstag zu Frau und Kindern in ein warmes, liebevoll eingerichtetes Zuhause zurück.
    Doch das Glücksgefühl war nur von kurzer Dauer. Es hielt genau so lange an, bis mir bei dem Versuch, meine Kreditkarte wieder ins Portemonnaie zu stecken, das Ding aus Versehen neben den Mülleimer rutschte. Mein Blick fiel auf eine zerknüllte Quittung auf edlem Papier. Neugierig fischte ich den bunten Zettel mit dem Aufdruck «Louboutin» aus dem Korb – und meine heile Welt zerbarst in 595 Einzelteile.
    «Du hast 595 Schweizer Franken, also fast 460 Euro, für ein Kleid ausgegeben?»
    Nella saß auf dem Bett, umringt von schätzungsweise vier Kilo Seidenpapier, und machte sich Notizen in ihrem kleinen Buch. Für einen Moment blickte sie mich schweigend an, dann vertiefte sie sich wieder in ihre Arbeit.
    Also, das sah mir doch sehr nach einem schlechten Gewissen aus. Ich ließ meinen Blick durch das Zimmer schweifen und entdeckte neben dem Bett zwei Papiertüten, deren Herstellung vermutlich einen wesentlichen Teil zum exorbitanten Preis des darin Verpackten beigetragen hatte. Geprägter Name, Glitzerschrift, hier noch ein Aufkleber, dort noch ein Schleifchen und die Rechnung in einem separaten Briefumschlag. Unfassbar! Doch Nella schien das alles ganz normal zu finden.
    Wie Alice im Wunderland sah sie aus, inmitten ihres bunten Verpackungsmülls.
    «Bist du dir sicher, dass nicht vielleicht ein Komma verrutscht ist? Ich meine, hast du die Summe kontrolliert?»
    Sie nickte abwesend, blickte nach einer Weile dann aber doch noch einmal kurz zu mir hoch. «Also», sagte sie langsam und versuchte sich in einer Unschuldsmiene, «das ist nicht die Rechnung für das Kleid. Das ist der Beleg über die Schuhe.» Sie deutete auf ein Paar lilafarbene Treter, die aussahen wie orthopädische Schuhe zur Korrektur von Sichel- und Klumpfüßen.
    «Wie bitte?» Ich dachte, ich höre nicht richtig.
    «Tja, die Schweiz ist teuer.»
    «Das weiß ich selbst», schimpfte ich. «Trotzdem will ich nicht glauben, dass es hier nicht auch Schuhe für 50 Franken gibt. Du hättest vielleicht einfach nur etwas länger suchen müssen.»
    Nella schüttelte vehement den Kopf. «50 Franken für Wedges von Louboutin? Niemals!»
    «Na, dann eben nicht von Louis Dingsbums Vuitton. Das sieht doch sowieso keiner, wenn du draufstehst.» Ich deutete auf den Schriftzug, der sich auf der Innensohle befand.
    «Du hast wieder mal keine Ahnung», informierte mich Nella und fischte den Karton mit den Schuhmonstern vom Boden. Nachdem sie ihn vor sich auf dem Bett abgestellt hatte, entnahm sie einen der lila Klumpschuhe. Zärtlich, als sei es ein Angorahäschen, strich sie darüber. «Glaub mir, Paul, jeder außer dir würde den Unterschied bemerken. Außerdem 

» Sie kräuselte ihr schmales Näschen und tat, als würde sie angestrengt nachdenken. «Schweigen hat nun mal seinen Preis.»
    Ich schluckte – und verstand kein Wort.
    «Aber dafür werde ich mich heute Abend auch total ehefrauenmäßig benehmen. Ich schwöre!» Sie hob die Hand und legte sich die gekreuzten Finger auf die Brust.
    Ich folgte ihrer Bewegung mit den Augen und stellte fest, dass Nella nur eine Art spitzenbesetztes Unterkleid trug. Mir schwante Fürchterliches. «Äh 

ist das Nachthemd etwa auch neu?» Unterwäsche ist teuer, dass wusste selbst ich, obwohl ich bislang nur Affären hatte. Langsam wurde mir schlecht.
    «Welches Nachthemd?»
    «Nella!»
    «Ach so, das hier meinst du.» Mit schlechtgespielter Überraschung strich sie sich über die Brust.
    Sehr schlau von ihr. Ich war kurz abgelenkt. Aber nur ganz kurz. Nein, auf diesen Trick würde ich nicht hereinfallen! «Ja, genau das meine ich.»
    «Das ist kein Nachthemd, das ist ein Kleid. Und bevor du jetzt aufschreist», sagte sie genervt und wühlte in dem Papierhaufen, der vor ihr lag, «muss ich dir etwas zeigen.»
    Okay, sie wird es selbst bezahlt haben, dachte ich und wollte mich schon erleichtert umdrehen, als Nella ein hautfarbenes Ding, das aussah wie eine Stützstrumpfhose, nur in Kleidform, aus dem Gewühl fischte.
    «Das hier trägt man noch drunter.»
    «Noch drunter? Du meinst, genau genommen hast du zwei Kleider gekauft?»
    Sie schüttelte den Kopf. «Nein, das

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