Die naechste Frau
auf. Der Gegenverkehr war bereits sichtbar. Aber der Überholweg war so kurz, dass es sie selbst überraschte.
„Ein tolles Auto“, sagte sie begeistert zu ihrer Beifahrerin.
Sabine war sichtlich bemüht einen entspannten Eindruck zu wahren. „Fahren kannst du, mein Gott.“ Sie strich sich eine Haarsträhne aus ihrem geröteten Gesicht.
Alex lächelte und gab wieder Gas.
Sie würde diese Gelegenheit auskosten. Sabine schien nichts dagegen zu haben. Sie warf ihr immer wieder einen verstohlenen Blick zu und schien ganz zufrieden zu sein.
Nach über einer Stunde kamen sie wieder bei Sabines Haus an. Alex stellte den Wagen auf den Parkplatz direkt vor der Garage. Vor der Tür der Praxis stand eine ganze Traube von Menschen.
„Das darf nicht wahr sein, hat man denn hier nie sein Wochenende“, seufzte Sabine voller Selbstmitleid.
Sie stiegen aus. Ein junger Mann kam sofort auf die Hausärztin zu. Seiner Mutter ginge es gar nicht gut. Ob sie nicht so nett wäre, sie kurz anzusehen, oder solle er einen Krankenwagen rufen? Alex bemerkte wohl, dass Sabine ihn am liebsten mit deutlichen Worten weggeschickt hätte, sich das jedoch nicht in Alex’ Gegenwart traute. Stattdessen versuchte sie, ihr zu imponieren, indem sie sich Alex in der Rolle einer gestressten, sorgenden Ärztin präsentierte.
„Das ist jetzt wirklich ärgerlich. Du wärst jetzt sicher gerne noch mit herein gekommen. Aber wie du siehst … Leider ruft die Arbeit wieder. Bei deinem Job kennst du das sicher auch. Kann ich dich anrufen? Unter der Woche, vielleicht?“
„Gerne“, hörte Alex sich sagen, „und vielen Dank.“
Sabine nahm ihre Hand, hielt sie eindeutig zu lange, sah ihr genauso lange in die Augen und sagte: „Ich bin diejenige, die sich bedanken muss. Es hat mir viel Spaß gemacht.“
Alex ließ sich mit dem Gefühl der Erleichterung in ihr eigenes Cabrio fallen. Nun gut, es verfügte vielleicht nicht über den bulligen Anzug eines 911ers, aber für den Alltag reichte es völlig aus. Und das Beste: Es saß keine Frau Doktor Geiger neben ihr, dachte sie auf dem Weg nach Hause. Augenblicklich bekam sie ein schlechtes Gewissen.
Sie war um sie bemüht gewesen, diese Frau. Sehr sogar. Es machte Alex nachdenklich.
Kapitel 16
„Frau Kollegin, darf ich Sie zum Mittagessen abholen?“
Es war Montag, Mittagszeit. Herr Fischer stand an ihrer Bürotür. Seit Neustem sprach er sie so an. Ob er damit mehr Nähe erreichen wollte, hatte Alex sich schon gefragt. Warum bot er ihr nicht einfach das du an? Sie würde schließlich nicht damit anfangen können. Laut Protokoll musste dies vom Vorgesetzten initiiert werden. Vielleicht traute er sich nicht.
Nun stand er da und lächelte sie tatsächlich schüchtern an. Alex warf verblüfft einen Blick auf die Uhr.
„Schon halb eins?“ Sie war mit ihren Angelegenheiten noch nicht so weit gekommen, wie sie sich vorgenommen hatte.
„Kommen Sie, machen Sie eine halbe Stunde Pause“, sagte Herr Fischer mutig entschlossen.
„Ja, sofort.“ Alex speicherte ihren Entwurf ab und schaltet den Monitor aus, bevor sie das Zimmer verließ.
Herr Fischer ging charmant plaudernd neben ihr zur Cafeteria. Mittlerweile hatten sie einen Stammplatz. Er setzte sich erst, nachdem sie Platz genommen hatte. Sie begann ihn zu mögen, mit seiner ganzen steifen, etwas verklemmten Art, stellte sie fest.
„Was steht heute Nachmittag auf ihrem Plan?“, fragte er interessiert.
„Mitarbeitermeetings, zuerst das Team der ambulanten Pflege, dann die Pflegestation.“
„Sind Sie mit der Qualität der Mitarbeiter zufrieden?“
„Durchaus, aber wir werden einige dringend erforderlichen Fortbildungen und Unterweisungen nachholen müssen, die gegenüber den Behörden nachzuweisen sind.“
„Tun Sie das. Sie haben da völlig freie Hand.“
Alex nickte.
„Danke. Und guten Appetit.“
Die Arbeit in der Altenpflege hatte noch ihr nie so viel Spaß gemacht wie in diesem Haus. Das Mitarbeiter-Meeting war heute wieder eine ausgelassene und trotzdem informative und konzentrierte Angelegenheit. Sie genoss es, wie jeder sich einbrachte mit Verbesserungsvorschlägen, Ideen, Wünschen. Jasmin als Pflegedienstleitung machte ihren Job sehr gut, sie verstanden sich von Tag zu Tag besser.
Alex schaute auf die Uhr. Zwei Stunden waren bereits vergangen. Sie wunderte sich, dass trotzdem alle Anwesenden noch so aufmerksam waren. Das war ein gutes Zeichen. Ihre Mitarbeiterinnen zollten ihr einen ungeheuren Respekt, das war
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