Die Nächte der Aphrodite
»Ich darf hoffen, dass Ihr an unserer Hochzeit teilnehmen werdet?«
»Ja, darauf dürft Ihr hoffen. Und wehe, Ihr wartet nicht, bis ich aus Versailles zurück bin.« Das Taschentuch trat wieder in Aktion.
Troy lachte unbeschwert. »Der kleine Finger, ich weiß.«
Elaine reichte dem Herzog die Hand. »Viel Glück, Henri. Und vielen Dank, für alles, was Ihr für mich getan habt.«
Er verbeugte sich. »Ich habe zu danken, dass Ihr mein Haus mit Eurer Anwesenheit beehrt habt. Ich habe viele Gäste, aber nur wenige, die auch Gast in meinem Herzen sind.«
Troy streckte ihm die Hand entgegen. »Auch ich danke Euch, Henri. Ich beginne zu begreifen, warum mein Bruder Euch so sehr geschätzt hat.«
Der Herzog seufzte. »Ich bin gerührt, wirklich gerührt, Troy. Andererseits ist es schon erschreckend, was die Liebe aus einem Mann macht.« Der Sarkasmus in seiner Stimme war unüberhörbar, aber an dem vor Glück trunkenen Troy glitt er wirkungslos ab.
»Damit muss ich mich wohl oder übel abfinden.« Troy verschränkte seine Finger mit denen von Elaine und ging leichten Schrittes mit ihr zum Haus zurück.
Der Herzog schaute ihnen nach und blickte dann zu Vincent, der noch immer auf der Freitreppe saß. Die ganze Zeit über war er sich seiner Gegenwart mehr als bewusst gewesen. Langsam ging er auf ihn zu.
Vincent sah ihn an, ohne aufzustehen oder ihn sonst wie zur Kenntnis zu nehmen oder ihm gar Respekt zu erweisen. Die eingetrockneten Tränenspuren auf seinen Wangen und die geröteten Augen sprachen eine beredte Sprache. Seine nackten Beine und das hochgekrempelte Hemd offenbarten mehr von seiner wirklichen Persönlichkeit, als er vermutlich beabsichtigte.
Unter Henris Blicken schob er trotzig das Kinn vor. Er glich in diesem Moment so sehr der Verkörperung von jugendlichem Starrsinn, Uneinsichtigkeit und Rebellion, dass Henri beinahe gelächelt hätte.
Er beschloss, ein Ende zu machen. Gegen besseres Wissen und mit der Befürchtung, dass seine schlimmsten Albträume dadurch wahr werden würden.
»Steig ein.«
Zu seiner Befriedigung ließ Vincent die Arme sinken und sah ihn überrascht an. »Ihr nehmt mich mit?«, murmelte er heiser.
»Steig ein«, wiederholte Henri.
Vincent bewegte sich nicht, sondern starrte ihn nur weiterhin mit geöffnetem Mund an.
»Ich sage es kein drittes Mal.«
Diese Worte schienen Vincent endlich zu erreichen, denn er sprang auf. »Ich muss mich umziehen und ...«
»Willst du riskieren, dass ich es mir anders überlege?«, fragte Henri mit seidenweicher Stimme.
»Natürlich nicht. Nein.« Er rannte an Henri vorbei zur Equipage, als wären tausend Teufel hinter ihm her. »Die meiste Zeit meines Lebens trug ich ohnehin keine Schuhe.«
Henri setzte sich ihm gegenüber, und die Kutsche fuhr an. Das Strahlen in Vincents Augen brachte ihn dazu, aus dem Fenster zu sehen. »Ich kaufe dir unterwegs Kleider. Und in Versailles bekommst du eine komplette Ausstattung, wie es sich für den Sekretär des Herzogs von Mariasse geziemt.«
»Natürlich, Euer Gnaden. Was immer Ihr wünscht.«
Henris Blick kehrte zu ihm zurück. Hinter jedem einzelnen Wort spürte er Vincents atemlose Zuneigung. Die Kutsche schien plötzlich zu klein und zu eng für die tagelange Reise. Es gab keinen Platz, etwas zu verbergen. Keinen Platz, sich zu verstecken. Und sie wurde noch kleiner und enger, als ihn Vincent voll unverhohlener Glückseeligkeit anlächelte. »Alles wird gut.«
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