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Die Nächte der Aphrodite

Die Nächte der Aphrodite

Titel: Die Nächte der Aphrodite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daria Charon
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Träume im Kopf hatte. Ein paar schöne Worte - darum sind die vornehmen Herrschaften ja alle nicht verlegen - und schon lag eines der Schweine zwischen ihren Schenkeln. Ihr habt sie vielleicht nicht selbst geschwängert, aber Ihr seid schuld an ihrem Tod. Und deshalb will ich schuld sein an Eurem Tod. Und diesmal wird nichts schief gehen.«
    Er fuhr fort, weiter auf den Tiger einzustechen und ihn dabei immer näher an den Herzog zu treiben. Angespannt betrachtete Henri die sich wild herumwerfende Raubkatze, die außer sich vor Schmerz und Wut nach dem sie quälenden Stock schnappte.
    Henri zermarterte sich das Gehirn nach einer Lösung. Aber wie sollte er mit einem offenbar Wahnsinnigen, von blankem Hass getriebenen Mann kommunizieren? »Bernard, lass Elaine gehen, sie hat nichts damit zu tun. Sie darf nicht für meine Verfehlungen büßen, hörst du?«, appellierte er an seinen Ersten Kammerdiener.
    Bernard sah ihn nicht an. »Sie ist eine von euch. Sie macht die Männer geil, die dann über unsere Frauen und Kinder herfallen. Sie hat nichts Besseres verdient als Ihr. Ich bin schon gespannt, wessen Blut weiter spritzt.« Er lachte rau und abgehackt. »Und ob es so blau ist, wie man sagt.«
    Der Tiger brüllte wieder auf. Henris Hemd klebte an seinem Körper. Er roch die scharfen Ausdünstungen der Raubkatze, und die Angst schnürte ihm die Kehle zusammen. Die kleinste Bewegung würde genügen, um die todbringende Aufmerksamkeit des gereizten Tieres zu erregen. Er hatte oft genug miterlebt, wie Sahib eine Ziege zerriss und ihn für seine elementare Kraft und Stärke bewundert. Dass sich diese Eigenschaften jetzt gegen ihn kehrten, war die Ironie des Schicksals.
    Seine Beine begannen zu zittern, und er hoffte, dass er nicht das Bewusstsein verlieren würde. Aus halbgeschlossenen Augen beobachtete er das Tier weiter.
    Sahib wich ein Stück zurück und schlug mit der riesigen Pranke nach dem Stab. Bernard lachte und ging in die Hocke. Im gleichen Augenblick fuhr der Tiger nach vorne und grub sein Gebiss in den Unterarm des Mannes.
    Bernard schrie auf, der Stab fiel im Zwinger zu Boden. Sahib riss so heftig an dem Arm, dass Bernard gegen die Gitterstäbe geschleudert wurde. Knochen knackten, als der Tiger wütend ein zweites Mal an dem Arm zerrte. Und dann gab es ein leises, schmatzendes Geräusch, bei dem sich Henris Nackenhaare aufrichteten.
    Bernard taumelte von den Gitterstäben zurück. Sein Arm jedoch blieb im Maul des Tigers, der ihn zu Boden fallen ließ. Dort, wo er in der Schulter gesessen hatte, war der Stoff sofort mit Blut durchtränkt.
    Henri riss seinen Blick von Sahib los, der anfing, den Arm abzulecken, und sah zu Bernard. Er stand aufrecht, das Blut schoss in regelmäßigen Intervallen aus seinem Arm, der Winkel wurde dabei immer kleiner. Bernard schrie nicht, vermutlich war der Schock einfach zu groß. Er sank auf die Knie und kippte mit weit aufgerissenen Augen schließlich seitlich um.
    Henri würgte. Das Zittern war auf seinen ganzen Körper übergegangen. Er presste sich mit dem Rücken an die Gitterstäbe, um sich aufrecht halten zu können. Sein Gehirn hatte sich in einen Haufen Watte verwandelt, und sein ganzes Sein reduzierte sich auf ein alles andere auslöschendes Gefühl der Angst.
    Es konnte Stunden dauern, bis jemand kam. Die nächste Fütterung des Tigers und der anderen Tiere in der Menagerie fand nicht vor morgen früh statt. An diesem Abend waren keine Zerstreuungen vorgesehen, also würde man weder Elaine noch ihn selbst vermissen. Höchstens Troy könnte sich nach ihr auf die Suche machen, aber bis zum Einbruch der Dunkelheit war es noch lange hin.
    Elaines Hand zuckte. Henri starrte die Finger an. Wenn sie jetzt wach wurde, wenn sie zu schreien begann, dann war ihrer beider Schicksal endgültig besiegelt. Nicht jetzt, flehte Henri stumm. Bitte nicht jetzt, Elaine.
    Sahib hatte sich niedergelassen und begann mit schiefgelegtem Kopf am Arm von Bernard zu kauen, den er zwischen seinen Pranken hielt. Dabei spuckte er immer wieder Stoffteile aus. Henri schloss die Augen. Sein Magen brannte, und das Würgen in seiner Kehle hörte nicht auf. Er durfte nicht ohnmächtig werden. Er musste sein bisschen Verstand beisammenhalten ...
    Die Zeit dehnte sich zur Unendlichkeit. Er wusste nicht, wie lange er sich schon an die Gitterstäbe gepresst hatte, als er Schritte auf dem Kies hörte. Voller Hoffnung sah er sich um.
    Vincent stand vor dem Zwinger und starrte von Sahib zu ihm. Henri versuchte,

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