Die Nächte der Aphrodite
Champagnerkelche standen. Er nahm zwei davon und reichte einen Henri, wobei er so knapp vor ihm stehen blieb, dass sich ihre Schuhspitzen fast berührten.
Henri griff nach dem Glas und schickte ein Dankgebet zu seinem Schöpfer, dass seine Finger nicht zitterten und damit verrieten, wie durcheinander er wirklich war.
Vincent sah ihn über den Rand des Glases hinweg an. Seine schön geschwungene Oberlippe glänzte feucht vom Champagner, und Henris Erektion dehnte sich noch ein Stück aus.
Gewaltsam riss er den Blick von dem verführerischen Mund, den glitzernden Augen und dem - wie er wusste - unwiderstehlichen Körper los. Er musste sich darauf besinnen, dass er im Begriff stand, mit seinem Mörder zu tändeln. Und wenn er sich diesbezüglich irrte, blieb immer noch die Tatsache, dass er nichts über diesen Mann wusste, der überdies gerade alt genug war, um sein Sohn zu sein. Er musste sich zusammennehmen. Er durfte es nicht zulassen, dass die fest gefügte Mauer, die er um sich herum errichtet hatte, durch jemanden erschüttert wurde, von dem er nur eines mit Sicherheit wusste - dass er darauf reagierte wie ein Nachtfalter auf eine Kerzenflamme.
Mühsam versuchte er, sich an den letzten Satz zu erinnern. Pferde. Reiten. »Natürlich könnt Ihr jederzeit einen der Knechte bitten, Euch behilflich zu sein und Euch im Fall des Falles Unterricht zu geben.« Die höfliche Unverbindlichkeit des Angebots stellte die gewünschte Distanz augenblicklich her. Um sie zu untermalen, ging Henri um den Tisch.
Vincent drehte das Glas zwischen den Fingern. Seine Schultern sackten unmerklich nach vorne. »Natürlich, das könnte ich tun. Eine wirklich gute Idee. Ich muss Euch einmal mehr für Eure Großzügigkeit danken.«
Henri nickte und überhörte den spöttischen Unterton in Vincents Stimme. »Ich freue mich, helfen zu können«, entgegnete er betont gönnerhaft.
Vincent stellte sein Glas auf einen Tisch. »Ich werde mich zurückziehen und wünsche Euch eine gute Nacht, Euer Gnaden.«
Henri sah ihm nach, wie er zur Tür des Kaminsalons ging, und war sicher, dass seine Nacht alles andere als gut werden würde.
Elaine schlug verschlafen die Augen auf. Sie lächelte Troy an und streckte die Arme nach ihm aus. Als er sie küsste, schmiegte sie sich enger an ihn und genoss seine streichelnden Hände durch den dünnen Stoff ihres Nachthemds.
Troys Gewicht drückte sie in die Kissen, und seine Zunge erforschte jeden Winkel ihres Mundes. Kein Traum, dachte sie zufrieden, er ist wirklich hier.
Hier.
In ihrem Schlafzimmer. Auf Belletoile.
Sie drückte die Handflächen gegen seine Brust und drehte den Kopf weg. »Troy, was tust du hier?«
Er küsste ihr Ohrläppchen. »Wonach sieht es denn aus?«
Sie wand sich aus seiner Umarmung. »Troy, du bist in meinem Schlafzimmer. In meinem Bett.«
»Ja, das hast du gut erkannt.« Er lächelte und strich ihr das Haar aus dem Gesicht. »Der Gedanke, dass du mir wie in den letzten Tagen aus dem Weg gehst, war für mich unerträglich. Deshalb habe ich mir in der Küche Frühstück besorgt und mich heimlich in dein Zimmer geschlichen. Und in dein Bett.«
»Dann wird es Zeit, dass du gehst.« Sie zog die Decke ein Stück hoch, um sie wie einen Schild zwischen sich und ihn halten zu können.
»Wenn du noch nicht ganz wach bist, bist du viel vernünftiger.« Er erhob sich und ging zur Kommode, auf der ein Tablett mit Silberhauben stand, das er mitten auf das Bett stellte. »Bedien dich.«
Elaine versuchte, das Knurren ihres Magens zu ignorieren. Sie hatte es sich angewöhnt, lange und ausgiebig zu frühstücken, dafür vernachlässigte sie die anderen Mahlzeiten.
»Troy, so geht es nicht. Du kannst nicht einfach in mein Zimmer eindringen - unter welchem Vorwand auch immer.«
»Das heißt, du hättest mich empfangen, wenn ich später ordnungsgemäß um ein Gespräch gebeten hätte? Und dich nicht hinter windigen Ausreden versteckt?«
Elaine seufzte. »Ich weiß nicht, was du damit bezweckst.«
»Ich will dich überzeugen, mit mir zurückzukommen, ich will dich davon überzeugen, dass es mir leidtut und dass ich alles besser machen werde, wenn du mir nur eine Chance dazu gibst.«
Sie sah ihn an. Es war verlockend, ihm zu glauben. Nach dem gestrigen Abend konnte sie sich auch nicht vormachen, dass sie über ihn hinweg war. Oder jemals über ihn hinweg sein würde. Aber ihr Verlangen nach ihm war eine Sache, ihr nicht vorhandenes Vertrauen in ihn eine andere. Und jetzt, im hellen
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