Die Nächte der Aphrodite
Licht des Tages, konnte ihr Verstand ihr Herz in Schach halten.
»Ich möchte gerne hier bleiben, Troy. Ich fühle mich auf Belletoile sehr wohl, ich mag Henri, und ich genieße es, die Zeremonienmeisterin der Aphrodite zu sein. Kannst du das nicht akzeptieren?«, fragte sie leise. »Zeit meines Lebens habe ich mich versteckt, wurde verspottet, verhöhnt und ausgenutzt. Jetzt habe ich endlich einen Platz gefunden, um völlig unbelastet neu zu beginnen.«
Er schwieg lange. »Und alles andere ... zählt nichts?«
Seine offensichtliche Niedergeschlagenheit setzte ihr zu. Dennoch blieb sie hart. »Nicht im Moment. Du hast mich zu sehr verletzt, um es mit ein paar leidenschaftlichen Küssen ungeschehen zu machen.«
Er schien etwas erwidern zu wollen, überlegte es sich aber anders. »Wenn das so ist, dann bleibe ich eben hier. Auf Belletoile. Und versuche weiter, dich zu überzeugen.«
Diese Mitteilung überraschte Elaine, denn sie hatte damit gerechnet, dass er wutentbrannt davonstürmen würde. Zumindest hätte jener Troy, den sie auf La Mimosa gekannt hatte, so reagiert. Ehe sie etwas antworten konnte, setzte er mit seidenweicher Stimme hinzu: »Damit du deine Rache bis zum letzten Tropfen auskosten kannst, Elaine.« Er beugte sich zu ihr hinunter, aber statt sie zu küssen, flüsterte er ihr ins Ohr: »Und damit ich deine atemberaubend langen Beine so oft wie möglich sehen kann.«
25
Henri blickte Bernard an. »Das gibt es doch nicht.« Er warf die Gänsefeder auf den Tisch vor sich und sprang auf, um im Zimmer herumzuwandern. »Er muss doch irgendwoher kommen, er muss doch eine Vergangenheit haben.«
Bernard sah den Herzog mit stoischer Ruhe an. »Nach meinen Informationen wird im näheren Umkreis kein Mann seines Alters von der Familie vermisst. Meine Erkundigungen erstreckten sich bis Narbonne. Natürlich werde ich weiterforschen lassen, aber wenn jemand nach einem Familienmitglied suchen würde, hätten meine Männer das bestimmt erfahren.«
Henri lehnte sich an den Schreibtisch. »Gut. Brauchst du Geld?«
»Nein, Euer Gnaden. Ich habe sorgsam auf die Ausgaben geachtet. Es ist noch genug da.« Er verbeugte sich und ging zur Tür. Dort drehte er sich noch einmal um. »Mademoiselle Callière möchte mit Euch sprechen. Sie erwartet Euch in einer Stunde in der Menagerie beim Tigerzwinger.«
Henri runzelte die Stirn. Er konnte sich nicht vorstellen, was Elaine ihm mitteilen wollte. Die letzten Tage waren reibungslos verlaufen. Troy beobachtete zwar jeden Schritt, den sie machte mit Argusaugen, verursachte aber keinen Ärger. Elaine ihrerseits hatte ihn kein zweites Mal als Darsteller ihrer Inszenierungen auserkoren. Die Spannung zwischen den beiden hing allerdings noch immer spürbar in der Luft. Nun, vielleicht wollte Elaine ihn deshalb bitten, dass er Troy nahe legte, Belletoile zu verlassen.
»Danke, Bernard«, sagte er zerstreut und trat zum Fenster. Vincent ging mit zwei anderen Männern über den kiesbestreuten Weg zu den Stallungen. Es hatten sich keine weiteren Ereignisse mehr zugetragen, die als Anschlag auf sein Leben gewertet werden konnten. Aber Vincents Vergangenheit lag noch immer im Dunklen, wie er gerade erfahren hatte. Henri rieb sich seufzend den Nacken. Vielleicht war ja doch alles Zufall und sonst nichts.
Auf dem Weg zur Menagerie begegnete Henri niemand. Es war früher Nachmittag, die meisten Gäste hielten ein Nickerchen, um der Hitze zu entgehen. Die Dienstboten hatten zu dieser Zeit im Haus zu tun. Auch auf seiner Stirn bildeten sich Schweißtropfen, und er zog seine Jacke aus, um sie achtlos auf einer Bank zu deponieren.
Als er am Winterhaus von Sahib vorbeiging, konnte er Elaine nirgends entdecken. Er stellte sich in den Schatten einer Platane und blickte zum Zwinger. Irgendetwas erschien ihm ungewöhnlich, und dann wusste er plötzlich, was. Sahib war nicht zu sehen. Um diese Zeit sollte er aber im Zwinger sein, nicht ihm Haus. Er trat näher und dann klumpte sich sein Magen zu einem Stück Eis zusammen. Die Zwingertür stand offen. Und damit nicht genug, sah er eine Gestalt in einem Gewirr aus Unterröcken im Käfig hinter einer Felsformation liegen.
Ohne nachzudenken, hastete er in den Zwinger und kniete sich neben der Frau nieder. An der Schläfe war ein dünnes Rinnsal eingetrockneten Blutes zu erkennen, das in ihrem silberblonden Haar versickerte.
»Elaine«, rief er und tätschelte ihre Wange. »Elaine, wacht auf.«
Sie rührte sich nicht, aber das schwache
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