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Die Nächte des Wolfs 02 - Zwischen Mond und Verderben

Die Nächte des Wolfs 02 - Zwischen Mond und Verderben

Titel: Die Nächte des Wolfs 02 - Zwischen Mond und Verderben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon Delany
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Unterricht und ließ mich stehen, genauso verwirrt wie zuvor.
    Pietr sorgte dafür, dass wir nie alleine waren – wo ich ihn hätte fragen können, was zwischen uns los ist. Was sollte nur aus meiner Geburtstagsfeier werden, wenn das so weiterging?
    Samstagnachmittag drehte ich dann vollends durch. Meine Gedanken waren so sehr mit Pietr beschäftigt, dass ich den Hunden Hafer in die Näpfe schüttete und Rio beinahe Trockenfutter vorgesetzt hätte. Als ich zum Haus zurückkam, waren alle draußen. An unserer Schießbahn wehte die orangefarbene Warnflagge und das Knallen der Schüsse bestätigte, dass Dad und Wanda ihre Zielfertigkeit übten.
    Es gab Leute, die ins Kino gingen. Oder fein essen. Dad und Wanda? Die stanzten lieber mit Kugeln Löcher in Papierscheiben. » Annabelle Lee? « , rief ich und steckte meinen Kopf in jede Tür. Pustekuchen. Wahrscheinlich war sie auf dem Heuboden und las. Das war meine Chance.
    Ich schnappte mir das Telefon und tippte Pietrs Nummer ein. Dad erlaubte nicht, dass ich sie einspeicherte, aber ich kannte sie sowieso auswendig.
    Cat war am Apparat.
    » Cat, ich bin’s. «
    » Du hast doch Hausarrest. «
    » Ja, schon. Ich muss ganz schnell machen. Ist Pietr da? «
    Sie zögerte kurz, dann hörte ich sie rufen. » Pietr. « Fordernd. » Es ist Jessie. Da. Hier am Telefon. Da. Sie hat immer noch Hausarrest. Sie will mit dir reden. « Dann klang es leiser, als halte sie die Hand über den Hörer. Sie flehte: » Poschalusta, Pietr. Sie begreift es nicht. Und ich begreife es auch nicht. «
    Wieder eine Pause.
    Unten ging die Haustüre auf, dann wieder zu. Mir schlug das Herz im Hals, aber ich konnte einfach nicht auflegen.
    Noch nicht.
    Am Telefon hörte ich deutlich, dass an eine Tür gepocht wurde. » Komm. Ans. Telefon. Pietrrr « , fauchte Cat. Stille.
    » Jessie « , flüsterte sie. » Iswinite. Es tut mir leid. Er sagt … er sagt, er will nicht mit dir reden. Es tut mir so leid … «
    Ich legte auf.
    Was war bloß mit uns geschehen?
    Am Sonntagmorgen war ich schon früh mit meinen Stallarbeiten fertig und wollte nachsehen, ob Dad mir auf der Küchentheke Kaffee hatte stehen lassen. Allmählich laugten mich der Stress und der Schlafmangel richtig aus. Dann half nur noch Koffein, um mich in Gang zu halten.
    Ich blieb im Durchgang zur Küche stehen.
    Dad saß in der Frühstücksecke (die er oft die » billigen Plätze « genannt hatte, um Mom zu ärgern) und hörte Radio. Aber nicht seinen üblichen Sender, sondern eine besondere Sonntags-Show. Ich erkannte sie sofort.
    Die kleinen Betriebe in Junction versuchten sich öfter auf anderen Gebieten. Das Karatestudio lud zum chinesischen Büfett. Der Bioladen richtete eine Bücherecke ein. Und ein Restaurant produzierte eine Radiosendung.
    Moderiert wurde sie zufällig vom Besitzer des italienischen Restaurants, in dem Mom und Dad ihr erstes Date hatten. Sonntag für Sonntag erklang in dieser Sendung italienische Musik, gesungen auf Italienisch, der Moderator streute immer wieder italienische Lebensweisheiten und Neuigkeiten ein und erklärte: » Man muss kein Italiener sein, um meine Musik zu lieben – man muss nur einen guten Geschmack haben. «
    Für Dad war das nicht nur ein willkommener Austausch mit einer anderen Kultur – es war auch ein willkommener Austausch mit den Erinnerungen an Mom.
    Da saß er mit hängenden Schultern und hielt etwas in den Händen. Ein Foto.
    Mom.
    Ich schwankte ein wenig und der Linoleumboden knarrte.
    » Oh. « Er drehte sich überrascht zu mir um und wischte sich mit seiner Hand über die Augen. » Hey, Jessie. «
    Er schob das Foto in die Brusttasche seines Flanellhemds und drehte am Senderrad des alten Radios. » Keiner spielt am Sonntag Hits aus den Achtzigern. «
    Ich ging zu ihm hin und legte meinen Arm um seine Schulter.
    Er seufzte. » Sie fehlt mir so, Jessie. «
    » Ich weiß. « Aber ich hatte das nicht gewusst. Nicht wirklich. Ich hatte angenommen, dass er sie langsam vergaß, dass er die Erinnerungen verdrängte, um Platz für Wanda zu machen. Mein Hals war wie zugeschnürt, aber ich brachte » Mir fehlt sie auch « gerade so zustande, als auch er den Arm um mich legte.
    So blieben wir ein paar Minuten zusammen, schnieften und murmelten und fühlten uns erbärmlich. Bei Mom hätte es so etwas nicht gegeben.
    Und genau das sagte Dad: » Sie hätte das nicht zugelassen. « Er lächelte. » Sie hätte gesagt, wir sollten uns aufraffen und weitermachen. «
    » Und mir hätte sie gesagt, ich

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