Die Nächte des Wolfs 02 - Zwischen Mond und Verderben
Nachdenken. «
» Sag dem Fahrer, er soll dich wieder herbringen. Nachdenken kannst du auch hier. Oder bei mir zu Hause. «
» Nein, Jessie. Ich habe dir deine Party verdorben. Ich glaube, dass ich für einen Abend genügend Schaden angerichtet habe. «
» Fährst du nach Hause? «
» Ich weiß nicht. «
» Ich werde hier bis Mitternacht auf dich warten. Dann werde ich nach Hause gehen. Du kannst mich sowohl hier als auch dort erreichen – oder treffen. «
Schweigen.
» Amy, ich mache mir Sorgen um dich. «
Ihre Stimme krächzte und ich sah nach, ob ich schwachen Empfang hatte. Nein. » Ich komm schon klar « , beteuerte sie. Und legte auf.
Ohne Max und die Mädchen, die auf der Tanzfläche herumalberten, trudelte die Party bald aus und die Gäste brachen auf. Als Max und Pietr schließlich zurückkamen, fragte ich keinen von beiden, warum sie mir aus dem Weg gingen, und machte mich an den Abwasch. Dann brachte ich sie kurz auf den neuesten Stand und verzog mich wieder auf die Veranda hinterm Haus, setzte mich hin und ließ die Beine baumeln.
Dann kam Max, mit feuchten Haaren und deutlichem Bartschatten im gelben Licht der einzigen Glühbirne, und setzte sich dazu. » Iswinite, Jessie. «
» Entschuldigung wofür? Dass du einen zu Brei schlagen willst, der meine beste Freundin prügelt? Den Drang verspüre ich doch selbst. Hier. « Ich klopfte auf meinen Schoß und er legte den Kopf auf mein Bein. » Manchmal bist du ein echter Schweinehund, aber zugleich bist du unwahrscheinlich loyal. « Ich spielte mit den dunklen Locken, die ihm in die Stirn hingen. » Du hast einen starken Beschützerinstinkt. Das Zeug, aus dem Helden geschnitzt sind.
Er schloss die Augen und widersprach. » Ich bin weiß Gott kein Held. «
» Jedenfalls sind du, Cat, Alexi und Pietr vielleicht die besten Menschen, die ich kenne. «
» Menschen. « Er lachte, aber es klang bitter. » Du bist womöglich die Einzige, die uns so bezeichnet, obwohl sie Bescheid weiß. «
» Gleich ist Mitternacht « , meinte Pietr von der Tür. » Sie kommt nicht mehr heute Abend. «
Max hob den Kopf, reckte sich hoch, wie es Hunter tat, wenn er spielen wollte, und glitt mit glitzernden Augen nach vorn, sodass sein Atem mein ganzes Gesicht wärmte. Dann leckte er mir die Wange.
» Iiih! « , kreischte ich und wischte mir das Gesicht ab. Er rollte zur Seite, sprang auf und grinste mich an.
» Auf geht’s. « Er streckte mir die Hand hin. » Ich fahr dich nach Hause. «
Pietr stand im Schatten und beobachtete uns.
Am nächsten Morgen gab ich den Pferden Heu und rief Max an, noch bevor ich an Frühstück auch nur dachte. » Du musst mich fahren. «
Er stellte keine Fragen.
Unser Ziel war Park Place, eine heruntergekommene Wohnwagensiedlung am Stadtrand von Junction.
» Warte hier « , sagte ich.
Er nickte, schaltete das Radio an und spielte mit seiner Halskette, während ich ausstieg. Ich spürte seine Augen aber im Rücken, als ich zu dem gelb-braunen Trailer ging und an die verbeulte Blechtür klopfte.
Amys Vater öffnete. Seine Augen waren blutunterlaufen, sein Atem stank nach Alkohol. Seine Fabrik hatte die Tore lange geschlossen und war in irgendein Land in der Dritten Welt verlegt worden. Angesichts all der leeren Bierdosen und alten Pizzakartons, die sich hinter dem Mann stapelten, der sich im Türrahmen kaum auf den Beinen halten konnte, konnte ich mir nicht vorstellen, dass es in der Dritten Welt schlimmer sein konnte als hier.
» Amy! « , brüllte er und schien überrascht, als sie nicht antwortete. » Ist sie vielleicht bei diesem Typen, mit dem sie zusammen ist? «
Mir wurde ganz flau im Magen und ich hielt mich am Metallgeländer fest. » Ich weiß nicht. Wissen Sie, wo er wohnt? «
» Dort oben, in Richtung Hügel. Anständige Familie – mit ordentlich Geld. Macht einen Riesenunterschied, das Geld « , brummte er.
» Wirklich? Ich dachte, aufs Geld kommt’s nicht so an. «
Max stand hinter mir, legte den Arm um meine Taille und zog sanft. » Ich weiß, wo sie sind « , wisperte er mir ins Ohr.
Amys Vater wankte und kniff die Augen zusammen. » Wer ist der Typ? «
» Niemand besonderes « , murmelte Max.
» Nein. Der Held des Tages, eher. « Ich ging steifbeinig zum Cabrio zurück, Max hinter mir.
» Held klingt ziemlich großspurig. «
» Du bist ein großer Kerl. Vielleicht wächst du ja in die Rolle rein. «
Er ließ den Wagen an. » Das ist also ihr Vater. «
» Oh ja. Ganz schön schlimm, was? «
» Ich will
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