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Die Namen der Toten

Die Namen der Toten

Titel: Die Namen der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Cooper
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Person?«
    »Ich bin mit jemandem verabredet.« Er sah sich um. »Ich glaube, er ist noch nicht da.« Shackleton sollte um zehn an der Hintertür sein, in der Nähe des Münztelefons.
    »Sie müssen bestimmt nicht lange warten. In zwei Minuten haben wir einen Platz für Sie.«
    »Ich müsste mal Ihr Telefon benutzen«, sagte er.
    »Ich finde Sie schon, wenn ich einen Tisch für Sie habe.«
    Vom hinteren Teil des Restaurants aus musterte Will den gesamten Raum, nahm sich einen Tisch nach dem anderen vor, schätzte die Gäste ein. Dort waren ein älterer Mann mit Gehstock und seine Frau – Einheimische. Vier modisch gekleidete junge Männer – Vertreter. Drei blasse, übergewichtige Frauen mit Rodeo-Drive-Schirmmützen – Touristen. Sechs Koreanerinnen – Touristen. Ein Vater mit seinem sechs Jahre alten Sohn – der geschiedene Papa auf Wochenendbesuch. Ein drogenabhängiges junges Paar, etwa Mitte zwanzig, mit zerfetzten Jeans – Einheimische. Zwei Männer und eine Frau mittleren Alters, die Verizon-T-Shirts trugen – Arbeiter.
    Und dann war da noch ein mit vier Personen besetzter Tisch in der Mitte, bei deren Anblick Will schlagartig aufmerksam wurde. Vier Männer um die dreißig, alle aus dem gleichen Holz geschnitzt. Frischgeschnittene kurze Haare, durchtrainierte Körper – Will erkannte an ihrer Halsmuskulatur, dass sie regelmäßig Gewichte stemmten. Alle vier trugen weite TShirts und Khakihosen, versuchten so lässig wie möglich zu wirken und bemühten sich um zwangloses Geplauder. Einer hatte seine Gürteltasche auf dem Tisch liegen.
    Keiner von ihnen sah in seine Richtung, und Will tat so, als nähme er sie nicht wahr. Ungeduldig wartete er beim Telefon und behielt die Männer aus dem Augenwinkel im Blick. Sie arbeiteten garantiert für eine Staatsbehörde, aber er wusste nicht, für welche. Eine innere Stimme riet ihm, abzuhauen, einfach durch die Hintertür zu gehen und davonzulaufen, aber was wäre dann? Er musste Shackleton finden, und das hier war die einzige Gelegenheit. Mit den Gewichthebern würde er wohl klarkommen müssen. Will spürte, wie seine Pistole bei jedem Atemzug an seine Rippen drückte.
     
    Frazier war wie elektrisiert, als Will auf dem Monitor auftauchte. Die Gürteltasche war von einem der Männer so gedreht worden, dass die versteckte Kamera Will erfasste. Er lehnte neben einem Münztelefon an der Wand. »Okay, DeCorso, sehr gut«, sagte Frazier in das Mikrophon seines Headsets. »Ich hab ihn auf dem Monitor.« Er knirschte vor Anspannung mit den Zähnen. Er wollte endlich die zweite Zielperson auf dem Bildschirm sehen, wollte den Befehl zum Losschlagen geben und mitverfolgen, wie seine Männer alle beide überwältigten und gefesselt abtransportierten.
     
    Will erkundete seinen Handlungsspielraum. Er schlenderte so lässig wie möglich zur Herrentoilette und sah sich um. Keine Fenster. Er spritzte sich ein bisschen kaltes Wasser ins Gesicht und trocknete sich ab. Es war immer noch ein paar Minuten vor zehn. Er verließ die Herrentoilette und ging durch die Hintertür hinaus. Er wollte feststellen, ob einer der Männer etwas unternahm, vor allem aber wollte er die nähere Umgebung in Augenschein nehmen. Zwischen dem North Beverly Boulevard und dem North Canon Drive verlief eine Gasse, über die die an beiden Straßen liegenden Geschäfte beliefert wurden. Will sah den Hintereingang einer Buchhandlung, einer Drogerie, eines Schönheitssalons, eines Schuhgeschäfts und einer Bank, alle kaum einen Steinwurf entfernt. Links von ihm mündete die Gasse in den Parkplatz eines Geschäftshauses am Canon Drive. Zu Fuß könnte er in alle vier Himmelsrichtungen flüchten. Nach dieser Feststellung hatte er etwas weniger das Gefühl, in der Falle zu sitzen, und ging wieder hinein.
    »Da sind Sie ja!«, rief die Inhaberin aus, und er fuhr zusammen. »Ich habe einen Tisch für Sie.«
    Es war ein Fenstertisch für zwei Personen, aber er hatte freie Sicht auf das Telefon. Es war zehn Uhr. Die Männer an dem Tisch in der Mitte ließen sich noch mehr Kaffee bringen.
     
    DeCorso, der Leiter des Einsatzteams, hatte einen Bürstenhaarschnitt, dichte schwarze Augenbrauen und muskulöse, starkbehaarte Unterarme. Frazier meldete sich gerade über DeCorsos Ohrhörer. »Es ist so weit. Verflucht nochmal, wo bleibt Shackleton?«
    Auf seinem Monitor sah Frazier, wie Will sich aus einer Kanne Kaffee eine Tasse eingoss und die Sahne umrührte.
     
    Fünf Minuten vergingen.
    Will hatte Hunger, also

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