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Die Namen der Toten

Die Namen der Toten

Titel: Die Namen der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Cooper
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    Er hatte eine Baseballkappe der Lakers aufgehabt, die seinen Glatzenansatz verdeckte, und spielte an einem der Black-Jack-Tische für hohe Einsätze, mindestens 100 Dollar und höchstens 5000 pro Runde. Er setzte fast nie mehr als das Minimum, zog aber diese Tische vor, weil es hier mehr zu sehen gab. Er war ein guter, disziplinierter Spieler, der gewöhnlich ein paar Hunderter gewann, aber ab und zu war er am Ende auch um einen Tausender ärmer oder reicher, je nachdem, welche Karten er bekam. Die richtige Spannung empfand er nur indirekt mit, wenn er den Spielern zusah, die hohe Summen setzten, mit drei Blättern jonglierten, splitteten, halbierten und jedes Mal fünfzehn, zwanzig Riesen riskierten. Er hätte auch gern mal einen solchen Adrenalinstoß erlebt, aber dazu würde es nicht kommen – nicht bei seinem Gehalt.
    Der Black-Jack-Dealer, ein Ungar namens Sam, bemerkte, dass Peter keinen guten Abend hatte, und versuchte ihn aufzumuntern. »Keine Sorge, Peter, das Blatt wendet sich auch wieder. Sie werden schon sehen.«
    Peter glaubte ihm nicht. Der Schuh genannte Kartenhalter stand bei minus fünfzehn, und das war ein großer Vorteil für die Bank. Doch Peter änderte seine Spielweise trotzdem nicht, auch wenn sich jeder vernünftige Kartenzähler eine Zeitlang zurückgezogen hätte und wiedergekommen wäre, wenn die Chancen stiegen. Die Casinoaufsicht fackelte nicht lange, wenn sie einen Black-Jack-Spieler als Zähler entlarvte, und erteilte sofort Hausverbot.
    Peter aber war ein besonderer Zähler. Er zählte einfach automatisch mit. Sein Gehirn arbeitete eben schnell, und es fiel ihm so leicht, dass er, sobald er die Technik beherrschte, einfach mitzählen musste. Hohe Karten, von der Zehn bis zum Ass, waren minus eins, niedrige Karten, Zweien bis Sechsen, waren plus eins. Ein guter Zähler musste zwei Grundsätze beherrschen: Erstens musste er ständig den Überblick über die Gesamtsumme behalten, während die Karten aus dem sechs Blatt fassenden Schuh ausgegeben wurden, und zweitens musste er die genaue Anzahl der noch nicht gegebenen Karten möglichst genau schätzen. Eine hohe Summe von beispielsweise plus zwölf bedeutete, dass zwölf hohe Karten mehr im Blatt waren als niedrige. Das war wichtig, falls nur noch 60 Karten auszugeben waren. Wenn die Summe niedrig war, setzte man das Minimum oder stieg aus. War die Summe hoch, setzte man aggressiv. Wenn man Bescheid wusste, konnte man das Gesetz der Serie beeinflussen und ständig gewinnen, allerdings nur, solange man vom Dealer, der Aufsicht oder der Überwachungskamera nicht entdeckt und hinausgeworfen wurde.
    Peter traf ab und zu eine durchs Mitzählen beeinflusste Entscheidung, doch weil er seinen Einsatz nie veränderte, profitierte er nicht von seinem Insiderwissen. Er mochte das Constellation , saß gern drei, vier Stunden am Stück an den Tischen und wollte auf keinen Fall aus seinem Lieblingscasino fliegen. Er gehörte gewissermaßen zum Inventar.
    An dem betreffenden Abend waren nur noch zwei weitere Spieler an seinem Tisch: ein müde wirkender Anästhesist aus Denver, der an einem Ärztekongress teilnahm, und ein modisch gekleideter, grauhaariger Manager, der als Einziger hohe Summen setzte. Peter lag 600 Dollar im Minus, hielt sich zurück und trank gelangweilt ein Bier auf Kosten des Hauses.
    Als nur noch ein paar Blatt im Schuh waren, kurz bevor neu gegeben wurde, pflanzte sich ein hoch aufgeschossener, etwa zweiundzwanzigjähriger Junge in T-Shirt und Cargohose auf einen der beiden freien Stühle und kaufte sich für einen Riesen ein. Er hatte schulterlange Haare und eine offene, lockere Art. »Hey, wie läuft’s heute Abend? Ist das hier ein guter Tisch?«
    »Für mich nicht«, sagte der Manager. »Aber Sie dürfen das gern ändern.«
    »Klar, wenn ich kann«, sagte der Junge. Er warf einen Blick auf das Namensschild des Dealers. »Geben Sie mir ein paar Karten, Sam.«
    Durch den Jungen, der das Minimum setzte, wurde es an ihrem bislang ruhigen Tisch gesprächig. Er erklärte, dass er an der University of Nevada im Hauptfach Politologie studiere, und fragte, angefangen bei dem Arzt, jeden, womit er sein Geld verdiene. Nachdem er sich über Schmerzen in der Schulter ausgelassen hatte, wandte er sich an Peter. »Ich bin von hier«, sagte Peter, »ich arbeite mit Computern«, was dem Jungen ein »Cool, das ist cool, Mann« entlockte. Der Manager erklärte der Runde: »Ich bin im Versicherungsgewerbe.«
    »Sie verkaufen

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