Die Namensvetterin: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
Männer wirkte, wollte sie es wahrscheinlich nur an jedem ausprobieren. – Tiefer Schluck. Zappen. – Aber dieser Gleichklang! – Der böse Film tauchte wieder auf. Sie zappte weiter und zwang sich, die Dokumentation über die Häfen des Mittelmeers anzusehen – und eigentlich wollte sie sich ja nur an ihn kuscheln und – was für ein blöder, ja, selten blöder Gedanke! Sie kannte ihn seit exakt sechs Tagen und wollte sich an ihn kuscheln. Das war nur mit ihrer Beziehungsabstinenz erklärbar. Und mit dem blöden Verhalten von Jack, der sich ihr entwand und seinen Platz auf dem Kratzbaum einnahm. Und mit mangelnden sozialen Kontakten. Das bissel Shoppen heute mit Elsa. Sie brauchte einen ausgiebigen Abend mit Freunden. Maria schnappte sich das Telefon und wählte Elsas Nummer. Das Band sprang an. Mist. Aber vielleicht war die Freundin nur – irgendetwas kaufen? Sie vergaß immer irgendetwas und musste es dann sündteuer in den sich langsam verbreitenden Wochenendläden kaufen. Nein, wahrscheinlich nicht. Wahrscheinlich war Elsa mit irgendjemandem unterwegs. Und lachte. Und fühlte sich wohl. – Tiefer Schluck. Glas leer. Neu einschenken. Kurze Szene von ›Hard Target‹. – Und warum sollte sie es nicht versuchen? Vielleicht war es doch nur eine lose Freundesgruppe, zu der sie stoßen konnte? Maria wählte die Handynummer von Elsa. Mailbox. Nun ja, das konnte nur in einem Kinobesuch seine Erklärung finden. Was seltsam war, denn Elsa musste mit Gewalt ins Kino geschleppt werden. Sie glaubte immer, dadurch etwas vom Leben zu versäumen. Eigenartig. – Tiefer Schluck. Zappen. Wieder dieses blöde Beziehungsgeturtel. Die Szene auf der Dachterrasse zu Silvester. – Und! Was war schon dabei, wenn sie sich in Phillip verliebte! Viele Beziehungen begannen heutzutage am Arbeitsplatz. Wo sollte man denn sonst jemanden kennen lernen, wenn man die ganze Zeit arbeiten musste. Erst vor zwei Monaten hatte es in der Diebstahlabteilung eine Hochzeit gegeben. Alle hatten gejubelt. – Tiefer Schluck. Eine Träne ließ die nächste Szene des Filmes verschwimmen. – Ja, aber was sich Maria beinahe nicht eingestehen wollte: Die Kollegin vom Diebstahl hatte die Abteilung wechseln müssen, weil Flirten war okay, Beziehung war suspekt. Nun gut, in ihrem Fall würde Phillip wechseln müssen, immerhin war sie ja seine Vorgesetzte. – Tiefer, befriedigter Schluck. Wieder leeres Glas. Neues Einschenken ohne Nachdenken. – Mein Gott, Meg Ryan konnte so süß schauen. Wie konnte Billy Crystal nur jemals so abweisend zu ihr sein! He, Madame, weil sie ihn hatte abblitzen lassen. Was aber okay war, denn er wollte ja nur bumsen. – Tiefer Schluck. – Und, schlecht?! Gehört das nicht zu einer Beziehung? Bumsen. Bumsen. Bumsen. – Glas leer. – Maria setzte sich in Position für ihr Orakel. Wenn Jack kam, wenn sie ihn rief, würde sie Phillip anrufen und um ein Date bitten. Maria rief lockend den Namen des Katers. Der öffnete unwillig seine Augen. Lockend rief sie ihn nochmals. Und – er sprang! Er kam zu ihr! Ohne weiter auf den verwirrten Kater zu achten, stürmte Maria durch die Wohnung und suchte das Telefon. Da! Endlich! Sie wählte – und Band. Ja, gab es denn so etwas! Waren heute alle Menschen unerreichbar? Nur so zum Test wählte sie Nummern anderer Bekannte und Freunde. Überall das Gleiche. Keiner daheim. Maria kam sich wie auf einer einsamen Insel vor. Keiner wollte sie. Keiner liebte sie. Keiner hatte das Bedürfnis, mit ihr etwas zu unternehmen. – Langsam schlurfte sie in die Küche und holte sich, nun hatte sie ja Zeit, Eiswürfel für den Whiskey. Sie nahm ihren verstörten Kater auf den Arm und kuschelte sich mit ihm wieder auf die Couch. Noch gestern hatte sie davon geträumt. Heute kam es ihr wie eine Strafe vor. Nun gut, sie würde sich ihrem Schicksal fügen. Ablehnung musste man mit Stolz ertragen – sonst war es nicht zu ertragen. Nur mehr mit halber Aufmerksamkeit verfolgte sie den Schluss der Schnulze. – Aber was beschwerte sie sich eigentlich?! Sie hatte sich um ihre Freunde ja auch nicht gekümmert. Wie sollten die wissen, dass sie heute ausnahmsweise nicht arbeitete? Das hatte sie immerhin die ganzen Samstage der letzten fünf Monate gemacht. Und außerdem – eben, Samstag. Jeder normale Mensch hatte am Samstag eine Verabredung. Sie brauchte sich also nicht wundern, wenn keiner abhob. – Und Phillip war wahrscheinlich ebenso müde wie sie selbst. Und schlief schon
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