Die Namensvetterin: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
Stein hat Sie wohl animiert?!«
»Und wenn’s so wäre, warum regen Sie sich so auf? Das geht Sie doch eigentlich nichts an!«
»Und ob mich das was angeht. Immerhin bin ich eines Ihrer neuen kleinen Spielzeuge.«
»Wer da mit wem spielt.«
Pause.
»Phillip, lassen wir das. Wir hören uns wie zwei Sechzehnjährige an. Wir sind Kollegen.«
»Ja, aber einem Kollegen greift man auch nicht an den Schwanz.«
Pause.
»Tut mir Leid. Kommt nicht mehr vor. – Aber Sie haben mich ja auch die ganze Zeit herausgefordert.«
Pause.
»Mir tut’s auch Leid. Kommt nicht mehr vor.«
»Ficke nie auf dem Tisch, auf dem du arbeitest.«
»Ja, leider.«
Maria suchte den Blick von Phillip, doch der sah nur sehr interessiert dem Feuerschlucker zu, der jetzt ein Schwert verschlang. Sie spürte, wie er sich von ihr entfernte. Das wollte sie eigentlich nicht.
»Wir sollten das alles noch einmal bequatschen, wenn wir ausgeschlafen sind.«
Doch Phillip reagierte nicht.
»Okay?«
»Ich glaub, das brauchen wir nicht. Wir sind Kollegen, wir sind müde, und der Fall hat uns durcheinander gebracht. Das war’s. Ich für meinen Teil werde jetzt was gegen Punkt zwei unternehmen.«
Phillip stand auf und hielt Maria die Hand hin – als Hilfestellung. Und er sah überraschend freundlich aus. Wirklich kollegenhaft. Naja, vielleicht war es besser so. Dumme Gans, natürlich war es besser so. Maria nahm Phillips Hand, die sich sehr angenehm anfühlte.
»Morgen bei der Matinee?«
»Ja, morgen bei der Matinee.«
»Also dann, gute Nacht.«
»Gute Nacht, Chef. Schlafen Sie gut … und träumen Sie, wer der Mörder ist. Irgendwie freut mich der Fall nicht mehr.«
»Ich werd mich bemühen.«
Phillip winkte ihr noch einmal, bevor er sich endgültig umdrehte und die Josefstädter Straße hinunterschlenderte. Maria sah seinen knackigen Po – und wunderte sich, wie vertraut einem ein Mensch im Laufe einer Woche werden kann.
›Grand Prix der Volksmusik‹ – nur über Marias Leiche, ›Hard Target‹ – erst vor kurzem gesehen, ›Der Bulle von Tölz‹ – wahrscheinlich eine alte Folge, ›Wer wird Millionär?‹ – wen interessiert’s?, die Doku ›Hafenstädte‹ – nicht, wenn man eh voll Fernweh ist und weiß, dass man keinen Urlaub machen kann, ›Harry und Sally‹ – die x-te Wiederholung. Maria blätterte im Fernsehprogramm vor und zurück, las alles über das neueste Projekt von Sharon Stone, verjagte Jack vom Tisch – wobei sie insgeheim seine Qual, die Fleischreste nicht ergattern zu können, genoss, denn er hatte heute zur Abwechslung den einzig verbliebenen Vorhang zerlegt –, las auch noch das Angebot der ganz kleinen Sender – und war grantig. Sie wusste, sie sollte einfach ins Bett gehen, aber irgendwie hatte sie eine Scheu davor. Immer wieder hatte sie im Laufe des Abends die Schlafzimmertür umkreist, so wie ein Schüler die unliebsame Hausaufgabe umkreist, aber die Hand wollte die Klinke einfach nicht drücken. Demonstrativ rollte sich Jack auf der Couch ein, und Maria befand, ihr Kater hatte wieder einmal Recht. Kuscheln und zappen, bis sie eben was Anschaubares fand oder einschlief. Also nahm sie Jack auf den Schoß, das Häferl mit dem Schlaftee in die eine Hand und die Fernbedienung in die andere. Und natürlich, ja, natürlich blieb sie wieder einmal bei ›Harry und Sally‹ hängen. Sie hatte den Film schon so oft gesehen, dass sie beinahe mitreden konnte. Und trotzdem starrte sie fasziniert in die Flimmerkiste. Wobei – heute berührte sie der Film wie schon lange nicht. Dieser ewige Hickhack, dieses Bemühen um eine Freundschaft, es war so – süß! Und die ganze Zeit war es offensichtlich, dass sie füreinander geschaffen waren. Maria tauchte aus ihrer Rührseligkeit auf. Der Wunsch war der Vater des Gedankens. Wie der Disput mit Phillip ausgegangen war, war Maria gar nicht recht. Das Aufkeimen ihres professionellen Standpunktes unterdrückte sie rasch. Sie war jetzt privat. Und daher konnte sie sich endlich die Dinge eingestehen, wie sie waren. Sie hatte für Phillip eindeutig eine Schlagseite. – Gut, der Fall tat sicher das seine. Diese permanent aufgeheizte Stimmung. Aber sie hatte sich ja schon abreagiert! Und noch immer hatte sie Sehnsucht nach ihm. Maria stellte den Tee weg und holte sich einen Whiskey. Tiefer Schluck, der ohne Eiswürfel entsetzlich schmeckte. Egal. – Oder war es nur ihr neu entdeckter Jagdinstinkt? Jetzt, wo sie endlich wieder wusste, dass sie auf
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