Die Nanokriege 4 - Die Flucht
sogar äußerst gefährlich sein konnten; der vakuumähnliche Zustand konnte von kleinen »Knutschflecken« bis hin zu Blutungen äußerst unangenehme Folgen haben. Größere Lufttaschen waren weniger schmerzhaft – der Anzug würde nur ein gewisses Maß an Ausbuchtungen zulassen, das dort herrschende Vakuum war deshalb weniger stark ausgeprägt – dafür neigten sie aber infolge der Form des menschlichen Körpers dazu, zu den Gelenken zu wandern, wo das Anschwellen des Anzugs ein Erstarren des Gelenks bewirkte und damit die Bewegung behinderte.
Das Problem lag darin, den Anzug wirklich hauteng zu machen. Das war nur möglich, wenn der Benutzer entweder während der Herstellung der innersten Anzugschicht persönlich anwesend war – ein Prozess, der mehrere Stunden in Anspruch nahm und fast völliges Stillhalten erforderte – , oder man benötigte ein Ganzkörpermodell des Benutzers.
In Anbetracht der knappen Zeit und der schieren Unmöglichkeit, sich stundenlang still zu halten, hatte Peterka auf der Ganzkörpermethode bestanden. Das Problem daran war, dass man dazu im Grunde genommen ein Gipsmodell des Körpers benötigte.
Dazu musste man den Benutzer zuerst in eine dicke Gips-und Stoffschicht einhüllen, die man aufschnitt und entfernte, sobald der Gips abgebunden hatte. Anschließend goss man eine Gummimischung in die Form und stellte so eine »Statue« des Benutzers her, in die man diverse Klumpen einfügte, die Gegenstände wie den Katheterbeutel und den Wasserträger nachbilden sollten, die sich beim praktischen Einsatz im Inneren des Anzugs befinden würden. Sobald die »Statue« fertiggestellt war, stellten die Näherinnen, zu denen jetzt
auch Mirta gehörte, mit großer Sorgfalt die Anzüge Schicht für Schicht auf den Statuen her.
Logischerweise war das einzige, aber auch größte Problem die Herstellung der Form.
»Okay, ich bin so weit«, verkündete Megan, die nur mit einem Bademantel bekleidet aus der Dusche kam.
»Noch nicht ganz.« Herzer hielt ihr grinsend eine Dose mit Vaseline hin.
»Ich glaub’s einfach nicht«, erwiderte Megan, legte den Bademantel ab und trat nackt vor ihn.
»Du bist an einigen Stellen immer noch nass«, sagte Herzer und gab sich alle Mühe, ihren überall glatt rasierten Körper nicht anzustarren. Ihn juckte es immer noch an den Stellen, wo das abrasierte Körperhaar wieder nachwuchs.
»Hilfst du mir?«, bat Megan kurz darauf und hielt ihm mit einem verlegenen Lächeln ein Handtuch hin.
»Wirst du damit klarkommen?«, fragte Herzer, während er sorgfältig die noch feuchten Stellen abtupfte.
»Ich werde es überleben«, sagte Megan und biss die Zähne zusammen. »Ich kann es ertragen, dass mich ein ganzes Rudel Zwerge anzüglich anstarrt. Zu gefallen braucht es mir ja nicht.«
»Ich bin sicher, dass die dich nicht anzüglich anstarren werden«, versprach Herzer.
»Und ich möchte, dass du dabei bist, damit es gar nicht dazu kommt«, sagte Megan und griff nach der Dose. »Bitte.«
»Okay«, erwiderte Herzer und nahm ihr die Dose ab. »Soll ich dir den Rücken einreiben?«
»Und diverse andere Stellen.«
Der Gips würde natürlich überall haften bleiben, wo er aushärtete. Die Vaseline, mit der man den Körper überall in einer sehr dünnen Schicht bestreichen musste, sollte das verhindern. Zugleich würde aber auch beim Entfernen der Form
jedes noch so feine Härchen ausgerissen werden. Deshalb die Ganzkörperrasur.
Herzer gab sich alle Mühe, so zu tun, als wäre die Aufgabe, mit der Megan ihn betraut hatte, ein rein mechanischer Vorgang. Aber er war kein sonderlich guter Schauspieler.
»Herzer«, warnte Megan, »du sollst bloß eine dünne Vaselineschicht auftragen. Nicht mich liebevoll einreiben.«
»Tut mir leid«, sagte Herzer und nahm die Hand weg. »Vielleicht solltest du dir die Schenkel selbst einreiben.«
»Ich denke, den Rest schaffe ich alleine«, erklärte Megan tief ein- und ausatmend. »Ich habe da allerdings eine unangenehme Verspannung im Nacken …«
»Später vielleicht«, sagte Herzer, trat einen Schritt zurück und wandte sich ab.
»Tut mir leid, Honey«, sagte Megan und legte ihm die Hand auf den Arm. »Über kurz oder lang werden wir etwas mehr Zeit haben.«
»Verlass dich drauf«, sagte Herzer, ohne sie anzusehen. »Bald. Sicherlich sobald der Einsatz vorüber ist. Ich werde dann einfach darauf bestehen, dass wir Urlaub bekommen. Beide, keine politischen Deals, keine Einsätze. Einfach bloß … Zeit.«
»Ja, das würde
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