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Die Nanokriege - Der Anschlag

Die Nanokriege - Der Anschlag

Titel: Die Nanokriege - Der Anschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner John; Bauer Heinz; Ringo Franz; Zwack Vohwinkel
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dann die Achseln. Nach der Dusche war das nicht nötig, und sie wollte schließlich Antwort auf ihre Fragen. Aber ihr war klar, dass sie sich ein wenig hübsch machen musste, und deshalb setzte sie sich an den Toilettentisch. Ihr Haar war seit dem Zusammenbruch lang geworden – es war am leichtesten gewesen, es einfach wachsen zu lassen – und reichte ihr jetzt fast bis an die Schenkel. Das war das erste Mal seit langer Zeit, dass sie einen Spiegel zu sehen bekommen hatte, und sie war überrascht und zugleich entsetzt, wie viel sie abgenommen hatte. Selbst ihre Brüste waren geschrumpft.
    Sie hatte nie viel für den Standard »Look« übrig gehabt, der vor dem Zusammenbruch en vogue gewesen war, nämlich magere, knabenhafte Körper ohne Po und Busen. Von Natur aus hatte sie eine Stundenglasfigur mit wohlgerundeten Pobacken und hohen, festen Brüsten. Und wie es aussah, hatte sie das jetzt in die Bredouille gebracht.
    »Die gute Nachricht zuerst«, murmelte sie zu der Fremden im Spiegel gewandt. »Du hast zu essen bekommen,
konntest baden und hast saubere Kleidung. Die schlechte Nachricht: Die haben das alles getan, weil du jetzt dann vergewaltigt wirst.« Sie spannte die Kinnmuskeln, schob das Kinn vor und entdeckte in ihren blauen Augen einen Moment lang das Abbild ihres Vaters.
    »So, und was würde Daddy in dieser Situation tun?«, fragte sie und hielt dann inne. Zuallererst einmal würde er so etwas nie laut sagen; die Wahrscheinlichkeit war groß, dass der Harem zumindest zeitweise überwacht wurde. Und was würde er tun – nun, Informationen sammeln und, sobald er einen guten Plan hatte, fliehen. Er würde am Leben bleiben , was auch immer das erforderte. Einen Augenblick lang traten ihr Tränen in die Augen, dann schüttelte sie den Kopf. Daddy würde jetzt ganz bestimmt nicht zu weinen anfangen, aus Angst, sie nie wieder zu sehen. Er würde einfach weitermachen. Würde hoffen, dass sich alles zum Guten entwickelte, und sich in seinen Plänen auf das Schlimmste einstellen.
    Erneut schüttelte sie den Kopf und stand auf, schlüpfte in eines der Gewänder und fragte sich, ob hier nicht wenigstens ein Höschen zu haben war.
    »Zeit für die Einsatzbesprechung«, murmelte sie. »Gehen wir hinaus und machen sie fertig.«
     
    »Du siehst gut aus, jetzt, wo du sauber bist«, sagte Christel.
    Sie hatten Megan in einen kleinen Raum geführt, der in den großen Saal mündete. Ein niedriger Schreibtisch stand in dem Raum, sichtlich für jemanden gedacht, der auf dem Boden saß oder wie Christel auf einem Kissen. Und Kissen lagen genug herum, genau wie im großen Saal. Megan hatte sich eines davon genommen, auf dem sie jetzt mit übereinander geschlagenen Beinen saß, den Rücken an die Steinwand gelehnt.
    »Danke«, antwortete Megan kühl. »Okay, wo bin ich? Was das ist, ahne ich. So wie die Welt heutzutage läuft, werde ich
mir die Frage ›Mit welchem Recht?‹ sparen und vielmehr fragen: ›Welches Ratsmitglied hält sich diesen Harem?‹«
    »Hübsch und intelligent«, sagte Christel mit einem dünnen Lächeln. »Sei nur nicht zu schlau, das könnte nicht gut für dich sein. Hast du die junge Lady dort draußen gesehen, bei der man den Eindruck hat, dass es ihr egal ist, ob gerade Tag oder Nacht ist?«
    »Ja.«
    »Die war … schlauer, als für sie gut war«, erklärte Christel, und da war wieder dieses dünnlippige, humorlose Lächeln. »Dies ist der … Serail von Paul Bowman.«
    Megan nickte. »Er hat sogar gesagt, dass er Paul heißt.«
    »Das ist für ihn nicht bloß Zeitvertreib«, erklärte Christel. »Ich war vor dem Zusammenbruch eine von Pauls … biologischen Gefährtinnen. Wir haben zusammen ein Kind gemacht, natürlich unter Einsatz von Replikatoren. Nach dem Zusammenbruch hat er dafür gesorgt, dass ich und Jean versorgt waren; er ist inzwischen ein erwachsener Mann. Und so hat er es mit seinen vier anderen Gefährtinnen auch gemacht.« Sie hielt inne und blickte auf, als riefe sie sich eine auswendig gelernte Rede ins Gedächtnis, und nickte dann.
    »Pauls Absicht, dieser zusammengebrochenen Welt ein neues Zeitalter zu bringen, ist gut und richtig«, sagte Christel dann geziert. »Er war von der Vorstellung entsetzt, die Menschheit würde in Anbetracht der herrschenden Trends und der Art und Weise, wie immer mehr Menschen zu Lotusessern wurden, einfach verkümmern. Seit dem Zusammenbruch hat er sich unglaublich darum bemüht, das Leid der Leute zu lindern. Aber er hält es für wichtig, dass nicht

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