Die Nanokriege - Der Anschlag
Schüssel dampfenden Brokkoli. Bratensoße. Karotten. Megan lief bei dem Anblick das Wasser im Mund zusammen.
»Setz dich«, forderte Christel sie auf. »Iss.«
Megan wollte sich gerade setzen, blickte aber dann auf ihre immer noch schmutzigen Hände.
»Ich esse nur ungern so schmutzig, wie ich jetzt bin«, gestand sie.
»Iss zuerst und nimm dann ein Bad«, sagte Christel. »Ich bin gleich zurück. Aber stopf nicht zu viel in dich hinein, sonst würgst du es bloß wieder heraus.«
»Das werde ich bestimmt nicht«, sagte Megan, worauf die beiden anderen Frauen den Raum verließen.
Sie nahm sich bedächtig kleine Portionen von allem. Das Brot war knusprig und zugleich feucht, die Karotten himmlisch. Der Brokkoli schmeckte wie reinster Nektar.
Doch all das hielt sie nicht davon ab, ihre Umgebung zu mustern. Die Tür am Ende des Raums führte offensichtlich in die Küche. Einer der anderen Korridore, zumindest einer davon, würde zweifellos ins Freie führen, hinaus aus diesem Gebäude, bei dem es sich eindeutig um ein Gefängnis handelte. Andererseits hatte man ihr zu essen gegeben und ein Bad versprochen. Außerdem vermutete sie, dass sie mehr als eine Barriere würde nehmen müssen, um nach draußen zu kommen. Und sie hatte keine Ahnung, wo sie sich befand. Der »alte Mann« hatte ganz offensichtlich Netzenergie eingesetzt, um sie bewusstlos zu machen, und sie dann hierher portiert. Wo auch immer »hier« sein mochte; es konnte überall auf der Erde sein. Und wer auch immer der »alte Mann« war, er besaß Energie und damit Zugang zum Netz. Und das bedeutete, dass er entweder ein Mitglied des Rates war oder zumindest Beauftragter eines Ratsmitglieds. Und das wiederum bedeutete, dass es bestenfalls problematisch sein würde zu fliehen, falls es überhaupt möglich sein sollte.
Da war es besser, das Territorium zunächst zu erforschen, statt blindlings loszurennen und zu scheitern. Informationen
sammeln, Leute befragen, vorsichtig sein. Sich orientieren.
Sich orientieren. Das klang schlimm, denn wenn das hier kein Harem war, wollte sie ein Krake sein. Bis zur Stunde hatte sie es trotz des Zusammenbruchs geschafft, für niemanden die Beine breit machen zu müssen, geschweige denn für jemanden, den sie nicht selbst gewählt hatte. Aber so wie es aussah, war ihre Glückssträhne zu Ende.
Obwohl sie von der angebotenen Fülle kaum etwas zu sich genommen hatte, war sie satt und wusste darüber hinaus, dass sie, falls sie weiteressen würde, vermutlich nichts von dem Gegessenen würde behalten können. Insbesondere wenn sie ihre jüngste Erkenntnis ein wenig einsickern ließ. Also trank sie einen Schluck von dem Wein, der mit dem Essen aufgetischt worden war, und ging in den Hauptsaal zurück, um Christel zu suchen.
»Jetzt das Bad«, sagte Megan. »Und dann wirst du meine Fragen beantworten.«
»Du passt genau rein«, sagte Christel und stand auf. Sie führte Megan wieder denselben Korridor hinunter und öffnete eine Tür genau gegenüber dem Raum, in dem sie gegessen hatte.
Das »Bad« war luxuriös und nahm fast den ganzen Flügel ein. Es gab einen langen, tiefen Pool, den ein Wasserfall speiste, und am anderen Ende einen Überlauf. An einer Wand konnte Megan mehrere Duschen erkennen. Aufgestapelte Handtücher. Weiche Seife. Ein Toilettentisch mit verschiedenen Salben und Kosmetika. Und wieder eine ganze Menge von den leichten Seidengewändern in den unterschiedlichsten Farben.
»Nimm zuerst eine Dusche«, sagte Christel, »und dann geh in den Pool. Und wasche dich gründlich .«
»Was ist mit … weiblichen Bedürfnissen?«, fragte Megan beleidigt. Bildete die sich ein, sie würde sich den Hintern
nicht waschen oder so etwas? Dann wurde ihr etwas bewusst: Die Ältere hatte durchaus erkannt, dass man Schmutz auch als Maske benutzen konnte und dass dies eine Warnung war, dies hier nicht zu versuchen.
»Das ist nicht deine Zeit«, erwiderte Christel. »Ich habe das überprüft.«
»Du hast das überprüft !«, rief Megan ärgerlich.
»Das ist meine Aufgabe«, antwortete Christel kühl. »Jetzt nimm ein Bad, und wenn du fertig bist, können wir den Rest besprechen.«
Als die Frau gegangen war, streifte Megan das Gewand ab, warf es in einen Korb und drehte eine der Duschen auf. Das Wasser wurde schnell heiß, und sie fing an, sich genüsslich den Schmutz von Monaten abzuwaschen. Sie wusch sich dreimal das Haar, bis es sich schließlich sauber anfühlte. Als sie fertig war, sah sie die Bäder an und zuckte
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