Die Nanokriege - Die Sturmflut
des Rates waren unabhängige Agenten und meist nur einen Teil ihrer Zeit für die Allgemeinheit tätig. Aber innerhalb dieser Gruppe gab es einen kleineren Kern, die Spezialinspektoren, die eine Elite darstellten.
Man wurde Spezialinspektor, indem man auf bestmögliche Weise die schwierigsten Fälle löste. Joel Travante war
vor dem Zusammenbruch vierzig Jahre lang Spezialinspektor gewesen.
Unmittelbar vor dem Zusammenbruch war er auf den Azor-Inseln gewesen und hatte dort gegen einen Serienmörder ermittelt. Das war vor dem Zusammenbruch recht schwierig gewesen, da es buchstäblich niemanden gab, der nicht durch persönliche Schutzfelder geschützt war. Der Mann, gegen der er ermittelte, pflegte junge Frauen dazu zu verführen, ihre Schilde zu öffnen, und sobald sie das einmal getan hatten, waren sie zu sehr mit den Schmerzen beschäftigt, die er ihnen zufügte, als dass sie sie wieder hätten aufbauen können.
Joel war dem Täter dicht auf den Fersen gewesen, als dieser plötzlich verschwunden war – wie es den Anschein hatte, gleichsam vom Angesicht der Erde. Schließlich war der Inspektor auf Hinweise gestoßen, dass der Mörder sich in einen Kraken gewandelt hatte und sich irgendwo auf dem Meeresgrund versteckt hielt. Die Frage war nur wo? Er hatte seine Spur bis zu den Azor-Inseln verfolgt und gerade Vorbereitungen getroffen, in den Tiefen Jagd auf ihn zu machen, als die Welt, wie er sie kannte, endete.
Nach dem Zusammenbruch hatte er auf Fischerbooten gearbeitet. Als dann auf den Inseln der Neue Aufbruch die Macht übernommen hatte, hatte sich Travante in sein kleines Boot gesetzt und war die zweitausend Kilometer nach Norau gesegelt, hatte dort den Kontakt mit Sheida Ghorbani wiederhergestellt und seine Arbeit erneut aufgenommen. Diesmal nicht als Inspektor, sondern zunächst als Mitglied ihres im Aufbau begriffenen Nachrichtendienstes, später als dessen Chef.
Es gab mehrere Gründe, weshalb er seine Arbeit liebte. Einer davon war, dass er auf die Weise die echten Informationen über die Welt zu Gesicht bekam, so chaotisch sie inzwischen auch geworden sein mochte. Der zweite Grund
war, dass seine Frau und seine Tochter sich zum Zeitpunkt des Zusammenbruchs auf den Brita-Inseln beziehungsweise in Ropasien aufgehalten hatten und er wohl nur in seiner augenblicklichen Position eine Chance hatte, etwas über ihr Schicksal zu erfahren.
»Irgendwelche neuen Erkenntnisse über deine Frau und deine Tochter?«, erkundigte sich Edmund und reichte seinem Besucher eine Tasse Kaffee. »Ich habe Zucker und Sahne.«
»Schwarz, Sir, danke«, erwiderte Travante. »Und was meine Familie angeht, nein, leider nichts.«
»Also, wenn wir je nach Ropasien zurückkehren, werden wir ja hoffentlich etwas erfahren«, sagte Edmund, froh darüber, dass es sowohl seine Frau als auch seine Tochter nach dem Zusammenbruch geschafft hatten, nach Hause zu kommen. Er konnte sich gut vorstellen, welche Höllenqualen Travante leiden musste. »Also, was hast du für mich?«
»Die Drachenabwehrfregatten waren eine bekannte Waffe«, begann Joel. »Ich hatte dem Nachrichtendienst der Marine sowohl eine Beschreibung wie auch Baupläne geschickt, aber die betrachteten das offenbar als ›unbestätigten Bericht‹. Ich habe auch Informationen über die feindlichen Träger. Sie unterscheiden sich in mancher Hinsicht von den unseren, teilweise sind die Unterschiede durchaus bedeutsam.«
»Und was wären das für Unterschiede?«
»Geringere Reichweite«, meinte Joel und zog ein Blatt aus der Mappe. »Sie können nur etwa vierzig Tage auf See bleiben. Außerdem ist die Ausbildung der Drachenreiter nach Ansicht meiner Analysten suboptimal. Ich finde, das bestätigen auch ihre mangelnden Erfolge.«
»Sie haben vier Träger erledigt«, wandte Edmund ein.
»Ja, Sir, das schon, aber in Anbetracht der Zahl von Drachen, die sie einsetzen können – sie haben fünfundvierzig,
und das ist einer der Gründe für ihre geringe Kapazität –, müssten sie imstande sein, die ganze Flotte zu versenken. Ihre Treffsicherheit war ziemlich kläglich.«
»Okay, verstanden.«
»Augenblicklich verfügen sie bedauerlicherweise über sechs Träger. Ich gebe zu, dass mich der zusätzliche Träger überrascht hat. Ich hatte mich auf die nördlichen Häfen konzentriert, aber offenbar haben sie den sechsten in Bassay gebaut und vom Stapel laufen lassen. Ihre Flotte hat augenblicklich Kurs auf die Heimathäfen, auch der Träger aus Bassay, der sich aber wie es
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