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Die Nanowichte

Die Nanowichte

Titel: Die Nanowichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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Schurke in einem Laterna Magica-Horrorstreifen) mit finsterer Miene über die Schulter. Hatte er die Tür abgeschlossen? Verärgert schielte er auf das Ablaufröhrchen des Hextirpators und spürte, wie ihn ein unbändiges Verlangen überkam. Phobicus röchelte und wurde blaß um die Nase. Wieder klopfte es an die Tür, und jemand rief: »Hallo? Wir wissen, daß Sie zu Hause sind!«
    »Sind das Freunde von dir?« knurrte Quintzi. Die Nanowichte in seinem Ohr summten heißhungrig.
    Phobicus schüttelte verneinend den Kopf und starrte mit Entsetzen auf die Kanüle, die ihm das Blut aus dem Unterarm saugte.
    »Hallo?« rief es wieder vor der Tür. »Äh … Herr Prophet? Sind Sie da?«
    Quintzi biß die Zähne zusammen. Aber trotz seiner Verärgerung über diese Störung keimte in seinem Herzen ein kleines Samenkorn kräftig auf: der Same des Stolzes – angeregt und im Wachstum befördert durch die Anrede ›Herr Prophet‹. Noch nie hatte ihn jemand mit ›Herr Prophet‹ angesprochen. Na ja, in seinen Träumen vielleicht. Aber in seinen Träumen passierte vieles, das mit der Realität absolut nichts zu tun hatte.
    Eine Unmenge neuraler Reaktionsabläufe mühte sich durch seinen Körper. Was wollten die? Wer war das überhaupt? Er stellte fest, daß sich sein Herzschlag beschleunigte. Sehnsüchtig blickte er den Hextirpator an – er gierte nach dem euphorischen Hochgefühl, nach dem Kick, den pures Thaumaglobin erzeugt.
    »Hallo?« rief es schon wieder.
    Die Destillationsschlangen und -kolben saugten das Blut aus Phobicus’ Handgelenk. Quintzi zitterte, er brauchte unbedingt ein kleines bißchen magische Ermutigung, bevor er nachsehen konnte, wer da vor der Tür stand.
    Und dann tröpfelte mit einem gurgelnden Geräusch der erste Tropfen Reinmagie aus dem Hextirpator. Quintzi steckte blitzartig die Zunge heraus und leckte das zitternde Tröpfchen ab – schneller als eine verhungerte Kröte, die sich eine Mücke schnappt. Er schauderte vor Lust, als die magische Essenz seinen Organismus mit einer Welle der Euphorie überflutete. Und dann das nächste halbe Dutzend! Quintzi leckte die Tröpfchen so fix ab, daß die Nanos nicht zum Zug kamen. Schon spürte er, wie seine Angst dahinschwand, genauso schnell wie der Schmerz in seinen arthritischen Gelenken.
    »Hallo? Herr Prophet …«
    Quintzis Körper verjüngte sich um Jahre, verwandelte sich und nahm die rundlich füllige Form seiner längst vergangenen Jugendzeit wieder an. Mit einem ekstatischen Aufschrei und magischem Funkengebritzel an den Fingerspitzen sauste er radschlagend zur Tür, riß sie auf und landete mit einem gewaltigen Schlußsprung und mit gespielter Lässigkeit vor seinen Besuchern.
    »Womit kann ich dienen?« jauchzte er, verbeugte sich mit einem Kratzfuß und näherte sich dabei in Windeseile seinem zwanzigsten Lebensjahr.
    Die Besucher schrien auf und versteckten sich im Schatten der Tür, als sie Quintzis Gesicht sahen: Der personifizierte Wahn stand vor ihnen und rollte und verdrehte die Augen in theurgischer Verzückung. Von allen verlassen, stand der Sprecher der Gruppe einen Moment lang unschlüssig herum, grinste betreten und tat dann etwas, das – wie er hoffte – hinreichend devot war: Er fiel, stumm vor Entsetzen, auf die Knie.
    »Was ist? Hat’s Ihnen die Sprache verschlagen?« höhnte Quintzi. »Reden Sie schon, spucken Sie’s aus! Ich hab schließlich nicht ewig Zeit«, blaffte er seinen reglos am Boden liegenden Besucher an.
    Ein scheußliches Gurgeln war aus der Scheune zu hören, der Hextirpator pumpte und zapfte fester und fester.
    »Äh … ich …«, stotterte Zock, peinlich berührt vom Klang seiner Stimme, in der der zittrige Tonfall ehrfurchtsvoller Unterwürfigkeit mitschwang: »…ich … ich und die Jungs hier … also, wir waren alle dabei und haben gesehen, was Sie bei Monty Harloh gemacht haben und … äh … ob Sie vielleicht so was wie Jünger brauchen, wollten wir fragen.«
    »Was?« fragte Quintzi verwundert. Er grinste arrogant, und das Kribbeln der freigesetzten Magie ließ seine Fingerknöchel knacken. »Jünger?« Er tippte sich mit theatralischer Geste an die Wange.
    Zock, der vor ihm kniete, fragte sich, ob seine Idee tatsächlich so gut war, wie er ursprünglich geglaubt hatte. Aber dann erinnerte sich plötzlich wieder an jenen Moment, als ihm sein gesamter Gewinn vor der Nase weggeschnappt worden war. Und da fiel ihm wieder ein, wie er ihn beneidet hatte, diesen … Tja also, irgendwie sah ihm der hier

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