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Die Narbe

Die Narbe

Titel: Die Narbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schmitter
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gestürzt und kam mit dem Notarzt ins Krankenhaus. Meine Ex kellnert ja an zwei Abenden die Woche, also bin ich in die Klinik gefahren.«
    »Und? War es schlimm?«
    »Nö, lief glatt. Kaum Verkehr, kaum rote Ampeln«, grinste Batzko.
    »Idiot.«
    Batzko schaltete seinen Computer an und schlug die Tageszeitung auf. »Sah zunächst schlimmer aus, als es war. Gehirnerschütterung, Hautabschürfungen im Gesicht. Aber der rechte Unterarm ist an zwei Stellen gebrochen. Vier Wochen Plastikschiene. Mindestens. Und mein Sohn, dieser Obertrottel, jubelt, weil er die Mathematikarbeit heute nicht mitschreiben muss. Dass er alles noch einmal pauken muss, wenn es ans Nachschreiben geht, hat er einfach nicht auf dem Schirm.«
    »Ganz der Vater eben.«
    »Du sagst es. Ich habe übrigens versucht, dich auf dem Handy zu erreichen.«
    Gerald beschloss spontan, die Steilvorlage zu nutzen.
    »Da lag ich sicher schon unter Tonnen von Eisen.«
    »Dass ich nicht lache. Deine Oberarme sind dünner als Salzstangen. Außerdem siehst du heute Morgen wieder aus wie ein Teller Hafergrütze.«
    Batzkos Oberarmmuskeln, die von einem bunten Kurzarm-Sommerhemd nur knapp bedeckt wurden, zuckten dekorativ, während er seine Predigt hielt. Vielleicht war Batzko dieser Automatismus nicht einmal bewusst.
    »Über das Verhältnis von Babys und fehlendem Nachtschlaf müssen wir nicht mehr sprechen, oder?«
    »Über das Verhältnis von chronisch schlechter Laune und fehlendem Sex auch nicht, oder?«
    Gerald winkte demonstrativ ab, trank einen Schluck Kaffee und überflog die Online-Ausgaben mehrerer Zeitungen. Dann arbeiteten sie eine gute Stunde wortlos vor sich hin, bis Batzkos Telefon klingelte. Das Gespräch war nur kurz, Batzko sagte zwei Mal »okay« und am Ende »Wir sind schon unterwegs.«
    Gerald stand auf, griff nach seinem Dienstausweis und zog die Jacke an. Batzko stand schon im Türrahmen.
    »Eine männliche Leiche mit unübersehbaren Spuren von Gewaltanwendung in der Innenstadt. Die Spurensicherung ist bereits informiert.«
    Keine zehn Minuten später parkten die Kommissare ihren Wagen am Isartor. Die Tat hatte sich in einem Geschäftshaus am Schnittpunkt zwischen dem Thomas-Wimmer-Ring und dem Tal ereignet. Im Erdgeschoss befand sich eine Zeitarbeitsfirma.
    Batzko und Gerald stiegen die breite Treppe in den ersten Stock hoch. Sie passierten die Büros von Steuerkanzleien, einer kleinen Galerie und noch unvermieteten Büroflächen. Im hinteren Bereich drängten mehrere Polizisten gerade eine Horde Gaffer zurück. Ein weiterer Polizeibeamter spannte das rot-weiße Flatterband weiträumig um den Eingang zum letzten Büro auf der rechten Seite.
    »Batzko?« Ein Polizist trennte sich von seinem Gesprächspartner, einem gut gekleideten Mann mittleren Alters, der fortwährend den Kopf schüttelte, und kam auf die beiden Kommissare zu. »Ich habe dich angerufen.«
    »Okay. Wie ist der aktuelle Stand?«
    »Entdeckt hat die Leiche der Hausmeister, der sich in dem Büro einen defekten Lichtschalter ansehen wollte.«
    »Wo ist er? Kann man mit ihm sprechen?«
    Der Polizist schüttelte den Kopf und bedeutete mit einer Geste, dass sich der arme Kerl nach einer heftigen Übelkeitsattacke auf die Toilette zurückgezogen hatte. Gerald kannte den Kollegen nur vom Sehen; dass dieser sich direkt an Batzko wandte, der keine Betriebssportmeisterschaft, keinen Betriebsausflug, keine Geburtstagsfeier und keine halbwegs attraktive Kollegin ausließ, war nicht verwunderlich.
    »Gibt es Zeugen?«
    »Wir haben gerade erst mit den Befragungen begonnen. Eine Sekretärin, die sich vor circa einer halben Stunde in der Espressobar nebenan eine Latte macchiato geholt hat, will auf dem Gang einen uniformierten Paketauslieferer gesehen haben. Mehr haben wir allerdings noch nicht in Erfahrung bringen können. Bislang. In diesem Teil des Gebäudes ist nicht so viel los wie auf der anderen Seite, wo alle Büroeinheiten vermietet sind. Aber Steuerberater und Anwälte haben nicht den Kundenstrom von McDonalds, schätze ich mal.«
    »Wer ist überhaupt der Tote?«
    »Der Inhaber einer kleinen Firma, die erst vor ein paar Wochen hier die Büroräume gemietet hat. Irgendwas mit Computern oder auch der Börse, frag mich was Leichteres. Der Hausmeister hat ihn sofort erkannt und mir auch den Namen gesagt: Reuther … – Scheiße, den Vornamen weiß ich nicht mehr. Irgendwas mit A. Er hatte häufiger mit ihm zu tun, weil er das Büro vor kurzem erst bezogen hat und allein dort arbeitete.

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