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Die Narbe

Die Narbe

Titel: Die Narbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schmitter
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absolviert hatte, orderte er ganz insidermäßig einen Cappuccio, wenn die Kellnerin jung und hübsch war. Gerald rührte in seinem Espresso. Er wusste nicht, warum er ihn überhaupt bestellt hatte, ihm war eigentlich schon flau genug.
    Schließlich begann er mit seinem langen Bericht über Alexander Faden, den Hausmeister, Frau Kattowitz, die mehr von Alexander wusste, als sie zugeben wollte, über Chateaux’s Therapiestunden und über die BIID-Erkrankung von Franziska und Arno Reuther. Er verschwieg lediglich den Besuch bei Franziska vom Vorabend. Batzko musste nicht wissen, dass er einige Stunden im Bett einer Person zugebracht hatte, die im Rahmen der Ermittlungen befragt werden würde. Das bedeutete auch, dass er Franziska reinen Wein einschenken musste, bevor er und Batzko mit dem Dienstausweis in der Hand an ihrer Tür klingeln würden. Mein Gott, dachte er, wie wird sie es wohl aufnehmen, dass ich als Polizist in der Therapiestunde war und als Privatmann in ihrem Bett?
    Batzko hatte zugehört, ohne ihn zu unterbrechen und ohne eine besondere Regung zu zeigen. »Scheiße, Mann.« Er schüttelte mehrmals den Kopf und wies mit dem Zeigefinger auf Gerald, als wollte er ihn aufspießen. »Eigentlich sollte ich dir jetzt ein paar auf die Nase geben. Ich sitze mit dir seit gefühlten zweihundert Jahren im selben Büro, ich habe mit dir unter dem Strich mehr Zeit verbracht als mit all meinen Weibern zusammen, und zum Dank führst du verdeckte Ermittlungen durch und lügst mir ins Gesicht. Nenn mir einen Grund, warum ich dir nicht die Visage polieren sollte«, sagte er verärgert.
    »Du warst es doch, der den Todesfall Alexander Faden vom Tisch gewischt hat wie Zigarettenasche. Du, die Kollegen am Tatort und die Spurensicherung. Hatte ich eine Alternative mit euch Stümpern? Du hättest mir doch nur geraten, eine stationäre Schlaftherapie zu machen.«
    »Würde ich dir auch jetzt empfehlen. Ich würde dir sogar die nette italienische Maus hier dazugeben, damit du angenehm aufwachst.«
    »Und noch etwas: Halte dich endlich aus meinen Familienangelegenheiten raus. Jetzt, hier und für immer.«
    »Weich nicht vom Thema ab!« Batzko griff in die Schale mit Zucker, nahm zwei Würfel heraus und warf sie Gerald vor die Brust. »Du hast einen Solotrip unternommen. Das ist unprofessionell. Das ist eine Sauerei mir gegenüber. Das ist durch nichts zu rechtfertigen.«
    Gerald sprang auf. »Hast du noch alle Tassen im Schrank? Wer glaubst du eigentlich, wer du bist? Mein Vorgesetzter?«
    Auch Batzko sprang auf. Sie standen nur wenige Zentimeter voneinander entfernt, heftig atmend. Gerald auf der Höhe von Batzkos mächtigem Adamsapfel. Wahrscheinlich trainiert er den auch, dachte er.
    In diesem Moment klingelte Batzkos Handy. Brenner.
    Der Spurenermittler lehnte innerhalb des abgesperrten Bereichs am Treppengeländer. Er hatte den Haarschutz abgenommen, den Reißverschluss seines Einteilers bis zum Bauchnabel heruntergezogen. Er schwitzte, als wäre er in diesem Aufzug eine halbe Stunde in der Sauna gewesen. Und er rauchte, einen halben Meter neben einem »Rauchen verboten«-Schild. Aber niemand, nicht einmal Batzko, hätte gewagt, ihn in diesem Moment darauf hinzuweisen. Nicht, bevor Brenner im Vollstress seine drei Glimmstängel hintereinander verfrühstückt hatte.
    »Wenn nicht der hässliche Dorn in seiner Brust stecken würde, sähe es aus wie ein Infarkt«, begann er. Die Schweißperlen in seinem Vollbart funkelten im Neonlicht. »Keine Kampfspuren, kein Blut, keine Hautreste unter den Fingernägeln, nichts von dem, was ich euch Jungs gerne auf dem Tablett servieren würde. Vielleicht finden wir Fingerabdrücke auf der Brieftasche des Ermordeten. Sie lag auf dem Schreibtisch, mit Papieren, Ausweisen, Kreditkarten und Hartgeld. Geldscheine fehlten.«
    »Also könnte es Raubmord gewesen sein?«
    Brenner holte eine Metalldose aus seiner Hosentasche und drückte den Zigarettenstummel darin aus.
    »Ja. Nein. Vielleicht.« Er schüttelte den Kopf und griff eine neue Zigarette aus der Packung.
    »Das Schönste ist doch immer die Zigarette danach, nicht wahr?« Er lächelte seine Kollegen an und wurde dann sofort wieder ernst. »Möglich, aber eher nein, sagt mein Bauch. Wie passt das zweite Glas Wasser dazu? Und warum nur das Bargeld und keine Kreditkarten? Und dann das doch ziemlich bizarre Tatwerkzeug! Das alles sieht in meinen Augen nicht nach einer kühlen Planung aus. Eher nach einer Tat im Affekt.«
    »Wie sieht es in den

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