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Die Narben der Hoelle

Die Narben der Hoelle

Titel: Die Narben der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. Dieter Neumann
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eine Zeichnung von der Höhle hatte er angefertigt.
    Die Zeichnung …
    Nun wusste Johannes, warum ihm dieser Kerl wieder in den Sinn gekommen war: Der hintere Eingang, aus dem Paule die Kameraden in Sicherheit gebracht hatte, war überhaupt nicht eingezeichnet gewesen!
    Absicht? Oder kannte der Afghane diesen Zugang selbst nicht? Sicher, er hatte das Versteck an die Deutschen verraten – aber warum eigentlich?
    So etwas herauszufinden, war Sache der Nachrichtenleute. Johannes hatte sich damals nicht darum gekümmert. Schließlich steckte er zu dem Zeitpunkt schon in den Vorbereitungen zur Befreiungsaktion.
    Vielleicht ein Ansatzpunkt … Je länger er es bedachte, desto stärker wurde sein Gefühl, dieser Mann könnte ein paar Antworten kennen.
    Paule sollte sich einmal auf seine eigene Weise mit diesem Sprachmittler beschäftigen – falls der überhaupt noch in Diensten der ISAF stand.
    Also schnell eine SMS auf Paules Handy! Er würde zurückrufen, sobald er die Möglichkeit dazu fand.
    Verdammt, was war das?
    Er schrak hoch.
    Die sachte Nachmittagsbrise hatte eben ein Geräusch von der Insel herübergeweht. Ein Klicken, ein metallisches Schnappen, das nicht zum hellen, gleichförmigen Gebimmel der Ziegenglöckchen passen wollte.
    Johannes erstarrte.
    Er kannte dieses Geräusch allzu gut.
    Die SMS an Paule musste noch warten …

32
September
Türkei
    Johannes sprang auf und stieg den Niedergang hinab, hängte sich das Fernglas am Tragegurt um den Hals, holte die Pistole aus einer Lade unter dem Kartentisch und lud sie durch.
    Gut, dass diese Schubkästen in einer Arretierung einrasteten, schoss es ihm durch den Kopf, sonst wäre die Waffe todsicher herausgeflogen, als das Schiff sich im Sog der Wasserhose auf die Backe gelegt hatte.
    Noch neun Schuss steckten im Magazin der Yavuz 16, das fünfzehn Patronen fassen konnte. Zum Glück hatten die Türken sich entschlossen, gerade diese Waffe in Lizenz nachzubauen, dachte er. Viele Pistolen hatten kleinere Magazine. Mit neun Schuss würde er sich einigermaßen wehren können.
    Wie zum Teufel waren sie auf die Insel gekommen? Hätte er den Motor eines Bootes nicht hören müssen, auch wenn sie auf der anderen Seite der Insel angelandet waren?
    Vielleicht war das Eiland ja breit genug, um ein solches Geräusch zu schlucken. Möglich auch, dass sie das letzte Stück gerudert waren. Oder …
    Aber war es nicht egal, wie sie es gemacht hatten? »Scheißegal«, fluchte er leise, während er die Waffe überprüfte.
    Sie waren wieder da. Am helllichten Tag. Nicht einmal bis zum Einbruch der Dunkelheit hatten sie gewartet.
    »Ihr habt es anscheinend wirklich eilig, mich umzubringen«, flüsterte Johannes und lehnte sich an den Kochherd, um sicheren Stand zu haben, nahm das Glas vor die Augen und spähte durch ein Kajütfenster hinüber zur Insel.
    Ziegen. Sonst nichts Lebendiges zu entdecken.
    Aber Ziegen luden keine Gewehre durch. Genau danach hatte es sich angehört.
    Angespannt suchte er mit dem Fernglas die Insel ab. Auf diese kurze Distanz war jede Einzelheit gut zu erkennen.
    Viel gab es allerdings nicht zu sehen: Niedrige dornige Büsche. Ein paar vereinzelte Olivenstämme, grau vom Staub, und einige verwilderte alte Mandelbäume mit sonnenwelken Blättern. Viel vertrocknetes braunes Gras.
    Und Ziegen. Ziegen in verschiedenen Farben. Weiß, Beige, Dunkelbraun, Schwarz. Und manches Fell gescheckt mit all diesen Tönen.
    Er hatte sich geirrt.
    Wahrscheinlich waren seine Nerven überreizt. Kein Wunder.
    Wohl war ihm aber nicht in seiner Haut. Also erst einmal wieder ins Cockpit und den Motor anlassen. Zumindest vorbereitet sein, falls doch …
    Er steckte die Pistole in eine Seitentasche seiner halblangen Leinenhose, stieg den Niedergang hoch, hielt sich unter der Sprayhood verborgen und blickte durch das Fernglas auf die Insel.
    Nichts. Dennoch bückte er sich tief, als er zum Ruderrad ging und den Anlasserschlüssel drehte. Der Motor sprang sofort willig an und lief rund. Schnell verbarg er sich wieder im Schatten der Sprayhood und blickte sich im Cockpit um. Die Katze, die er vorhin aufgeschreckt hatte, als er nach unten gestürzt war, war jetzt nirgends zu sehen.
    Er lehnte sich zurück. Allmählich wurde er ruhiger.
    Fast wäre er eingedöst. Aber er wollte die Insel unbedingt noch eine Zeit lang im Auge behalten, mochte einfach nicht glauben, dass er sich so geirrt hatte. Wieder hielt er sich das Glas vor die Augen und blickte von seinem beschatteten Platz

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