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Die Narben der Hoelle

Die Narben der Hoelle

Titel: Die Narben der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. Dieter Neumann
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undichte Stelle unter der Wasserlinie. Spürbar sackte die Yacht langsam über das Heck ab. Der Salonboden war inzwischen eine schiefe Ebene.
    Hektisch griff er nach der Tasche und kletterte über den herumliegenden Schutt auf dem abschüssigen Boden zur Niedergangstreppe. Auf dem Weg rief er immer wieder nach der Katze, hörte aber keinen Laut von ihr.
    Dafür war unüberhörbar, dass sich das Schnellboot inzwischen dicht bei der Akgül befand. Aufgeregte Stimmen übertönten das sonore Grummeln der Turbinen.
    Aus verquollenen Augen blinzelnd stieg Johannes an Deck und sah, dass das Küstenwachboot sich vorsichtig dem Bug der Yacht näherte. Fetter schwarzer Qualm zog in dicken Schwaden aus der Akgül nach achtern über das Wasser und machte damit eine Rettung über Heck unmöglich.
    Und dann sah er auch die Katze. Aufgeregt rannte sie am Bugkorb hin und her und betrachtete die Annäherung des lauten Bootes mit den schreienden Menschen in augenscheinlicher Panik.
    Mit lautem Puffen schlug eine Stichflamme aus dem Heck. Der Schwelbrand war in offenes Feuer übergegangen.
    Die Gasflaschen mussten nun jeden Augenblick explodieren und die Yacht mit allem, was auf und neben ihr war, in die Luft jagen.
    Das sahen die Männer von der Küstenwache wohl genauso, denn sie riefen lautstark und vielstimmig herüber. Wild gestikulierten sie und forderten ihn auf, sofort zu springen. Johannes erkannte die türkischen Wörter ,gaz tüpü’.
    Die beiden Boote lagen jetzt Bug an Bug, nur noch einen guten Meter voneinander entfernt. Einer von der Besatzung stand ganz vorn auf dem Schnellboot und hatte die Spitze eines Bootshakens hinter den Bugkorb der Akgül gehakt, so dass sie nicht auseinanderdrifteten.
    Johannes rannte nach vorn und warf einem der Männer in hohem Bogen seine Tasche zu. Der fing sie geschickt auf und streckte gleich darauf seinen Arm aus, um ihm hinüberzuhelfen.
    Johannes aber drehte sich um und redete begütigend auf die Katze ein. Unter dem Geschrei der Küstenwächter versuchte er, sich ihr langsam zu nähern. Sie ließ ihn jedoch nicht herankommen, fauchte vor Angst und sträubte ihr Fell.
    »Lass dir doch helfen«, sagte er zu ihr und ging in die Hocke. »Ersäufst doch sonst, du dummes Tier … «
    Sie aber stellte ihre hellgrauen Haare so weit auf, dass ihr zierlicher Körper fast doppelt so groß erschien, fletschte ihre Zähne, und ihr Fauchen wurde zu einem wilden Geheul.
    Resigniert richtete er sich auf, als er spürte, dass die Yacht immer schneller wegsackte. Das Heck lag bereits so tief im Wasser, dass der Bugkorb fast auf eine Höhe mit dem Deck des Schnellbootes gestiegen war.
    » Jump! Jump! Must leave this place! No time … gaz tüpü … « Die Rufe wurden fordernder. Jetzt hörte er auch Mehmets Stimme; vor lauter Aufregung verfiel der in sein breitestes Bayerisch: »Zefix, jetzt lass halt des Viech und hupf … «
    Johannes versuchte, nach der Katze zu greifen, handelte sich aber nur eine Kratzwunde am Handgelenk ein.
    Resigniert drehte er sich um und machte einen großen Satz hinüber auf das Schnellboot.
    Der Abstand zur Akgül wurde langsam größer.
    Immer höher stieg ihr schlanker weißer Bug in den Himmel, während sie, eingehüllt in dunkle Qualmwolken, allmählich über das Heck wegsackte und versank. Der blanke Mast zeigte wie ein langer dürrer Finger in einem grotesken Winkel nach achtern.
    Während er sein Taschentuch herausholte, hielt Johannes den Blick fest auf das kleine graue Tier geheftet, das dort hilflos an der äußersten Spitze des Bugkorbs kauerte. Das Bild verschwamm vor seinen Augen.
    Plötzlich ein lauter Knall, eine gewaltige Stichflamme, und die Akgül ging zischend in einer Wolke aus Wasserdampf über Heck auf Tiefe.
    Er wandte sich ab.
    Der Qualm hatte seine Augen anscheinend stark gereizt. Sogar seine Nase lief, und er schnäuzte heftig in das Tuch. Da hörte er Mehmets Stimme: »Schau her! Drah di um, Jo! Do schwimmt’s, dei Katz!«
    Johannes fuhr herum. Zunächst sah er nur brodelnden Schaum an der Stelle, wo die Yacht gesunken war, und die obere Hälfte des Mastes, die aus dem Wasser ragte. Dann bemerkte er ein paar Meter weiter einen kleinen grauen Kopf mit zwei spitzen Ohren, der ein paar Mal von flachen Wellen überspült wurde, aber immer wieder auftauchte und sich langsam durch das Wasser bewegte.
    Ob die das wohl machten? Er musste es wenigstens versuchen.
    Mit großen Schritten ging er nach vorn zum überdachten Steuerstand. Dort redete Mehmet

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