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Die Narben der Hoelle

Die Narben der Hoelle

Titel: Die Narben der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. Dieter Neumann
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lag an Steuerbord.
    Sofort warf er sich wieder hin. Für kurze Zeit konnte er diesen Kurs fahren, ohne irgendwo aufzulaufen. Grimmig hielt er das Ruderrad unten fest und gab noch mehr Gas.
    Immer wilder schössen sie, während die Akgül an der Insel vorbeizog. Mindestens zwei Gewehre. Jeder Schuss ein Treffer.
    Sie hatten sich eingeschossen.
    Dann roch er den Qualm. Dicker schwarzer, stinkender Ölqualm wehte ihm in die Nase. Die Maschine begann zu stottern – ein paar Aussetzer, dann nur noch ein leises Röcheln Johannes griff zum Gashebel und drückte ihn vor bis zum Anschlag. Doch der Motor erstarb nach einem kurzen Aufheulen.
    Stille. Auch die Schützen auf der Insel merkten, dass die Yacht rasch an Fahrt verlor und nun fast auf der Stelle stand.
    Das Schießen hörte auf.
    Er musste schnell runter. Hier saß er in der Falle.
    Vorsichtig langte er hoch bis zur Sitzbank, griff sich eines der flachen Kissen und zog es zu sich herab auf den Boden. Dann holte er aus, so weit es im Liegen möglich war, und warf das Kissen in die Höhe.
    Sofort knallten zwei Gewehrschüsse.
    »Elende Bande«, fluchte Johannes. Das hatte er befürchtet: Sie saßen in aller Ruhe da und zielten. Und sobald sich etwas bewegte, schössen sie.
    Der Qualm drang nun schon durch alle Ritzen aus dem Motorraum und stieg fast senkrecht in den blauen Himmel.
    Keine Chance mehr, die Akgül zu retten. Wahrscheinlich sogar nur noch eine höchst geringe Chance, sich selbst zu retten.
    Viel Zeit blieb dafür jedenfalls nicht mehr.
    Also doch noch schwimmen. Er hatte keine andere Wahl.
    Gerade wollte er wieder zum Niedergang robben, um unten ein paar Sachen zusammenzuraffen, da hörte er es.
    Ein Motorengeräusch.
    War der Motorsegler zurückgekehrt?
    Doch dies war ein anderer Motor, fast singend, hell und laut, obwohl offenbar noch ziemlich weit entfernt. Der Lärm kam aus südlicher Richtung und näherte sich rasch.
    Er musste sehen, ob es das war, was er sich erhoffte. Schnell kroch er bis nach vorn unter die Sprayhood und hob im Sichtschutz vorsichtig den Kopf.
    Ein herrlicher Anblick!
    Ein über zwanzig Meter langes schnittiges Boot fuhr mit gewaltiger Bugwelle in einem großen Bogen in die Bucht hinein. Unverkennbar die typische Bemalung: Weiß mit einem breiten roten Schrägstreifen am Rumpf. Ein modernes Patrouillenboot der türkischen Küstenwache, eines der neuen schnellen ONUKS.
    Dass er sich einmal über das Auftauchen eines Behördenfahrzeugs so freuen würde …
    Als das Schnellboot nicht mehr weiter als hundert Meter entfernt war, sank plötzlich seine Bugwelle in sich zusammen, und Johannes hörte ein neues Geräusch, mit dem er absolut nicht gerechnet hatte: Feuerstöße aus einer Maschinenwaffe.
    Reflexartig warf er sich wieder zu Boden, aber kein einziges Geschoss schlug auf der Akgül ein. Ganz im Gegenteil: Das Bord-MG der Küstenwache hatte sein Feuer auf die Insel gerichtet. Offenbar hatte man schon bei der Einfahrt in die Bucht erkannt, dass die Yacht von dort aus beschossen wurde.
    Johannes stand auf und winkte mit beiden Armen zum Schnellboot hinüber. Sofort geriet ein Schwall von öligem Qualm in seine Lungen, und er wurde von einem Hustenanfall geschüttelt.
    Zeit, hier wegzukommen!
    Das Patrouillenboot nahm wieder Fahrt auf und hielt in einem Halbkreis auf ihn zu. Jetzt konnte er die Beschriftung am Rumpf lesen. SAHIL GÜVENLIK stand da in schwarzen Lettern, und darunter COAST GUARD. Hinter dem geschlossenen Fahrstand entdeckte er ein paar Leute, die zu ihm herüberschauten und winkten. Mehmets Figur und sein bärtiges Gesicht waren unübersehbar.
    »Viel später hättet ihr auch nicht kommen dürfen«, murmelte Johannes erleichtert.
    Hoffentlich reichte die Zeit überhaupt noch …
    Hustend und mit tränenden Augen stieg er den Niedergang hinab. Auch hier hing inzwischen beißender Qualm in der Luft.
    Er trat an die Spüle und tränkte ein Geschirrtuch mit Wasser. Das presste er sich mit einer Hand vor die Nase, während er ein letztes Mal nach vorn zu seiner Kajüte lief. Schnell warf er mit der freien Hand ein paar Wäschestücke in die große Reisetasche, holte die Mappe mit seinen Papieren aus ihrem Versteck und steckte sie, zusammen mit seinem Netbook, in die Seitentasche.
    Von achtern aus dem Motorraum drang unheilvolles Knacken und Knistern zu ihm nach vorn.
    Die Gasflaschen!, durchfuhr es ihn siedend heiß. Sie standen direkt hinter dem Motorraum …
    Sofort raus hier!
    Irgendwo achtern gab es offenbar schon eine

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