Die Narben der Hoelle
Kalakani scharf und sah ihn nachdenklich an.
O ja, das werde ich, schwor sich Jamal, als er den Jeep nach einer zweistündigen Fahrt durch die Nacht hinter dem verfallenen Schafstall abstellte. Es musste klappen! Hedayat würde inzwischen wissen, wann die Besatzer ihre Aktion durchführen wollten. Dann wollte Jamal sich auch nur noch ein einziges Mal mit seinem Großneffen treffen.
Wenn alles vorüber war, an dem Tag, an dem Hedayat sein Geld kassieren wollte.
Sein letzter Tag auf Erden.
Fast tat es Jamal leid, ihn töten zu müssen. Er hatte ihm wirklich gute Dienste geleistet – zumindest dann, wenn er gleich noch die letzte, die wichtigste Information mitbrachte. Es hätte ihm nichts ausgemacht, dem Mann die versprochenen Hunderttausend zu geben. Das war nur Geld. Aber Hedayat wusste viel zu viel. Undenkbar, ihn mit diesem Wissen weiterleben zu lassen.
Wütend blickte Jamal auf die Uhr am Armaturenbrett seines Jeeps. Der Kerl hätte schon vor einer halben Stunde hier sein müssen! Langsam schlich sich auch Sorge in seine Ungeduld.
Hoffentlich war nichts passiert. Vielleicht war er unvorsichtig geworden, hatte übertrieben. Zuzutrauen wäre es ihm. Er spielte sich viel zu gern auf.
Jamal schrak zusammen, als plötzlich die Beifahrertür aufgerissen wurde. Mit einer blitzartigen Bewegung griff er nach seiner großen russischen Pistole, die auf der Ablage zwischen den Sitzen lag.
» Salamaleykum Jamal«, rief Hedayat aufgeräumt und kletterte auf den Sitz.
»Idiot«, knurrte Jamal und hielt ihm die Mündung der Waffe vor die Augen, »ich hätte dich fast erschossen!«
Entsetzt zuckte Hedayat zurück und stammelte: » Ich wollte dich nicht erschrecken, Jamal, wirklich, tut mir leid … «
»Wieso kommst du zu spät?«, fragte Jamal wütend und ließ die Waffe sinken.
»Ich hatte eine Panne mit meinem Auto, nur ein paar hundert Meter von hier. Den Rest des Weges musste ich zu Fuß laufen. Aber bald … « Er grinste verschlagen, als er fortfuhr: »bald kann ich mir ja ein gutes Auto leisten … «
»Lass das Geschwätz«, fuhr Jamal ihn an, »und sag mir lieber, ob du deinen Auftrag erfüllt hast!«
Der Sprachmittler sprudelte hastig seine Neuigkeiten hervor: Heute Morgen hatte er die Gelegenheit gehabt, einen Blick in ihre Operationszentrale zu werfen. Und natürlich genau gewusst, wohin er schauen musste.
Stolz sagte er: »Übermorgen um neun Uhr vormittags!«
»Und das ist absolut sicher?«
»Das ist der Zeitpunkt, den sie festgelegt haben.«
»Und wie werden sie das machen? Mit wie vielen Leuten werden sie anrücken? Kommen sie von vorn durch den Haupteingang oder auch von den Seiten?«
Hedayat hob klagend die Hände und rief: »Woher soll ich das wissen? Ich werde schließlich in ihre Einsatzplanungen nicht eingeweiht! Sei doch froh, dass ich den genauen Termin für ihre Aktion herausbekommen habe!«
»Ist ja gut. Das reicht mir auch«, besänftigte Jamal ihn. Sollten sie kommen, woher sie wollten und mit so vielen Soldaten, wie sie für nötig hielten. Schließlich hatte er nicht vor, mit ihnen zu kämpfen. Er hatte eine andere Mission zu erfüllen.
Und nun kannte er den Zeitpunkt dafür.
»Aber warum, Jamal? Jetzt kannst du es mir doch sagen!« Hedayat war ein Verräter, er war käuflich, aber vor allem war er neugierig. Ungeduldig rutschte er auf dem Beifahrersitz des Jeeps herum. »Warum sollten sie unbedingt erfahren, wo ihre Soldaten versteckt sind? Und was hast du vor, wenn sie kommen, um die Geiseln zu befreien?«
Jamal grinste. Die Neugier fraß den kleinen Mann schier auf. Nun, es machte ihm Freude, von seinen Motiven zu erzählen. Das tat ihm gut, musste er sich eingestehen. Und Hedayat würde ihn verstehen.
Es war etwas Sonderbares mit diesem Hass. Er schrie nach Rache, aber auch danach, geteilt zu werden. Geteilt mit Menschen, die intelligent genug waren, solche tiefen Gefühle zu verstehen. Das wirkliche Leben war Kampf, Hass und Rache.
Jedenfalls Jamals Leben.
»Ich werde Sayed töten. Das wird dem verfluchten Hund das Genick brechen!«
Hedayat erbleichte. Kein Zweifel, wer der ,verfluchte Hund’ war. Erschüttert saß er da und begann am ganzen Körper zu zittern.
»Du musst wahnsinnig sein«, flüsterte er.
»Und sein Freund, der elende Hashmat, fährt mit ihm zusammen zum Shaitan! « setzte Jamal genüsslich hinzu. Nach einer kleinen Pause fuhr er mit bebender Stimme fort: »Ich werde in Abduls Gesicht blicken, wenn ich ihm die Nachricht überbringe, dass sein Sohn
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