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Die Narben der Hoelle

Die Narben der Hoelle

Titel: Die Narben der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. Dieter Neumann
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hatten die verfluchten Amerikaner gesorgt, die sein Bein und seine Hand mit Kugeln durchsiebt hatten. Aber er hatte noch sein Herz, seinen Verstand und seinen Willen. Wenn er diese drei zusammen mit Kalakanis Macht richtig einsetzte, konnte der Mann, der ihre Welt zerstört hatte, seiner gerechten Strafe nicht entkommen. Das musste er dem Fürsten klarmachen.
    »Er ist doch gar nicht mehr hier im Land, hast du gesagt«, murmelte Kalakani unwillig. »Wie sollen wir denn herausfinden, wo er sich aufhält?«
    Hashmat stemmte sich in seinem Bett noch etwas höher. Das Kopfteil war aufgestellt, und mit seiner gesunden Hand klammerte er sich an dem Griff fest, der über ihm hing.
    Mit hörbarem Triumph in der Stimme erwiderte er: »Ich weiß bereits, dass er in Deutschland in einem großen Militärkrankenhaus liegt. Das erzählen sie sich in ihrem Camp. Sicher wird Hedayat noch herausbekommen, wo das ist. Und dann kann es losgehen … «
    »Wie stellst du dir das vor?«
    »Lass dir erklären, verehrter Abdul«, fing Hashmat an und warf einen verstohlenen Blick zu dem mächtigen Mann hinüber. Er musste ihn überzeugen, musste ihn unbedingt aus seiner Lethargie reißen!
    Entschlossen fuhr er fort: »Als ich nach den Operationen wieder einigermaßen klar denken konnte, habe ich sofort nach Hedayat geschickt. Ich wusste, er könnte die Informationen beschaffen, die wir brauchen. Und das hat er auch.«
    Hashmat bemerkte, dass plötzlich ein aufmerksamer Ausdruck in Kalakanis Augen getreten war. Rasch fuhr er fort: »Die Deutschen haben Hedayat immer wieder herbeigerufen, als sie ihre Untersuchung durchführten. Er musste auch zwischen ihnen und den Bewohnern der Siedlung vor der Höhle übersetzen. Und auch bei der Vernehmung von einem unserer Kämpfer, der noch ein paar Tage gelebt hat, bevor er an seinen Schussverletzungen gestorben ist.«
    »Was hat Hedayat denn dabei erfahren?«
    Hashmat erzählte, dass die Bewohner des Dorfes natürlich nichts wussten und der kleine Junge, der geflohen war, vor Angst verstummt war und wohl nie wieder würde sprechen können. Und der Kämpfer hatte sowieso gelogen.
    »Was hätte er wohl auch sagen sollen?«, fragte Kalakani ironisch. »Dass er gar kein Talib war, sondern ein Angehöriger meiner Truppen? Das wäre ihm schlecht bekommen, falls er überlebt hätte … «
    Hashmat fröstelte bei diesen Worten. Nicht oft ließ der Fürst seine Maske fallen. War er nun bereit, seinen Fatalismus zu überwinden?
    »Und die Deutschen? Du sagst, sie hätten eine Untersuchung durchgeführt. Wissen sie nicht, dass du in der Höhle warst?«
    »Sie wissen natürlich, dass da noch ein Verwundeter war. Aber wer das war, das wissen sie nicht. Hedayat hat mir berichtet, dass sie sich gefragt haben, wohin ich verschwunden bin.«
    Der Warlord ließ sich das durch den Kopf gehen und sagte: »Ich möchte, dass du recht bald in mein Haus kommst. Wir werden Personal für dich besorgen, wenn nötig, auch einen Arzt. Aber ich möchte dich in meiner Nähe wissen. Wann, meinst du, lassen die Ärzte dich hier raus?«
    Ein schnelles Lächeln huschte über Hashmats Gesicht. »Jederzeit, verehrter Abdul. Vielleicht kann der Arzt, der mich in den letzten Wochen behandelt hat, hin und wieder mal nach mir schauen, bis alles ganz verheilt ist?«
    »Ich sorge dafür, dass er dir täglich zur Verfügung steht, wenn es nötig sein sollte.« Damit versank Kalakani in langes Schweigen. Schließlich hob er den Blick, fasste Hashmat fest ins Auge und sagte: »Naim ist noch lange nicht so weit, aber eines Tages … Er wird dich brauchen.«
    Hashmat versuchte, sich etwas bequemer hinzulegen. Er ballte die gesunde Hand zur Faust, als ihn dabei sofort wieder der Schmerz durchzuckte.
    Vier Operationen an seinem Bein hatte er ertragen müssen. Die langen Stunden in seinem Versteck, der Schmutz dort und seine Schwäche hatten die Wunden brandig werden lassen. Als er endlich im Krankenhaus ankam, hatte er bereits im Fieberwahn phantasiert. Die Ärzte mussten so viel von seinem Bein abnehmen, dass nur ein kurzer Stumpf übrig geblieben war. Wahrscheinlich würde ihm das nicht einmal eine anständige Prothese ermöglichen …
    Sechsundzwanzig Jahre alt und ein Krüppel.
    Aber am Leben und frei. Und das nur, weil er damals mit unbändigem Willen und unter entsetzlichen Schmerzen die Kraft gefunden hatte, nicht einfach liegen zu bleiben.
    Nie würde er diesen furchtbaren Tag vergessen.
    Von den Kugeln der Amerikaner getroffen, fand er sich

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